Die alten Energiepreise werden nicht mehr zurückkommen
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/6AA5TWBR2JFVVBXONIM25R5LAU.jpeg)
Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), und Philipp Steinberg, Abteilungsleiter Wirtschaftspolitik im BMWK, kommen zur Pressekonferenz zur Vorstellung der Frühjahrsprojektion.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Es ist ein inzwischen fast schon vertrautes Ritual. Zweimal im Jahr nimmt der Wirtschaftsminister vor der blauen Wand der Bundespressekonferenz in Berlin Platz und erklärt, dass der mehrfach angekündigte Aufschwung nach dem Ende der Corona-Einschränkungen mal wieder verschoben ist. Erst waren es abreißende Lieferketten, dann die dritte, vierte und fünfte Welle der Pandemie, dann die Rohstoffknappheit und nun der Krieg.
Dieses Mal allerdings wird der Aufschwung nicht mehr verschoben. Dieses Mal wird der gleich abgesagt. Aus der Traum von der schnellen wirtschaftlichen Erholung.
An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Spotify Ltd., der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.
Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.
Man kann es der Bundesregierung kaum vorwerfen. Die derzeit vorgetragenen Gründe sind zwingende – und sie liegen zum allergrößten Teil weit außerhalb ihrer Macht.
Die deutsche Wirtschaft gerät von mehreren Seiten unter Druck. Da sind die massiv gestiegenen Preise für Energie und andere Rohstoffe, die die Produktion teuer machen. Da sind die Lieferketten, die wegen des Krieges, der Sanktionen oder des Corona-Comebacks in China erneut abreißen. Da sind die steigenden Zinsen, die Unternehmen die Refinanzierung erschweren. Und da ist die allgemeine Unsicherheit darüber, was wohl noch alles kommen mag.
Putin bewegt seine Hände Richtung Gasventil
Zu allem Überfluss bewegt Russlands Machthaber Wladimir Putin seine Hände immer deutlicher in Richtung des Ventils jener wichtigen Gasleitungen nach Deutschland. Der Kreml droht immer unverhohlener damit, die größte europäische Volkswirtschaft in den Abgrund zu reißen.
Selbst wenn Putin die Gaslieferungen nicht abrupt beendet, stehen die Unternehmen vor extrem harten Zeiten, denn das politische Ziel ist eindeutig: Die Regierungen in Deutschland und Europa wollen weg von russischer Energie. Für Kohle hat die Europäische Union bereits ein zeitversetzt wirkendes Importembargo verkündet, beim Öl rückt dieser Schritt näher, und auch beim Gas ist klar, wo die Reise hingeht.
Russland stoppt Gaslieferung nach Polen und Bulgarien
Der tatsächliche Gasdurchfluss durch die Jamal-Pipeline von Belarus nach Polen lag am frühen Mittwochmorgen bei null Kilowattstunden.
© Quelle: Reuters
So richtig diese Entscheidungen im Hinblick auf die Gräueltaten in der Ukraine sind, so klar ist auch, dass sie einen Preis haben. Teile des deutschen Wohlstandes der vergangenen Jahre basierten auf dem unbegrenzten Zugang zum billigsten Gas der Welt – Pipelinegas aus Sibirien. Selbst wenn der Krieg eines Tages beendet sein sollte und sich die Energiemärkte beruhigen, scheint es ausgeschlossen, dass die alten Preise je wieder erreicht werden können.
+++ Alle Entwicklungen zum Krieg gegen die Ukraine im Liveblog +++
Für Verbraucher und Verbraucherinnen, die auf vermeintlich moderne Gasheizungen gesetzt haben, ist diese Erkenntnis bitter. Sie werden investieren müssen oder die zusätzlichen Kosten tragen. Wer beides nicht kann, dem wird der Staat helfen müssen. Man kann der Politik nicht vorwerfen, dass sie das Problem nicht erkannt hätte. Nun muss sie die richtigen Lösungen dafür finden. Einmalzahlungen, wie sie nun auf den Weg gebracht worden sind, können nur ein erster Schritt sein.
Bundeskabinett beschließt Energieentlastungspaket
Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein milliardenschweres Entlastungspaket für die Bürger und Bürgerinnen auf den Weg gebracht.
© Quelle: dpa
Für Unternehmen steckt in dem Preisschock durchaus auch eine Chance. Die hohen Kosten werden ihre Innovationsfreude beleben. Nie war der Anreiz größer, effizient, nachhaltig und umweltfreundlich zu produzieren. Die deutsche Industrie hat dabei im internationalen Wettbewerb schon jetzt einen Vorsprung. Es ist deshalb gut möglich, dass Deutschland langfristig sogar gestärkt aus dieser Krise hervorgeht.
Kurz- und mittelfristig aber werden uns der Krieg und die neue Weltordnung, die mit ihm einhergeht, ein Stück ärmer machen. Man mag das beklagen, aber es hilft ja nichts. Sinnvoller ist es, jetzt die Sinne zu schärfen und das Beste aus der schwierigen Situation zu machen.
Und wenn das nicht mehr hilft, bleibt als letzte Möglichkeit immer noch die Devise „Augen zu und durch“.