Betrugsvorwürfe: Wirecard sieht sich entlastet

Die Wirecard-Zentrale in München

Die Wirecard-Zentrale in München

München. Seit Anfang Februar stand der Dax-Aufsteiger Wirecard aus Aschheim bei München unter schweren Verdacht. Manager in Singapur sollen Umsätze erfunden und die Bilanz gefälscht haben, hatte die britische Finanzzeitung „Financial Times“ enthüllt und den Aktienkurs einbrechen lassen. In der Folge musste die deutsche Finanzaufsicht Bafin eingreifen und Spekulationen auf fallende Wirecard-Kurse verbieten.

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Nun liegt ein mit Spannung erwartetes Rechtsgutachten auf dem Tisch, das Wirecard weitgehend entlastet. Die Münchner Konzernzentrale habe sich keiner strafrechtlichen Verfehlungen schuldig gemacht, heißt es darin. Finanzielle Unregelmäßigkeiten beträfen nur kleine Summen, was „einzelne lokale Angestellte in Singapur“ zu verantworten hätten. Diese haben sich nach dortigem Recht möglicherweise strafbar gemacht. Die Untersuchung der Rechtsanwaltskanzlei Rajah & Tann in Singapur hatte Wirecard selbst schon 2018 in Auftrag gegeben.

Die Börse reagierte euphorisch: Binnen weniger Minuten nach Veröffentlichung des Gutachtens schoss die Aktie um ein Viertel auf 125 Euro nach oben. Vor den Verdächtigungen hatte das Papier allerdings bei mehr als 160 Euro notiert. Weil die Erkenntnisse aus dem Rechtsgutachten auch in die Bilanz 2018 einfließen, muss Wirecard zudem die für nächste Woche geplante Bilanzvorlage auf den 25. April verschieben.

Schwere Anschuldigungen in der Financial Times

Die Auswirkungen auf die Zahlen dürften jedoch gering sein. Im Geschäftsjahr 2017 sei ein Umsatz von 2,5 Millionen Euro falsch verbucht worden, was nun rückwirkend korrigiert wird – bei insgesamt 1,5 Milliarden Euro Konzernumsatz in jenem Jahr. 2018 sei zudem ein Vermögensgegenstand im Wert von drei Millionen Euro für einen Zeitraum von einer Woche falsch bilanziert worden. Zudem haben die Rechtsgutachter nicht näher bezeichnete und offenbar angreifbare Vertragsentwürfe entdeckt, die aber mit Ausnahme einer einzelnen Transaktion über 63 000 Euro nie in den Wirecard-Büchern landeten.

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Komplett verleumderisch, wie von Wirecard stets behauptet, waren die Berichte der "Financial Times" damit zwar nicht. Sie stellen sich nach der Untersuchung aber eher als Sturm im Wasserglas dar. Hinweise auf Korruption hat Rajah & Tann auch nicht gefunden. Eine Zusammenfassung des Berichts der Rechtsanwaltskanzlei hat Wirecard im Internet veröffentlicht.

Zudem betonen die Münchner, dass sich durch die neuen Erkenntnisse an bisherigen Prognosen für das laufende Jahr nichts ändert. Hier planen die Münchner einen operativen Gewinn von 740 bis 800 Millionen Euro. 2017 lag der bei 412 Millionen Euro.

Komplett aufgearbeitet sind die Vorgänge damit aber noch nicht. Immerhin ermitteln weiterhin Bafin und Staatsanwälte – allerdings nicht gegen das Unternehmen. Wirecard soll mit der Drohung negativer Berichterstattung erpresst worden sein.

Auch hat die Aktie noch längst nicht alle Verluste aufgeholt, die durch die Affäre entstanden sind. Eine Hoffnung von Wirecard-Chef Markus Braun könnte sich aber nun erfüllen: Er wolle sich endlich wieder auf das operative Geschäfts konzentrieren können, hatte er jüngst erklärt.

Von Thomas Magenheim

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