Eine neue Abgasnorm (nicht nur) für die letzten Verbrenner
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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.
© Quelle: IMAGO/SNA
Neuwagen sollen in Europa 2025 noch einmal sauberer werden. Nachdem das Ende des Verbrennungsmotors für 2035 bereits beschlossene Sache ist, hat die EU-Kommission nun neue Emissionsregeln für die letzten Verbrenner auf den Weg gebracht – und nicht nur für sie: Erstmals geht es nicht nur um Abgase, sondern auch um den Feinstaub, den Reifen und Bremsbeläge abgeben. Deshalb wird Euro 7 auch für Elektroautos gelten. Zudem sollen die Werte künftig durch Sensoren in jedem Fahrzeug ständig kontrolliert werden.
Die Reaktionen auf den Plan, in dem wichtige Details noch offen sind, fielen geteilt aus. Die Autohersteller verwiesen darauf, dass die bisherigen Euro-6-Regeln bereits die „umfassendsten und konsequentesten der Welt“ seien. Euro 7 werde die Kosten massiv hochtreiben, sagte BMW-Chef Oliver Zipse, der aktuell den europäischen Herstellerverband Acea führt. „Unglücklicherweise ist der Effekt des Kommissionsvorschlags für die Umwelt sehr begrenzt.“ Die Branche sei „ernsthaft besorgt“ vor allem wegen der Folgen bei Nutzfahrzeugen. Der deutsche Branchenverband VDA kritisierte den „nicht realisierbaren“ Zeitplan und eine „drohende Kostenexplosion für Verbraucher“. Nach EU-Schätzung liegen die Mehrkosten für Pkw bei 90 bis 150 Euro und für Nutzfahrzeuge und Busse bei 2700 Euro.
Es geht vor allem um Stickoxide
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisierte den Plan als zu lasch. „Sieben Jahre nach der Aufdeckung von Dieselgate (…) plant die EU-Kommission nun einen Kniefall vor den Dieselkonzernen“, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Die geplanten Vorgaben entsprächen nicht dem Stand der Technik und „werden auch weiterhin zu Hunderttausenden Erkrankungen und vorzeitigen Todesfällen jedes Jahr in Europa führen“.
Die sogenannte Euro-7-Norm war seit Monaten massiv umstritten. Dabei geht es nicht in erster Linie um Klimaschutz, also die Senkung von CO₂-Ausstoß und ‑Verbrauch. Hier sind die Weichen vor einigen Wochen mit der Entscheidung für den Verbrennerausstieg 2035 gestellt worden. Die Euro-Normen dagegen kümmern sich um Stoffe, die für Menschen schädlich sind, zum Beispiel Stickoxide.
Die Autoindustrie wäre am liebsten beim Vorgänger Euro 6 geblieben. Die Hersteller konzentrieren ihre Investitionen inzwischen auf den Elektroantrieb und halten weitere teure Feinarbeit am Verbrenner für eine Fehlinvestition. Viele ihrer Zulieferer sind allerdings anderer Meinung: Sie hängen oft noch weit stärker vom Verbrenner ab und liefern jene Technik, die sich die Hersteller gern sparen würden. Bei der Erarbeitung der neuen Regeln hätten sich die Zulieferer mehrheitlich für schärfere Grenzwerte ausgesprochen, berichtet die EU-Kommission – allein ihre Kunden, die Hersteller, seien dagegen.
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Meeresspiegel der Ostsee könnte um zwei Meter steigen: Planungen reichen laut Experten schon lange nicht mehr
In Ägypten berät der UN-Weltklimarat, wie die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch verhindert werden könnten. Darauf will Mecklenburg-Vorpommern nicht warten: Das Land will für 110 Millionen Euro bis 2030 Dünen, Deiche und Schutzwände verstärken – weil der Meeresspiegel auch in der Ostsee steigt. Experten warnen: Die bisherigen Planungen reichen schon nicht mehr.
An den Grenzwerten ändert sich nicht viel
An den eigentlichen Grenzwerten wird sich für Pkw tatsächlich nicht viel ändern. Sie bauen zum Leidwesen der Umweltschützer auf den Euro-6-Regeln auf. Allerdings sollen sie für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge vereinheitlicht werden, was für die Transporter eine deutliche Verschärfung bedeutet. Noch größer wird der Sprung bei den schweren Lkw, wo neue Regeln 2027 in Kraft treten sollen.
Die Nutzfahrzeughersteller müssten nun „substanzielle Ressourcen“ aus der Entwicklung neuer Antriebe abziehen, um Geld und Personal für die Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren einzusetzen, sagte Volvo-Chef Martin Lundstedt. „Das wird die Umstellung auf emissionsfreie Fahrzeuge ernsthaft stören. Das ist nicht gut für das Klima, nicht gut für die Gesundheit der Menschen und nicht gut für die Industrie.“
Die Personenwagen sollen vor allem durch bessere Überwachung der Emissionen und die Begrenzung zusätzlicher Schadstoffe sauberer werden. So soll es künftig auch Grenzwerte für den Ausstoß von Ammoniak, Formaldehyd und Lachgas geben. Neuland betritt die Kommission mit Regeln abseits des Motors. Schon in der Dieseldebatte hatte sich gezeigt, dass Feinstaub nicht nur aus dem Auspuff, sondern auch als Abrieb von Reifen und Bremsbelägen in die Luft kommt. Für beides soll es in Zukunft ebenfalls Grenzwerte geben. Außerdem sollen Standards für die Haltbarkeit von Batterien in E-Autos entwickelt werden.
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„Rechtssichere Freigabe von Euro 7 für leichte Fahrzeuge nicht möglich“
Der Reifenhersteller Continental begrüßt die Einführung einheitlicher Standards. Das werde zusätzliche Anreize schaffen, das Abnutzungsverhalten zu optimieren, sagte ein Unternehmenssprecher. Die Industrie engagiere sich bereits für die Entwicklung eines verbindlichen Teststandards.
Während man sich bei den Abgasnormen bisher auf Prüfstandmessungen und genormte Testfahrten verließ, sollen künftig zusätzlich Emissionswerte in jedem Auto im Alltag gemessen werden. Damit müssten sie unter allen, auch den extremsten Bedingungen eingehalten werden. Das hält die Industrie nicht für machbar, und der VDA fürchtet „konstruiert mutwillige Testfahrten“ unter „äußerst unrealistischen Szenarien“: Wer bei Eiseskälte mit Vollgas einen Berg hochfahre, werde immer Grenzwerte überschreiten, heißt es in der Branche. Solange die so erzeugten Abgaswerte ein Regelverstoß seien, „ist eine rechtssichere Freigabe von Euro 7 für leichte Fahrzeuge nicht möglich“, heißt es beim VDA.