Die Börsensause wird weitergehen – dank Politik und Notenbanken

Im Moment hat der Bulle die Oberhand: Die Kurse an den Börsen steigen und steigen.

Im Moment hat der Bulle die Oberhand: Die Kurse an den Börsen steigen und steigen.

In der Welt des Sports sind Rekorde in den allermeisten Fällen nicht planbar. An den Finanzmärkten schon. Dass der Deutsche Aktienindex (Dax) eine neue Höchstmarke erreichen wird, war schon länger klar. Es brauchte nur noch einen ganz besonderen Handelstag, an dem mehrere positive Nachrichten zusammenkommen. Das ist am Mittwochmorgen passiert. Da war einmal eine „optimistische Stimmung“ an vielen asiatischen Märkten, wie es Börsianer formulierten. Hinzu kam, dass Anleger vermehrt Wettscheine (sogenannte Futures) kauften, die auf ein weiteres Plus beim weltweit wichtigsten Börsenbarometer, dem Dow Jones Industrial, setzen. Das genügte, um über die Latte des alten Dax-Altzeithochs von 13.596,89 Punkten zu springen. Der Dax notierte gegen 9.15 Uhr bei genau 13.630,27.

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In so einem Fall ist von Beobachtern zu hören, dass Anleger den neuen Maximalwert endlich sehen wollten. So etwas geht nur, wenn auch die Orchestrierung im Großen und Ganzen stimmt. Und positive Nachrichten gibt es derzeit genug: Ein erstes Handelsabkommen zwischen USA und China. Die Gefahr eines Krieges im Nahen Osten ist erst einmal gebannt. Chinas Notenbank lockert ihre Geldpolitik.

Alles nur Herdentrieb?

Das ist aber nur wohltemperierte Begleitmusik. Kursentwicklungen sind besser mit den Instrumentarien der Massenpsychologie zu erklären. Böse Zungen sprechen vom Herdentrieb an den Finanzmärkten. Der Grund: Weltweit sind Tausende von Analysten an der Arbeit, die nichts anderes tun, als jeden Tag auf ökonomische Kennziffern und Unternehmensnachrichten zu schauen, um daraus Prognosen für die Entwicklung der Aktienkurse zu destillieren. Hier herrscht Opportunismus.

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Denn ein Analyst, der sich gegen die Einschätzungen der Mehrheit seiner Kollegen stellt, setzt sich einem massiven Begründungsdruck aus. Also schwimmt er oder sie lieber im Mainstream mit. Dann kann man bei Fehleinschätzungen einfach auch auf die anderen deuten, die es ebenso gesehen haben. Die Studien der Analysten werden in Kauf- und Verkaufsempfehlungen umgemünzt, an die sich die Manager großer Aktienfonds mehr oder weniger halten. Und so schaukelt es sich hoch.

Es wird immer übertrieben

Der Wirtschaftswissenschaftler Peter Bofinger spricht von der manisch-depressiven Grundverfassung der Aktienbörsen. Es wird immer übertrieben - sowohl nach oben als auch nach unten. Der aktuelle Zustand lässt sich als massiv manisch bezeichnen. Obwohl sich die Zeichen aus der realen Welt auch negativ lesen lassen: Der Frieden in Nahost ist äußerst fragil, die Handelskonflikte sind keineswegs ausgestanden, was zu einer Abkühlung der Konjunktur führen kann. Was wird aus dem Brexit? Dazu kommt ein unberechenbarer US-Präsident. Doch all dies wird derzeit von den Akteuren an den Kapitalmärkten hartnäckig ignoriert.

Vieles spricht denn auch dafür, dass ein ganz anderer Mechanismus als Antriebsstrang der Aktien dient: Die Politik der Notenbanken. Rückblick: Ende 2018 kündigten unter anderem die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Fed an, dass man sich für eine Erhöhung der Zinsen rüste. Das war der Moment eines plötzlichen Stimmungswechsels ins Depressive. Sehr namhafte Analysten sagten Abstürze an den Aktienmärkten voraus.

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Die Zeichen für weitere Rekorde stehen gut

Und so kam es dann auch. Dahinter steckt das Szenario, dass mit höheren Zinsen die Renditen von sicheren Staats- und Unternehmensanleihen klettern und Aktien deshalb in rauen Mengen verkauft werden. Für ein paar Wochen war das die dominierende Erzählung unter Börsianern. Doch dann vollführten die Notenbanker eine Rolle rückwärts, was Anleger und Analysten euphorisierte, und mit den Dividendenpapieren ging es prompt wieder aufwärts – bis zum heutigen Tag. Wie lange sich das hält?

Vieles spricht dafür, dass 2020 die Rekorde an den Aktienmärkten nur so purzeln. Denn erstens ist der unberechenbare Trump in einem Punkt berechenbar: Er will die Aktienkurse hoch halten, um seine Wiederwahl im November zu sichern. Noch wichtiger dürfte zweitens sein, dass neue EZB-Präsidentin Christine Lagarde verbindlich versprochen hat, in diesem Jahr an der Nullzinspolitik nichts zu ändern. Sie will 2020 nutzen, um die Strategien der EZB zu überprüfen. 2021 wird’s dann auch an den Börsen richtig spannend.

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