Kommentar

Erst 2035: Das Verbrenneraus kommt viel zu spät

Ein Mann geht in der Innenstadt an Autos vorbei.

Ein Mann geht in der Innenstadt an Autos vorbei.

Frankfurt am Main. Wenn es einen Elektroautogott gäbe, hätte er es nicht besser arrangieren können. An dem Tag, da das sogenannte Verbrenneraus beschlossen wird, hat in Europa erstmals ein E-Pkw die Spitze der Verkaufscharts erobert. Nach Berechnungen der Marktforschungsfirma Jato Dynamics war es für September das Model Y von Tesla. Die Kreuzung aus einem Pkw und einem Geländewagen hat auch alle kompakten Massenmodelle deutlich abgehängt. Natürlich ist das nur eine Momentaufnahme.

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Dennoch hat der Erfolg von Elon Musks Crossoverfahrzeug hohe Symbolkraft. Er zeigt, dass die Stromer schon längst nicht mehr zu stoppen sind. Denn die Batterien, der größte Kostenblock beim E-Auto, werden immer leistungsfähiger und leichter. Reichweiten von 400 Kilometern sind mittlerweile der Standard, mehr ist problemlos möglich.

Elektroautos werden bald billiger sein als Verbrenner

Die Einigung der EU‑Gremien, dass von 2035 an nur noch „klimaneutrale“ Pkw neu zugelassen werden, wirkt angesichts des Marktgeschehens irgendwie drollig. Der Zeitpunkt für das Aus ist – vorsichtig formuliert – sehr großzügig gewählt. Bei 2030 wäre es noch was gewesen mit einer beschränkten Lenkungswirkung. Aber bis 2035 wird sich die Angelegenheit von selbst erledigt haben. Demnächst werden E‑Autos in der Anschaffung billiger sein als vergleichbare Modelle mit Benzin- oder Dieselaggregaten. Bei den laufenden Kosten vergrößert sich der Vorteil der Stromer weiter. Denn die fossilen Kraftstoffe werden sich mit schwindender Nachfrage zunehmend verteuern.

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Warum dann überhaupt noch so ein Beschluss? Das hat viel mit Symbolpolitik zu tun. EU‑Parlament und EU‑Kommission wollen zeigen, dass sie beim Klimaschutz dranbleiben – wohlgemerkt ohne den Autobauern damit wehzutun. So ähnlich lief es auch über viele Jahre mit dem Abgaswerten. Sie wurden zwar kontinuierlich verschärft, aber die Grenzwerte waren immer locker zu erreichen.

Die Ladeinfrastruktur muss nun intelligent ausgebaut werden

Wenn es Kommission und europäisches Parlament wirklich ernst meinen mit neuer Mobilität und klimafreundlichen Lösungen, dann ist jetzt der Moment gekommen, um nachzulegen. Effizienzvorgaben müssen her. Die Umweltorganisation BUND hat dies zu Recht gerade eingefordert. Denn mit der Klimaneutralität von E‑Autos ist das so eine Sache. Der Energieverbrauch im Alltagsbetrieb muss begrenzt werden, um Exzesse mit Elektroboliden, die mehr als 1000 Pferdestärken (PS) auf die Straße bringen, zu unterbinden.

EU‑Staaten für neue Verbrennerregeln ab 2035: Was bedeutet das für Verbraucher und Verbraucherinnen?

Ab 2035 sollen in der EU nur noch klimaneutrale Neuwagen zugelassen werden – dafür haben sich zumindest die EU‑Staaten ausgesprochen.

Solche Fahrzeuge braucht kein Mensch. Zumal sie enorme Mengen an wertvollen Rohstoffen benötigen, um die für die 1000 PS notwendigen Batterien herzustellen. Ein Stromverbrauchsdeckel wäre da das richtige Instrument. Auch der gesamte Ressourceneinsatz in der Fertigung muss begrenzt werden. Es geht darum, Ökobilanzen für E‑Autos zu erreichen, die deutlich besser sind als die der Verbrenner.

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Der zweite wichtige Punkt ist der Aufbau einer intelligenten Ladeinfrastruktur. Hier ist in der Vergangenheit viel mit unsinnigen, staatlich finanzierten Projekten vergeigt worden. Folgt man dem historischen Vorbild, wäre es am besten, dies den Stromversorgern zu überlassen: Maßgeblich für den Erfolg des Verbrenners war vor etwa 100 Jahren, dass die Ölkonzerne sehr schnell auf eigenes Risiko die Tankstellennetze für Benzin und Diesel errichteten. Doch bei den Stromversorgern ist solch ein unternehmerischer Schwung nicht zu erkennen. Die Politik muss nachhelfen.

Wichtigster Punkt: Just die Tankstellenstandorte müssen zügig mit Schnellladesäulen ausgestattet werden – durch Kooperationen der Stationsbetreiber mit Stromversorgern. Der wirksamste Hebel, um dies zu erreichen, sind stramme Vorgaben für die Umrüstung von Tankstellen. Dafür würde der Elektroautogott augenblicklich sorgen, wenn es ihn gäbe.

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