Digitaler Bon im Trend: Ist der Kassenzettel bald Geschichte?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/AFEQY7TICJBSFAVMJCADERDXS4.jpeg)
Derzeit sind gedruckte Kassenbons der Standard. Wie lange bleibt das noch so?
© Quelle: Sina Schuldt/dpa
Berlin. Wie viel Cent haben die zwei Brötchen gekostet, die ich heute Morgen zu welcher Uhrzeit gekauft habe? Kassenbons beantworten meistens Fragen, die sich niemand stellt. Ausgestellt werden sie trotzdem, seit Anfang 2020 verpflichtend auch für zwei Brötchen beim Bäcker oder der Bäckerin – um Steuerhinterziehung zu vermeiden. Umweltfreundlich sind die Zettel nicht.
Immer mehr Ketten experimentieren nun mit digitalen Kassenbons, in norddeutschen Edeka-Filialen steht die Alternative für alle Kundinnen und Kunden mit Smartphone seit Juli zur Verfügung. Ist der gedruckte Kassenbon schon bald Geschichte? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wie funktioniert das Edeka-Experiment?
Seit Juli haben Kundinnen und Kunden in „Edeka Nord“-Filialen die Wahl zwischen dem digitalen und dem analogen Kassenbon. Das gilt auch für Marktkauf- und Naturkind-Filialen in Norddeutschland. Der Konzern verspricht, die Kundinnen und Kunden nach der gewünschten Form des Kassenbons zu fragen. Entscheiden sie sich für die digitale Variante, erscheint auf dem Kundendisplay ein QR-Code zum Scannen. Der Code führt zum Bon in Form einer PDF-Datei, die heruntergeladen und archiviert werden kann.
Was macht die Konkurrenz?
Nicht nur Edeka hat das Thema auf dem Schirm, auch Lidl, Kaufland, Aldi und Rewe befassen sich mit Alternativen zum gedruckten Bon. So bieten etwa Rewe und Lidl digitale Bons für App-Nutzerinnen und -Nutzer an – diese umfassen jedoch nur einen vergleichsweise kleinen Teil der Kundschaft.
„Der Service wird gut angenommen“, sagt ein Rewe-Sprecher. Die Frage, ob ein niedrigschwelliges E-Bon-Angebot geplant ist, lässt er unbeantwortet. Aldi Süd versichert, dass laufend geprüft werde, „wie wir unsere Kassenzettel unter ökologischen Gesichtspunkten weiter optimieren können“ – eine digitale Alternative sei jedoch aktuell nicht in Planung. Aldi Nord schließt diese auf Anfrage zumindest nicht aus.
Wie viel Müll ist durch die elektronischen Bons bislang eingespart worden?
Das ist unklar. Genaue Angaben macht auch Vorreiter Edeka auf Nachfrage bislang nicht. Das Potenzial ist jedenfalls riesig: Allein durch die neu eingeführte Bonpflicht werden in Deutschland rund zwei Milliarden zusätzliche Bons pro Jahr gedruckt.
Woher kommt der Trend zum digitalen Bon?
Ulrich Binnebößel, Experte für Zahlungssysteme beim Handelsverband Deutschland, beobachtet in der Branche vor allem zwei Entwicklungen, die zu mehr digitalen Kassenbons führen könnten: Nachhaltigkeit und höhere Hygieneanforderungen. Zudem könne die Zusendung eines digitalen Belegs den Zahlungsvorgang an der Kasse beschleunigen.
Aus Kundensicht könne außerdem die Archivfunktion ein Argument für digitale Bons sein. Es gebe „ein großes Interesse im Handel, digitale Bons anzubieten“, sagt er. Binnebößel verweist auf eine Studie des Handelsforschungsinstituts EHI, nach welcher rund die Hälfte der betroffenen Unternehmen das Thema für relevant hält.
Wann wird der digitale Bon zum Standard?
Binnebößel wagt hierzu keine Prognose. Vieles hänge von der Gesetzeslage ab, sagt der Experte. „Die großen Ketten sind im Grunde so weit und können für App-Nutzer digitale Bons anbieten“, sagt er. Inzwischen gibt es zahlreiche Apps, die den Discountern anbieten, digitale Kassenbons zu produzieren. Marktreif ist das Konzept noch nicht. Binnebößel hält hierzu eine gesetzliche Neuregelung mit weniger Vorschriften für notwendig.
Kritik an Bonpflicht: „Quasi kein Kunde will Beleg“
Seit Jahresanfang ist er sowohl Kundinnen und Kunden als auch Einzelhändlern ein Dorn im Auge: der Kassenbon. Der Bundestag befasst sich nun erneut mit der Bonpflicht.
© Quelle: AFP
Was müssen Verbraucherinnen und Verbraucher beachten?
„Für Verbraucher kann der digitale Bon Vorteile haben, er kann praktisch sein. Man hat die eigenen Ausgaben im Blick und kann sie einfach archivieren“, sagt Vivien Arwers von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, wo der digitale Bon in vielen Geschäften bereits angeboten wird. „Aber der Nachteil ist natürlich, dass man eine Datenspur hinterlässt“, so Arwers weiter. Das gelte insbesondere für App-Nutzerinnen und -Nutzer.
Sie vergleicht die Entwicklung mit dem Trend zur „Scan and Go“-Methode. Mit dieser ist es Kundinnen und Kunden in immer mehr Geschäften möglich, die Produkte per App beim Einpacken zu scannen, mobil zu bezahlen – und den Laden an der Kasse vorbei zu verlassen. Auch hier hinterlasse man eine Datenspur, betont Arwers.
Entscheidend sei das Bewusstsein der Kundinnen und Kunden: In beiden Fällen werden aus den Einkäufen auch personenbezogene Daten gewonnen. Diese haben Einfluss auf individualisierte Werbeanzeigen, sagt Arwers: „Es gibt auch Leute, die das super finden, das ist vollkommen okay. Man muss bloß wissen, dass es diese Effekte gibt.“