Frauen am Arbeitsmarkt: Gleichstellung im Schneckentempo
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Eine Frau steht in einem Büro am Fenster und telefoniert über ein Headset (gestellte Szene).
© Quelle: Annette Riedl/dpa
München. Am 26. August ist in Deutschland Gleichstellungstag. Aber identisch ist die Situation von Frauen und Männern am hiesigen Arbeitsmarkt deshalb noch lange nicht, auch wenn es langsam Fortschritte gibt. Das ist das Ergebnis einer Studie des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung.
Demnach hat sich die Lücke in der Arbeitsmarktbeteiligung zwischen Frauen und Männern hierzulande seit 1999 ungefähr halbiert. Haben damals im gesamtdeutschen Durchschnitt nur knapp 68 Prozent aller Frauen bezahlt gearbeitet, waren es 2020 fast 81 Prozent. Bei Männern wuchs diese Quote zeitgleich deutlich weniger stark von gut 83 auf knapp 88 Prozent, hat Studienmacherin Katharina Heisig errechnet.
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Unterschiede zeigen sich zwischen Ost und West
Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Zum einen gibt es weiter Unterschiede zwischen Ost und West. Ostdeutsche Frauen arbeiten heute zu 82,5 Prozent bezahlt und damit wieder fast so häufig wie zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung, wo es 85 Prozent waren. Stark aufgeholt haben in diesem Zeitraum ihre westdeutschen Pendants, wo sich die Quote von 58 auf 78,5 Prozent erhöht hat.
Das wirkliche Ausmaß an zunehmender Gleichstellung von Mann und Frau am Arbeitsmarkt spiegeln aber auch diese Zahlen nicht wider. Denn Frauen arbeiten deutlich öfter in Teilzeit als Männer. So hat sich diese Teilzeitlücke gesamtdeutsch zwischen 1999 und heute nur um gut eine Stunde verringert.
Voriges Jahr kamen deutsche Männer im Schnitt auf 39,4 Wochenarbeitsstunden, Frauen auf 31,8 Stunden. 1999 betrug das Verhältnis 41,5 Stunden bei Männern zu 32,7 Stunden bei Frauen. Die Geschlechterlücke ist also von 8,8 auf 7,6 Stunden geschrumpft.
Heisig: Deutschland ist weit von Gleichstellung entfernt
„Deutschland ist auch heute noch weit entfernt von einer Gleichstellung von Männern und Frauen am Arbeitsmarkt”, sagt Heisig zu diesen Ergebnissen. Als Ursache sieht sie ein sich nur langsam veränderndes Rollenbild der Geschlechter und ein unzureichend ausgebautes Angebot zur Kinderbetreuung, was auch die Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland widerspiegelt.
„Traditionelle Geschlechterrollen halten sich im Westen stärker, und das Betreuungsangebot ist schlechter ausgebaut als im Osten”, sagt die Doktorandin der Dresdner Ifo-Niederlassung.
Westdeutsche Frauen würden mit im Schnitt 30,2 Stunden wöchentlich deshalb auch immer noch gut vier Stunden weniger bezahlter Arbeit nachgehen als ostdeutsche Frauen mit 34,4 Stunden.
Stundenlöhne wurden in der Ifo-Studie nicht eigens untersucht. Auch hier gibt es aber weitere Differenzen zwischen den Geschlechtern. So hat das Statistische Bundesamt zuletzt hierzulande eine unbereinigte Lohnlücke von 18 Prozent errechnet. Dieses Ausmaß geht vor allem darauf zurück, dass Frauen öfter als Männer in Teilzeit und allgemein in schlechter bezahlten Berufen arbeiten.
Eine bereinigte Lohnlücke auf Basis vergleichbarer Tätigkeiten, Qualifikationen und Berufserfahrungen kommt noch auf 6 Prozent Differenz. Insgesamt heißt das, Frauen arbeiten in Deutschland weiterhin seltener als Männer, öfter in Teilzeit und werden vergleichbar schlechter bezahlt. Die Kluft gilt dabei als eine der größten EU-weit.