Glasfaser: Der Kampf um die Kunden auf dem Land hat begonnen

Das Verbuddeln der Kabel für den Anschluss von Breitband-Internetverbindungen wird auch auf dem Land zu einem lukrativen Geschäft, das mehr Subventionen braucht.

Das Verbuddeln der Kabel für den Anschluss von Breitband-Internetverbindungen wird auch auf dem Land zu einem lukrativen Geschäft, das mehr Subventionen braucht.

Berlin. Die Zukunft passiert in der Grundschule von Eggersdorf und in der Gesamtschule von Petershagen. Dort finden in dieser Woche Infoveranstaltungen statt. Thema: Die Verlegung von Kabeln, die superschnelles Internet in die brandenburgischen Dörfer bringen – ein Beispiel von vielen für den Glasfaserausbau, der endlich Fahrt aufnimmt.

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Die Geschehnisse in der Provinz sind bemerkenswert, weil dort passiert, was jahrelang für nicht möglich gehalten wurde. Der sogenannte „eigenwirtschaftliche Ausbau“. Das Projekt kommt ohne staatliche Förderung aus. Der Investor übernimmt alle Kosten.

Der Konzern, der dahintersteckt, ist hierzulande nicht ganz unbekannt: Liberty Global, der weltgrößte Kabelnetzbetreiber. Bis 2019 war dessen Tochter Unitymedia aktiv. Dann wurden die Netze an Vodafone verkauft. Jetzt das Comeback mit dem neuen Ableger Liberty Networks Germany.

Die Manager suchen gezielt Kommunen, die in puncto schnelle Internetleitungen noch unterversorgt sind. Die erste Gemeinde, mit der man handelseinig wurde, war das brandenburgische Doppeldorf Petershagen/Eggersdorf. Mit Bürgermeister Marco Rutter wurde eine Kooperationsvereinbarung ausgehandelt.

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Die wichtigsten Konditionen: Liberty will 10 Millionen Euro investieren, um bis Ende 2023 flächendeckend mehr als 150 Kilometer Glasfaserleitungen zu verlegen. Der Ausbau wird aber erst angegangen, wenn mindestens für 35 Prozent der Gebäude ein Anschluss bestellt wird – das minimiert die Risiken für Liberty.

Die Glasfaser ermöglicht Übertragungsgeschwindigkeiten von mehr als 1000 Megabit pro Sekunde. So können in einem Haushalt gleichzeitig mehrere Spielfilme mit ultra-hochaufgelöster Qualität ruckelfrei geguckt werden. Dafür müssen aber neue Leitungen im Boden verbuddelt werden, was solche Projekte lange Zeit lähmte. Doch das Interesse von Investoren ist in jüngster Zeit deutlich gestiegen.

Glasfasernetze sind attraktiv, weil sie über einen langen Zeitraum verlässliche Renditen bringen. Deshalb macht auch der Versicherungsriese Allianz beim Glasfaserausbau von Telefónica Deutschland mit. Mehrere Pensionsfonds aus dem fernen Australien wollen demnächst ebenfalls in das Geschäft einsteigen – über ein gemeinsames Investmentvehikel namens IFM.

Telekom mit neuer Strategie

Der hiesige Partner: die Deutsche Telekom (DT). Der Magenta-Konzern wollte viele Jahre nur wenig von den giga-schnellen Leitungen wissen, stattdessen wurden die alten Kupferkabel aufgebohrt, trotzdem waren 1000 Megabit damit bei weitem nicht machbar.

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Nun aber die Wende: Dieses Jahr sollen insgesamt bis zu 1,4 Millionen Haushalte ans „Glas“, wie Insider sagen, angeschlossen werden. Bis 2024 will die Telekom die Zahl auf 2,5 Millionen Haushalte pro Jahr steigern. Zwar soll viel auf eigene Faust umgesetzt werden, aber um den Bedarf an Kapital zu senken, werden auch Kooperationen wie die mit IFM geschlossen. Auch zahlreiche Stadtwerke-Töchter streben ins Geschäft mit den Internetanschlüssen.

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Der Wettlauf um die Kundschaft hat begonnen. Branchenkenner gehen davon aus, dass es bundesweit in ländlichen Regionen noch rund acht Millionen unterversorgte Haushalte gibt, in denen sich ein eigenwirtschaftlicher Ausbau rechnet. So soll das Projekt im Brandenburgischen für Liberty auch kein Einzelfall bleiben.

Das Engagement des Konzerns sei ein weiteres gutes Signal, sagt Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbandes VATM, in dem sich DT-Rivalen organisiert haben. Er sieht darin auch ein Zeichen an die Politik: Liberty setze auf einen Ausbau ohne Markterkundungs- und Förderverfahren, da staatliche Förderung Bauvorhaben um Jahre verzögere. Die Kommunen sparten so viel Zeit, viel Geld und einen enormen Verwaltungsaufwand.

Subventionen auf dem Prüfstand

„Es ist kaum nachvollziehbar, warum Steuergelder und Subventionen weiterhin in Gebiete fließen, die über den privatwirtschaftlichen Eigenausbau viel schneller und effizienter erschlossen werden können“, sagte auch Liberty-Sprecherin Eva-Maria Ritter dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Sie betont: „Wir begrüßen, dass eine zukünftige Bundesregierung Subventionen und Förderungen auf den Prüfstand stellen will.“

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In Petershagen/Eggersdorf sollen im zweiten Halbjahr 2022 die ersten Glasfaseranschlüsse geschaltet werden. „Die ersten Verträge sind da“, so Ritter. Die Kunden hätten das Angebot sehr positiv aufgenommen. Ganz billig ist es allerdings nicht: Anfänglich soll der Anschluss 24,99 Euro pro Monat kosten.

Nach einem halben Jahr wird nach Bandbreite differenziert: von 44,99 Euro (bei 300 Megabit) bis 89,99 Euro (bei 1000 Megabit). Für die ersten 2000 Kunden ist der Anschluss kostenlos, danach werden dafür einmalig 799 Euro berechnet.

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