Chipmangel: Europa muss endlich aktiv werden
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Computerchips werden zur Mangelware.
© Quelle: imago images/Imaginechina-Tuchong
Was sich gerade in der Halbleiterindustrie abspielt, ist ein Lehrstück in Sachen Industriepolitik. Die Lieferengpässe sind mittlerweile so gravierend, dass Volkswirte den für die zweite Jahreshälfte prognostizierten Konjunkturaufschwung in Gefahr sehen. Wie konnte es so weit kommen?
An die Zeiten, als Europa bei der Fertigung der Computerchips führend war, erinnern sich nur noch die Älteren unter uns. Das war in den Neunzigerjahren, als Nokia, Siemens und Ericsson die weltweit führenden Unternehmen in der Mobilfunkbranche waren. Hinzu kamen Firmen, die Computer und reichlich Unterhaltungselektronik herstellten. Als sich der Wettbewerb verschärfte, verschwand ein Großteil davon.
Europa hat mindestens 15 Jahre Rückstand
Die neuen Branchengrößen sind seither in Asien zu Hause. Auch aufgrund massiver staatlicher Subventionen. Sowohl die Verantwortlichen in den nationalen Regierungen als auch in der EU-Kommission legten die Hände in den Schoß – im Vertrauen darauf, dass die „Märkte“ das schon regeln und für eine immer ausreichende Versorgung mit Halbleitern sorgen. Jetzt zeigt sich, dass das nicht geklappt hat.
Europa hat den Anschluss bei den Bauteilen mit integrierten Schaltkreisen längst verloren. Der Know-how-Rückstand bei Hochleistungschips beträgt mindestens 15 Jahre. Aus eigener Kraft kann das nicht mehr aufgeholt werden. Es braucht deshalb gigantische Subventionen (mindestens 8 Milliarden Euro), um allein zwei Chipfabriken auf dem Alten Kontinent anzusiedeln.
Forschung und Entwicklung brauchen Geld
Und das wird bei Weitem nicht genügen. Es muss in Forschung und Entwicklung in ganz großem Stil investiert werden, um künftig mitzuhalten: Chipdesigner braucht es vor allem. Eine europaweite konzertierte Aktion ist nötig, am besten mit dem Geld aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Gelingt das nicht, entsteht eine dauerhafte Gefahr für die wirtschaftliche Entwicklung: Engpässe werden immer wieder drohen. Denn das, was Digitalisierung genannt wird, hat gerade erst begonnen – der Bedarf an Chips wird exponentiell steigen.