Corona: Wer zahlt am Ende für die Kosten der Krise?

Die Schuldenuhr am Sitz des Bundes der Steuerzahler Deutschland tickt nun im Corona-Krisenmodus. Seit Anfang 2018 lief die Schuldenuhr rückwärts, zwei Jahre zeigte sie den Schuldenabbau pro Sekunde an. Jetzt läuft sie kräftig im Plus: plus 6639 Euro. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wächst also um 6639 Euro pro Sekunde. Aufgrund des milliardenschweren Maßnahmenpakets, das der Bundestag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verabschiedet hat, läuft nun die Uhr anders.

Die Schuldenuhr am Sitz des Bundes der Steuerzahler Deutschland tickt nun im Corona-Krisenmodus. Seit Anfang 2018 lief die Schuldenuhr rückwärts, zwei Jahre zeigte sie den Schuldenabbau pro Sekunde an. Jetzt läuft sie kräftig im Plus: plus 6639 Euro. Der gesamtstaatliche Schuldenstand wächst also um 6639 Euro pro Sekunde. Aufgrund des milliardenschweren Maßnahmenpakets, das der Bundestag zur Bekämpfung der Corona-Pandemie verabschiedet hat, läuft nun die Uhr anders.

Olaf Scholz legt sich fest. Die Corona-Krise kostet den Staat zwar Milliarden. Aber: “Wir haben uns vorgenommen, dass wir zusätzliche Schulden wieder zurückführen ab 2023”, sagte der Bundesfinanzminister bei “Bild live”.

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Und Scholz hatte auch gleich eine Idee parat, wie das funktionieren kann: Mit neuen Steuern – und zwar für Spitzenverdiener. Zumindest deutete der Bundesfinanzminister das an. Ziel sei es zugleich, kleine und mittlere Einkommen zu entlasten. “Und diejenigen, die ein paar Hunderttausend Euro verdienen, können vielleicht dafür sorgen, dass diese Entlastungen auch finanziert werden können”, sagte Scholz.

Eine Überlegung, die in seiner Partei, der SPD, auf Wohlwollen stoßen dürfte. Die Debatte darüber, wer für die Kosten der Krise aufkommen muss, könnte die Politik schon bald beschäftigen. Das Coronavirus trifft den Staat mit voller Wucht. Jahrelang konnten Finanzminister ausgeglichene Haushalte vorlegen, die schwarze Null wurde zum Markenzeichen der deutschen Finanzpolitik – bis Corona kam. Allein in diesem Jahr plant der Bund mit zusätzlichen Schulden in Höhe von 156 Milliarden Euro. Nimmt man alle Rettungspakete zusammen, beläuft sich das Volumen aus Garantien und Krediten auf über 1,8 Billionen Euro.

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Rezessionsgefahr steigt in Deutschland auf 80 Prozent

Eine gigantische Summe, die den Totalabsturz der deutschen Wirtschaft verhindern soll. Und die wohl nötig ist. Durch den Shutdown – also die Stilllegung eines großen Teils des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens – ist die Rezessionsgefahr auf fast 80 Prozent gestiegen. Noch im März lag der Wert bei 34,8 Prozent. Das zumindest geht aus dem Konjunkturindikator des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung hervor. “Die deutsche Wirtschaft wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Frühjahrs- und Sommerquartal schrumpfen”, sagt IMK-Direktor Sebastian Dullien.

Wie hoch die ökonomischen Kosten durch Corona sind, ist derzeit noch nicht absehbar. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet die schlimmste Rezession seit der Großen Depression im letzten Jahrhundert. Ob die Summen, mit denen der deutsche Staat gegensteuert, ausreichen, ist ebenfalls nicht ausgemacht. Klar ist: Die Staatsverschuldung schnellt nach oben. Der Bund plant, die 156 Milliarden Euro Schulden aus dem aktuellen Nachtragshaushalt innerhalb von 20 Jahren zu tilgen. Es wäre nur ein Anfang. Die Summe kann schnell steigen, je nachdem, wie heftig der Absturz wird. Doch damit stellt sich auch die Frage: Wer soll das am Ende bezahlen – und wie?

