Banken kämpfen um den Datenschatz der Schufa

Die Auskunftei Schufa.

Die Auskunftei Schufa.

Hannover. Die Schufa-Eigentümer pokern um die Zukunft der Kreditauskunftei. Der schwedische Finanzinvestor EQT will das Unternehmen kaufen, aber die aktuellen Eigentümer – vor allem Banken und Sparkassen – sind zerstritten. Während einige für das angeblich milliardenschwere Angebot offen sind und sich zum Teil schon mit EQT einig sein sollen, halten vor allem die Genossenschaftsbanken dagegen und wollen eine Mehrheit gegen den Investor organisieren.

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In der Politik sieht man den möglichen Verkauf mit Sorge. „Die Schufa wurde nicht gegründet, um Daten gewinnbringend zu verwerten“, sagte Jens Zimmermann, Digitalexperte der SPD-Bundestagsfraktion, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Datenschutz spiele bei dem Unternehmen eine zentrale Rolle, „das kann noch ein Fall für die Politik werden“.

„Die Schufa ist immer wieder ins Gerede gekommen“, sagte Tabea Rößner (Grüne), Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag, dem RND. Sie lehnt einen Verkauf an EQT zwar nicht grundsätzlich ab, aber „die Frage ist, was für ein Geschäftsmodell dahintersteckt“. Rößner fordert grundsätzlich strengere Kontrolle der Auskunfteien: „Es gibt gesetzlichen Regulierungsbedarf.“

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Die Schufa wurde 1927 als Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung gegründet und war lange Zeit ein Verein. Sie sollte Unternehmen vor Zahlungsausfällen schützen. Inzwischen spielt sie eine zentrale Rolle im Onlinehandel und Onlinebanking, wo sich die Geschäftspartner in der Regel nicht persönlich kennen. Deshalb werden Daten über Zahlungsverhalten und Lebensumstände gesammelt, um die Bonität einzelner Kunden in einem sogenannten Score zusammenzufassen.

Die Schufa als weitaus größter Anbieter in Deutschland gibt jährlich rund 170 Millionen solcher Auskünfte an 10.000 Unternehmen. Im vergangenen Jahr hat die Schufa Holding AG damit 233 Millionen Euro Umsatz gemacht und 40 Millionen Euro Jahresüberschuss. Das Unternehmen ist also höchst profitabel, der angeblich gebotene Preis ist dennoch üppig: Laut Medienberichten wird das gesamte Unternehmen mit 2 Milliarden Euro bewertet. EQT äußert sich dazu nicht.

Vor einer Woche stufenweise Übernahme beantragt

Offiziell bekannt sind die Pläne nur durch eine Pflichtveröffentlichung des Bundeskartellamts. EQT hat demnach vor einer Woche die stufenweise Übernahme von bis zu 100 Prozent der Schufa-Anteile beantragt. Dass das kein Selbstläufer wird, zeigt allerdings ein zweiter Eintrag vom gleichen Tag: Auch die Nürnberger Teambank AG will sich den Kauf einer Schufa-Beteiligung genehmigen lassen – allerdings geht es nur um einen Minderheitsanteil.

Hinter der Teambank, die vor allem durch die Marke Easycredit bekannt ist, steht der Genossenschaftssektor, also die Volks- und Raiffeisenbanken. Die Schufa sei „als ganz wesentlicher Datenlieferant von hoher strategischer Bedeutung“, sagte eine Teambank-Sprecherin dem RND. Dem Institut gehören knapp 18 Prozent der Schufa-Anteile. Insgesamt kommen Genossenschaften und Sparkassensektor gemeinsam auf knapp die Hälfte. Sie wollen dem Vernehmen nach auf eine Mehrheit aufstocken, um die Kontrolle zu behalten.

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Andere sind dagegen offenbar verkaufswillig. So soll die die französische Großbank Societe Generale ihre rund 10 Prozent bereits EQT angeboten haben – allerdings haben andere Gesellschafter Vorkaufsrechte. Unter den deutschen Privatbanken halten Commerzbank und Deutsche Bank insgesamt 18 Prozent. Zu EQT und einem möglichen Verkauf gebe man keinen Kommentar, sagte ein Sprecher der Commerzbank. Der Erlös dürfte für die Institute nach vielen Krisenjahren attraktiv sein – vorausgesetzt, sie können sich auch unter EQT-Regie an den Schufa-Daten bedienen. Für die Teambank dagegen haben diese Daten und vor allem ihre Verfügbarkeit bei einem neutralen Anbieter „hohe strategische Bedeutung“.

EQT setzt offenbar auf die wachsende Bedeutung der Scoring-Anbieter bei Geschäften im Internet und soll vor allem eine internationale Expansion planen. Die Schweden hätten sich bereits im vergangenen Sommer bei deutschen Datenschützern und Politikern umgetan, um die Stimmung zu testen, berichten mehrere Insider. Demnach versprechen sie unter anderem mehr Transparenz als die bisherigen Eigentümer.

Die Schufa geriet in den vergangenen Jahren immer wieder in die Kritik, weil die Kriterien des Scoring von außen nicht nachvollziehbar sind. Bürger können zwar ihre Einträge und Bewertung abrufen, wissen deshalb aber noch nicht, wie diese zustande gekommen sind – warum sie also unter Umständen eine schlechtere Bonität haben und deshalb mehr Zinsen für einen Kredit zahlen müssen.

Im Herbst 2020 etwa wurde bekannt, dass die Schufa zusammen mit der Auskunftei CRIF Bürgel Vertragsdaten von Strom- und Gaskunden auswerten wolle. So sollten Energieversorger „Bonushopper“ identifizieren können, die oft den Anbieter wechseln, um jedes Mal den Neukundenbonus mitzunehmen.

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