Defizite beim schnellen Internet

Ostdeutsche Firmen hinken bei der Digitalisierung hinterher

Tablet statt Handzettel: Viele Firmen lassen sich bei der Digitalisierung von externen Experten beraten.

Tablet statt Handzettel: nur ein Beispiel für Digitalisierung in Unternehmen.

Frankfurt am Main. Unternehmen in Ostdeutschland hinken bei der Digitalisierung deutlich hinterher. Dies geht aus einer aktuellen Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. „Besonders in den ostdeutschen Flächenländern sind die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Datenwirtschaft bislang nur schwach entwickelt“, heißt es in dem Papier. Hinzu komme, dass dort auch die Verfügbarkeit von schnellen Internetverbindungen als Voraussetzung für digitale Anwendungen unterdurchschnittlich ausgeprägt sei.

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Angesichts schwächerer Investitionen, einer ungünstigen Demografie und einer kleinbetrieblich-mittelständischen Größenstruktur der Unternehmen seien „besondere Anstrengungen notwendig, um die Wirtschaft in den östlichen Bundesländern bei der Digitalisierung zu unterstützen“.

Intel als Vorbild

Allerdings wird auch auf ermutigende Leuchtturmprojekte aufmerksam gemacht, die die wirtschaftliche Angleichung zwischen Ost und West beschleunigen könnten: „Positiv auf den künftigen Konvergenzprozess können die aktuellen Ansiedlungsentscheidungen von Unternehmen wirken, die in der Datenökonomie führend sind“, schreiben die Autoren. Gemeint sind damit einerseits das neue Werk des Elektroautobauers Tesla in Brandenburg und andererseits die beiden Chipfabriken von Intel in Magdeburg.

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32 Jahre nach der Wiedervereinigung ist die ökonomische Einheit zwischen Ost und West noch immer nicht hergestellt. Der sogenannte Aufbau Ost hat sich in der jüngeren Vergangenheit deutlich verlangsamt. Aus Sicht des IW fehlen nach wie vor „hochproduktive Großunternehmen und große Mittelständler“. Solche Firmen seien auch in der Digitalisierung weiter fortgeschritten als kleine und mittlere Unternehmen.

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Wobei für Expertinnen und Experten keine Zweifel bestehen: Was Digitalisierung genannt wird, treibt die Produktivität voran. Es geht um Daten – und was daraus gemacht wird: Sie können helfen, Produkte und Dienstleistungen zu verbessern, können ganze Geschäftsmodelle weiterentwickeln. Mehr noch: Wenn Firmen einen intelligenten Austausch von digitalen Informationen organisieren, können sie schneller auf Schwankungen bei Angebot und Nachfrage entlang von Lieferketten reagieren.

Berlin ist die große Ausnahme im Osten

Die wichtigste Disziplin ist das systematische Sammeln und Analysieren von Daten. Eine aktuelle Befragung des IW bei rund 1000 Industrieunternehmen und industrienahen Dienstleistern zeigt, dass es da signifikante Unterschiede gibt. So nutzt im Westen jedes fünfte Unternehmen die anfallenden Daten vollständig für Anwendungen in den Feldern Prognose und Data Analytics. Im Osten sind es nur 10 Prozent. Hierbei geht es um avancierte Software, die in der Lage ist, künftige Nachfrage vorherzusehen, womit dann die Produktion justiert wird. Automobilbauer können so frühzeitig steuern, dass etwa die Cabriovariante eines Modells in den Autohäusern steht, wenn das Interesse der Kundschaft an Freiluftautos steigt.

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Ein wichtiges Feld ist auch die Auswertung von Daten zur Automatisierung und Steuerung. 18 Prozent der Unternehmen im Westen arbeiten laut IW im Westen damit, im Osten sind es nur 12 Prozent. Generell sind im Westen im Schnitt drei von zehn Unternehmen in der Lage, Daten effizient zu bewirtschaften, was Data Economy Readiness genannt wird. Die Unternehmen in den ostdeutschen Flächenländern liegen deutlich zurück – mit 16 Prozent in Thüringen und Sachsen-Anhalt und mit 17 Prozent in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Berlin mit seinen zahlreichen Start-ups rangiert mit einer Rate mit 44 Prozent auch im gesamtdeutschen Vergleich auf enorm hohem Niveau. Zudem macht Sachsen mit 24 Prozent eine Ausnahme. Die Autoren der IW Studie führen dies auf die Chipindustrie im Raum Dresden und die dazugehörigen Softwarefirmen zurück.

Erheblichen Nachholbedarf sehen die Autoren in vielen Regionen bei der Breitband-Infrastruktur – was die Grundvoraussetzung für Digitalisierung ist. Die fünf Flächenländer im Osten bilden die fünf Schlusslichter beim Anteil der Gewerbestandorte, wo schnelles Internet mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von mindestens 1000 Megabit pro Sekunde zur Verfügung steht, was inzwischen der Goldstandard fürs Surfen im Netz und die Nutzung von Clouddiensten ist. Brandenburg ist mit 29 Prozent das bundesweite Schlusslicht, während Sachsen immerhin schon auf 50 Prozent kommt. Der westdeutsche Durchschnitt liegt indes bei 61 Prozent. Allerdings handelt es sich hier um Daten von Mitte 2021, inzwischen dürfte sich die Lage partiell verbessert haben.

Initialzündung durch Tesla

Doch die Studienautoren Jan Büchel und Klaus-Heiner Röhl machen auch auf die Ansiedlung von Tesla und Intel aufmerksam: „Beginnend mit der Entscheidung von Tesla, sein europäisches Werk in Grünheide bei Berlin aufzubauen, gab es ab 2019 jedoch eine Reihe neuer Ansiedlungsentscheidungen für hochproduktive oder technologieintensive Werke, die dem Industriestandort Ostdeutschland und voraussichtlich der Digitalisierung wichtige Impulse geben“. In der Endausbaustufe könnten dort inklusive Zulieferer bis zu 40.000 Arbeitsplätze geschaffen werden – das wäre der größte ostdeutsche Industriestandort. Von der Investitionssumme würden die zwei Chipwerke von Intel in Magdeburg das Tesla-Werk sogar noch übertreffen. Von 2027 an soll dort produziert werden.

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Doch noch wichtiger als die Ansiedlung von Techfirmen ist für Büchel und Röhl eine „beschleunigte Umsetzung der Digitalisierung in den bestehenden zumeist mittelständischen Unternehmen in Ostdeutschland“ Denn: „Nur so sind jene Produktivitätsfortschritte zu erreichen, die für ein Aufschließen zu westdeutschen Wertschöpfungsstrukturen über die gesamte strukturelle Breite der Wirtschaftszweige hinweg notwendig sind.“

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