Gleichberechtigung im Job: Nur mittelmäßige und schlechte Männer müssen um die Karriere fürchten
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Der Frauenanteil in Führungspositionen steigt zwar - aber nur langsam.
© Quelle: Jan-Philipp Strobel/dpa
Das hat es noch nie gegeben: In den vergangenen sechs Monaten wurden für die Vorstände der 160 Börsenunternehmen fast ebenso viele Frauen (29) wie Männer (32) rekrutiert, und auch in den Familienunternehmen gibt es neue Frauen an der Spitze. Das ist eine Momentaufnahme – aber vielleicht auch ein Anzeichen dafür, dass da endlich etwas in Bewegung kommt?
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Mit aktuell 17 Prozent Frauen in den Vorständen bewegen wir uns auf erschreckend niedrigem Niveau, auf eine Frau kommen immer noch fünf Männer. Und deshalb markieren die vergangenen sechs Monate genau das Tempo, das wir brauchen, wenn wir in acht bis zehn Jahren auch nur in die Nähe von 50 Prozent kommen wollen.
Immer öfter hören wir nun auf den unterschiedlichen Hierarchieebenen in den Unternehmen, Männer könnten ja jetzt nichts mehr werden, sie bräuchten sich gar nicht mehr anzustrengen, es würden ja eh nur noch Frauen befördert.
Noch 2022 gingen 77 Prozent der Vorstandsposten am Männer
Diese Wahrnehmung ist interessant, denn die nüchternen Zahlen zeigen etwas anderes: Im vergangenen Jahr gingen insgesamt 77 Prozent der Vorstandsposten an Männer, und auch mit dem aktuell erhöhten Tempo sind es ja immer noch 50 Prozent. Für vormals Privilegierte fühlt sich Gerechtigkeit ganz einfach wie Benachteiligung an. Tatsächlich gilt: Nur wer schlecht bis mittelmäßig ist, wird nicht mehr so leicht wie bisher Karriere machen, sondern steht in stärkerer Konkurrenz zu qualifizierten Kolleginnen.
Und natürlich werden vor allem die Männer weiterkommen, die jetzt in den Unternehmen gebraucht werden: die sich nicht verzweifelt an Gewohntes klammern, sondern Lust haben, das Unternehmen weiterzuentwickeln, und die in der Lage sind, ein inklusives Miteinander zu etablieren. Für sie ist diese Entwicklung eine Chance: Eine bessere Arbeitswelt kommt ja allen zugute, und wer sich in der Transformation engagiert, wird auch weiterhin schneller vorankommen!
Dr. Wiebke Ankersen führt gemeinsam mit Christian Berg die gemeinnützige deutsch-schwedische Allbright-Stiftung, die sich für einen Kulturwandel in den Unternehmen und mehr Frauen in Führungspositionen einsetzt. Im Wechsel mit anderen Autorinnen schreibt sie die RND-Kolumne „Chefinnensache“ über Gleichstellung, Diversität und den weiblichen Blick auf die Wirtschaft. Alle bisherigen Beiträge finden Sie hier.