Kolumne „Greenformation“

Die Energiewende ist Russlands größter Feind

Erneuerbare Energien: Ein Planspiel soll dafür jetzt mögliche Potenziale in Hemmingen ermitteln.

Windkraft könnte deutlich schneller ausgebaut werden.

Auf dem Jahrmarkt ist die Geisterbahn eine große Attraktion. Im Halbdunkel wecken grässliche Monster einen Schauder, der in freudige Erleichterung mündet, wenn man wieder ans Tageslicht kommt. Möglicherweise zielen auf genau diesen Effekt all die Medien, die derzeit eifrig Horrorszenarien rund um die Energieversorgung verbreiten: Drastische Gasrationierungen werden uns im Winter frieren lassen wie zuletzt in der Nachkriegszeit; ein großflächiger Blackout wird die deutsche Industrie in Ruinen legen; und ein wütender Mob wird die Parlamente stürmen. Huah, mehr Grusel geht kaum.

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Ein Gruselkabinett voller Pappmaschee-Monster

Und was erlöst uns aus diesen Horrorfantasien? Genau: die süße Zuckerwatte Nord Stream 2, durch die so schnell wie möglich russisches Gas fließen möge. Ich entzaubere das Spektakel nur ungern: Das energetische Gruselkabinett ist leider bloß mit billigen Pappmaschee-Monstern aus fossilen (und russischen) Propagandafabriken bestückt.

Ein Zaubertrick, der vergessen machen soll, dass Putin einen brutalen Angriffskrieg führt und Gas als politische Waffe gegen die westlichen Demokratien einsetzt. Nicht die eigentlichen Schuldigen werden benannt, sondern als Sündenbock muss wie immer die Energiewende herhalten.

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Sobald jemand auf die vielfältigen Chancen erneuerbarer Energien verweist, beginnt ein lärmendes Getöse: Die Energiewende sei schuld an hohen Preisen, an drohenden Blackouts, an möglichen Versorgungsengpässen, kurz: an allem. Im medialen Hütchenspiel werden als Lösung Öl, Kohle, (Fracking-)Gas und Kernfusion eifrig hin und her diskutiert, damit in der verängstigten Verwirrung niemandem auffällt, dass mit der Energiewende eine einfache, nachhaltige und ziemlich ungruselige Lösung auf dem Tisch liegt.

Denn erneuerbare Energien sind Russlands größter Feind. Schließlich bedeuten sie das Ende von Putins jahrzehntelangem lukrativen Geschäftsmodell. In Wahrheit sind es politische Motive, die das Gas knapp werden lassen. In Wahrheit treibt der menschengemachte Klimawandel die Kosten in die Höhe. Und in Wahrheit sind es Atomkraftwerke, die derzeit in Frankreich Versorgungsengpässe verursachen – technisch bedingt und weil wegen Dürre das Kühlwasser fehlt.

Schnell wie der Wind ans Netz

Ausweg und Lösung sind Energien aus Wasser, Sonne, Wind und Biomasse. Erneuerbare Energien wirken preissenkend. Sie stärken die Versorgungssicherheit im Land, wenn sie mittels Energie- und Lastmanagement aufeinander abgestimmt werden. Es wäre so einfach: Existierende Biomasseanlagen könnten besser ausgelastet werden; zig bereits installierte Photovoltaikanlagen warten nur noch auf die behördliche Genehmigung; Windanlagen könnten mit beschleunigten Genehmigungsverfahren buchstäblich schnell wie der Wind ans Netz gebracht werden.

Das Riesenrad der Energiewende

Das alles wären Lösungen ganz ohne Budenzauber, nur eben auf technisch zeitgemäßem Niveau. Was uns Sorge bereiten sollte, ist das Festhalten an veralteten, riskanten und ineffizienten Energien. Wenn wir schon Jahrmarkt feiern wollen, dann sollten wir bitte endlich mal das große Rad drehen, nämlich das Riesenrad der Energiewende.

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Dies hat Platz für alle Menschen, dreht sich in luftige Höhen und öffnet uns weitreichende Blicke auf echte Zukunftsperspektiven. Das Horrorszenario von Klimakatastrophe und Krieg würde enden, und es begänne ein Freudenfest für Nachhaltigkeit, Frieden und Freiheit.

Claudia Kemfert ist Energieprofessorin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Sie schreibt hier im wöchentlichen Wechsel mit anderen über den grünen Umbau der Wirtschaft.

Wirtschaftsminister Habeck sieht die Krise als Chance für die Energiewende
12.07.2022, Österreich, Wien: Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, spricht bei einer Pressekonferenz mit der Klimaschutzministerin von Österreich. Foto: Tobias Steinmaurer/APA/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Vizekanzler Robert Habeck war am Dienstag zu Besuch in Wien. Hintergrund ist die drohende Gaskrise in Europa angesichts der ungewissen Versorgungslage.

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