Der Booking-Chef sieht „Zombies“ in der Reisebranche
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Für Booking.com geht es derzeit steil bergauf.
© Quelle: Fabian Sommer/dpa
Als die Pandemie begann, sah sich Glenn Fogel die Konkurrenz an. „Ich habe mich gefragt, wie viele Reiseunternehmen in der Corona-Krise verschwinden werden“, sagt der Chef des Touristikkonzerns Booking Holdings im Gespräch mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Aber es ist niemand verschwunden. Es gibt viele Zombie-Unternehmen.“ Sie würden von Investorenkapital oder Staatshilfen am Leben erhalten.
Für den deutschen Konkurrenten Tui, ebenfalls mit Staatshilfe gerettet, findet der Amerikaner aber freundliche Worte: Da hätten Regierung und Konzern gemeinsam verhindert, „dass ein gutes Unternehmen wegen eines externen Schocks untergeht“. Für Tui und andere klassische Reiseveranstalter ist Booking, was Tesla für die Autobranche bedeutet: Angstgegner und Vorbild zugleich.
Weltmarktführer aus Amsterdam
Die Holding hat ihren Sitz in den USA, ihr mit Abstand wichtigstes Unternehmen ist aber in den Niederlanden groß geworden. Die Buchungsplattform Booking.com mit Zentrale in Amsterdam vermittelt Hotelzimmer in mehr als 200 Ländern und ist damit Weltmarktführer mit einem Börsenwert von rund 95 Milliarden Dollar.
Fogel will das Angebot massiv ausbauen. Was er „Connected Trip“ nennt, erinnert an die alte Pauschalreise: alles aus einer Hand. Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Booking vermittelt nur. Das kapital- und personalintensive Betreiben von Hotels und Flugzeugen überlässt der Internetkonzern anderen.
Auch deshalb kam Booking geschäftlich glimpflich durch die Krise. Um leerstehende Hotels mussten sich die Vermittler nicht kümmern, und die eigene Belegschaft schrumpfte Fogel auf die amerikanische Art: Tausende wurden entlassen, im vergangenen Februar hat Booking zudem Servicefunktionen an einen Dienstleister ausgelagert. Immerhin habe es die Entlassungen erst gegeben, als der Arbeitsmarkt schon wieder Alternativen geboten habe, sagt er selbst: „Wir waren bei den Letzten, die Personal abgebaut haben.“
Im ersten Quartal lag der Umsatz mit 2,7 Milliarden Dollar schon mehr als doppelt so hoch wie im coronageplagten Vorjahreszeitraum. Die Buchungen im ersten Quartal stiegen auf 27 Milliarden Dollar, der April brachte einen Monatsrekord. „Die Leute wollen reisen, und jetzt können sie es wieder“, sagt Fogel. Die Nachfrage sei größer als vor der Krise, nach zwei Jahren mehr oder weniger Zwangspause erlebe die Branche einen Ansturm von Kundinnen und Kunden. „Obwohl die Nachfrage aus Osteuropa und China immer noch schwach ist, sind die Sommerbruttobuchungen jetzt 15 Prozent höher als zur gleichen Zeit 2019″, sagt Fogel, in Westeuropa und den USA seien es sogar über 30 Prozent. „Wir hoffen, dass der Trend anhält.“
Nach der Corona-Pandemie will Booking weiter durchstarten
Fogel will den Reiseboom nutzen, um der angeschlagenen Konkurrenz weiter zu enteilen. Booking steht zwar wegen seiner großen Marktmacht jetzt schon unter besonderer Beobachtung der Kartellbehörden, aber der Chef will mehr: Alles rund um die Reise soll über eine Plattform laufen. „Wir haben fast alles im Programm: Hotels, Privatwohnungen, Autovermietung, Chauffeurdienste, Ausflüge, Restaurantreservierungen, Flüge. Das müssen wir zu individuellen Produkten zusammenfügen.“ Der Amerikaner kann wortreich die Leiden der Reisenden beschreiben. „Flug, Hotel, Mietwagen – das läuft alles über unterschiedliche Plattformen. Was für eine Mühsal! Wäre es nicht wunderbar, das alles zusammenzufassen?“
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Für 50 Euro mit dem Zug ans Mittelmeer? Bahn-Experte erklärt, wie es geht
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Vor allem aber soll künstliche Intelligenz den Kundinnen und Kunden selbstständig Service und das Paket anbieten, das zu ihnen passt. „In der Zukunft werden wir die Probleme lösen, bevor sie entstehen“, verspricht Fogel. Dazu gehörten etwa Hinweise auf die aktuelle Wartezeit am Flughafen oder automatische Umbuchungen bei Verzögerungen, aber auch Hinweise auf passende Restaurants in der Nähe. „Bis jetzt hat es noch niemand geschafft, das alles gut zusammenzubinden“, sagt Fogel. „Wir bewegen uns noch in der Steinzeit.“ Das gilt allerdings auch für sein eigenes Unternehmen: „In einem sehr frühen Stadium“ sei die Strategie Connected Trip.
Gebremst werden könnte sie von den Wettbewerbsbehörden. Denn Booking dürfte zu den sogenannten Gatekeepern der digitalen Welt gehören, die in der EU besonders reguliert werden sollen. Fogel spricht sich zwar für Spielregeln aus, fürchtet aber, dass andere durch die Lücken schlüpfen – Konkurrent Expedia zum Beispiel.
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