Delivery Hero im Dax: Ein Börsenaufstieg mit Beigeschmack
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Delivery Hero mit Sitz in Berlin übernimmt im Leitindex den Platz des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/
Die Deutschen hängen am Dax. Jeden Abend wird vor der Tagesschau ans Börsenbarometer geklopft und das Wirtschaftsklima abgelesen. Schließlich sind die renommiertesten deutschen Unternehmen im Deutschen Aktienindex versammelt. So ist der Dax zu einem umfassenden Siegel für Unternehmensqualität geworden.
Das war immer Unsinn, und der Wirecard-Skandal zeigt es. Das Unternehmen verdankte seine Dax-Mitgliedschaft offenkundig schwerem Bilanzbetrug und ist pleite. Trotzdem gehörte es noch wochenlang zur Börsenelite. Und mit dem Nachfolger wird nicht viel besser: Bei Delivery Hero gibt es zwar keine Betrugsanzeichen, aber Gewinn hat das Berliner Unternehmen nie gemacht, und seine Kochboxen verschickt es nicht einmal in Deutschland. Die Aktie wird spekulativ gehandelt, in großen Mengen zu hohen Kursen – das ist der Grund für den Dax-Aufstieg, denn es zählt allein die Marktrelevanz. Das ist in Ordnung, sie ist für Anleger ein wichtiges Kriterium. Ein Qualitätssiegel ist sie nicht.
Die wertvollsten Unternehmen sind nicht ehrlichsten
Dummerweise hat die Finanzbranche den Dax aber dazu gemacht. Denn auf dem Index basieren viele Finanzprodukte, die sich mit dem Siegel besser verkaufen. Wenn das weiter funktionieren soll, wird man die Kriterien ändern müssen. Zwar sind die wertvollsten Unternehmen nicht automatisch die ehrlichsten und edelsten – so naiv sollte niemand sein. Weder soziales Engagement noch Kulanz gegenüber Kunden sind Voraussetzung für die Aufnahme in diese Liga. Aber ein nachhaltiges Geschäftsmodell erwartet im Dax selbst der abgebrühteste Investor. Und ein Börsenbetreiber, der von der Marke Dax lebt, muss imstande sein, das zu prüfen und sein Urteil bei auch schnell zu ändern.