Steuern erhöhen oder Sozialleistungen senken? Beides ist unpopulär

Prinzipiell stehen dem Staat mehrere Möglichkeiten offen. Er kann sparen – etwa bei Sozialleistungen – oder Steuern erhöhen. Beides ist unpopulär. Vor allem dann, wenn die Belastung breite Bevölkerungsschichten trifft. Bei einer Erhöhung der Mehrwertsteuer wäre das der Fall. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) plädiert dafür, Wohlhabende stärker zu belasten – allerdings mit Augenmaß. “Am sinnvollsten wäre ein ausgewogener Mix aus Vermögens- und Einkommensbelastung”, sagte DIW-Steuerexperte Stefan Bach “Spiegel Online”. Um insbesondere Unternehmen und damit Arbeitsplätze vor zusätzlichen Belastungen zu schützen, schlägt Bach zwei Instrumente vor: Eine Art Corona-Soli im Tarif der Einkommenssteuer, der weiterhin von Besser- und Hochverdienern gezahlt wird. Und eine einmalige Vermögensabgabe mit hohen Freibeträgen und Vergünstigungen für Betriebsvermögen.

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Im Kern dreht sich die Debatte um Staatsverschuldung immer um die Verteilung von Lasten. Denn das Geld, das die Politik jetzt in die Wirtschaft pumpt, ist nichts anderes als der Anteil, den die Gesellschaft übernimmt, um die Krise zu überstehen. Die zusätzlichen Staatsschulden sind Ausdruck dessen. Da der Staat immer neue Kredite aufnehmen kann, wäre es theoretisch auch möglich, die Staatsverschuldung einfach “auszusitzen”. Und darauf zu hoffen, dass die Wirtschaft schnell wieder anspringt. Unter Ökonomen ist ohnehin unstrittig, dass die Höhe der Staatsverschuldung allein wenig aussagekräftig ist. Entscheidend ist etwas anderes: die Schuldenquote. Sie drückt das Verhältnis von Schulden und Wirtschaftsleistung aus.

IMK-Ökonom: Kosten der Krise über Schulden abtragen

Vereinfacht gesagt: Je höher die Wirtschaftskraft, also das BIP, desto weniger problematisch ist auch der Schuldenstand. Daher ist es prinzipiell für ein reiches Land wie Deutschland auch möglich, die Corona-Kosten über zusätzliche Kredite zu finanzieren. “Ich halte das für am sinnvollsten und machbar”, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Da sich der deutsche Staat umsonst Geld leihen könne, sei es sogar angebracht, die Tilgung weiter in die Zukunft zu strecken. Dullien spricht von einem Zeitraum von 30 Jahren. “Mit der Verschuldung haben wir sehr viel Spielraum”, so der Wirtschaftsprofessor. Durch die Inflation verlieren die Schulden zusätzlich real an Gewicht, ein Teil der Summe wird entwertet – auf Kosten der Anleger, die dem Staat Geld leihen.

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Das deutsche Steuersystem ist progressiv. Starke Schultern zahlen automatisch mehr. In der Krise hatte sich SPD-Chefin Saskia Esken, allerdings ohne Details zu nennen, trotzdem für eine einmalige Vermögensabgabe für besonders Wohlhabende ausgesprochen. Ein Vorschlag, der in Richtung DIW-Modell zielt. Widerspruch kam zwar direkt vom Koalitionspartner aus der Union. Doch auch IMK-Ökonom Dullien hält die Debatte um höhere Belastungen bei hohen Einkommen und Vermögen für richtig. Und zwar unabhängig von Corona. “Es wäre sinnvoll, sich Gedanken darüber zu machen, ob wir eine Vermögenssteuer brauchen”, sagte Dullien dem RND. Die aktuellen Kosten der Krise könnten aber auch anders getragen werden. Nämlich über Verschuldung, so der IMK-Chef. Eine Voraussetzung dafür schiebt der Makroökonom allerdings gleich hinterher: “Es darf keine Steuersenkung für die Reichen geben.”

Auch die Politik diskutiert: Wer soll zahlen?

Das wiederum wäre eine politische Frage. Und die entsprechende Debatte zwischen den Parteien in Berlin deutet sich bereits an – mit den altbekannten Frontstellungen. Nachdem Finanzminister Scholz bei “Bild live” höhere Steuern für Reiche angedeutet hat, jubelte Linken-Chefin Katja Kipping: “Es ist gut, dass Olaf Scholz auch Spitzenverdiener für die Krise aufkommen lassen will.” Anders klingt es bei FDP-Chef Christian Lindner, der für das liberale Lieblingsthema wirbt: eine “Steuerreform, die entlastet und Wachstum anregt”. Im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland sagte Lindner weiter: “Aus den Schulden kann der Staat durch Kostendisziplin und eine starke Wirtschaft herauswachsen.”

Mehr Schulden, Steuersenkungen und weniger Staatsausgaben oder doch lieber das Geld bei den Wohlhabenden holen? Die ersten Vorschläge liegen jedenfalls auf dem Tisch. Am Ende, und das klingt einfacher als es ist, muss die Politik sich nur noch für einen entscheiden.


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