Corona-Impfungen in Unternehmen rücken näher – Arztpraxen teils überrannt
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RL4PNDXEUJAMBL65PPXDOLFKRY.jpeg)
Ein Assistent der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) zieht bei der Betriebsimpfung der Sartorius AG eine Spritze mit dem Corona-Impfstoff von Biontech/Pfizer auf.
© Quelle: Swen Pf��rtner/dpa
Berlin. Im Kampf gegen das Coronavirus rücken Impfungen für Beschäftigte direkt über ihre Firmen näher. Für den geplanten Start ab dem 7. Juni müssen Betriebsärztinnen und -ärzte bis diesen Freitag Impfstoff bei Apotheken bestellen – in der ersten Woche zunächst begrenzt auf jeweils höchstens 804 Dosen des Präparats von Biontech/Pfizer. Das geht aus Informationen der Arbeitgeberverbände hervor. Impfangebote über Betriebsärztinnen und -ärzte sollen auch für Pendelnde sowie Saisonarbeiterinnen und -arbeiter möglich sein. Insgesamt sind mehr als zehn Millionen Bundesbürgerinnen und -bürger mit der nötigen zweiten Dosis vollständig geimpft.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ zur Einbindung der Unternehmen: „Je mehr Ärzte impfen, desto schneller läuft die Impfkampagne.“ Außerdem komme bald eine Phase, in der die Menschen zu überzeugen seien, denen der Weg zur Hausarztpraxis oder ins Impfzentrum zu weit sei. „Gelegenheit macht Impfung“, sagte Spahn mit Blick auf die Firmen. Über die Bestellregeln zum Start berichtete auch die „Rheinische Post“.
Laut Entwurf: Pendler und Saisonarbeiter haben Anspruch auf eine Corona-Impfung
Anspruch auf die Corona-Impfung sollen „alle Betriebsangehörigen“ haben. Dies soll unabhängig vom Wohnsitz oder dem gewöhnlichen Aufenthaltsort gelten – also auch für Pendelnde sowie Saisonarbeiterinnen und -arbeiter, heißt es im Entwurf für eine erneute Änderung der Impfverordnung.
Auch wenn Impfungen in Betrieben gemacht werden, sollen sie demnach bei Haftungsfragen nicht als betrieblich veranlasst gelten, sondern sind Teil der staatlichen Impfkampagne. Festgehalten wird zudem, dass die Impfungen freiwillig sind und ein „Erfüllungsverhältnis“ allein zwischen der Ärztin oder dem Arzt und den Anspruchsberechtigten bestehe. Voraussetzung soll sein, dass sich Unternehmen an das zentrale System zur Meldung von Impfdaten anbinden.
Die geänderte Impfverordnung, die noch in der Regierung abgestimmt wird, soll am 7. Juni in Kraft treten. Sie setzt auch den Beschluss von Bund und Ländern um, dass ab dann die noch geltende Priorisierung mit einer festen Impfreihenfolge nach Alter, Erkrankungen und Beruf entfällt. Die Verordnung sieht außerdem vor, dass dann auch Privatärztinnen und -ärzte regulär mitimpfen sollen.
Arbeitgeber: „Der Impfstoff kommt jetzt zu den Menschen“
„Mit dem Einsatz der Impfung in den Betrieben kommen jetzt nicht mehr die Menschen zum Impfstoff, sondern der Impfstoff kommt zu den Menschen“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Steffen Kampeter. „Wir hätten uns gefreut, wenn wir unsere Infrastrukturen angesichts der ja noch millionenfach auf Halde liegenden Impfdosen schon früher hätten einsetzen können“, wandte er ein – dass es nun soweit sei, sei aber sehr positiv. „Unsere Bereitschaft ist groß.“
Der Einstieg der Betriebe könnte auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte entlasten – zuletzt berichteten sie teils von einem Ansturm in vielen Praxen. Einige Bundesländer heben oder weichen die Impfreihenfolge nämlich bereits vor dem 7. Juni auf. In Bayern dürfen Haus- und Fachärzte ab Donnerstag unabhängig davon impfen. In Baden-Württemberg ist das schon seit Montag möglich. Hessen will von Juni an die Impf-Registrierung für alle öffnen. Brandenburg hat die Prioritätsgruppe 3 vollständig freigegeben. In Berlin behalten die Praxen zwar die Priorisierung bei, sie dürfen aber abweichen, wenn sie Impfdosen nicht für priorisierte Gruppen verbrauchen könnten.
Ansturm auf Corona-Impfungen in Praxen groß
Viele niedergelassene Ärztinnen und Ärzte würden förmlich überrannt, sagte Ärztepräsident Klaus Reinhardt der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). „Wenn dann nicht alle Impfwilligen unmittelbar zum Zuge kommen, führt das natürlich zu Frust, der leider auch beim Praxispersonal abgeladen wird“. Das belaste und behindere den Praxisbetrieb enorm. Branchenvertretende riefen deshalb zur Zurückhaltung auf und warnten, dass Kapazitäten für Menschen blockiert würden, die nicht wegen Corona kämen.
Aus Sicht von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) ist die geplante Aufhebung der Impfpriorisierung ein „folgerichtiger Schritt“. Mit der Priorisierung sei vielen Älteren, Vorerkrankten und Berufsgruppen geholfen worden, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag im ZDF. Jetzt sei es angesichts ansteigender Impfstofflieferungen im Juni richtig, auch jenseits der Priorisierung allen eine Chance zu geben.
RND/dpa