Streik legt Bahnverkehr für 50 Stunden lahm: So ist die aktuelle Lage
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Information zum Streik der EVG ab Sonntagabend werden auf einer Anzeigentafel am Hauptbahnhof in Hamburg angezeigt.
© Quelle: Bodo Marks/Bodo Marks/dpa
Das letzte Ultimatum ist abgelaufen, inzwischen ist klar: Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG hält an ihrem geplanten 50-Stunden-Warnstreik auf der Schiene fest. Von Sonntagabend, 22.00 Uhr, bis Dienstagabend, 24.00 Uhr, sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgerufen, die Arbeit niederzulegen und so den Bahnbetrieb lahmzulegen. Die Deutsche Bahn (DB) hat bereits angekündigt, dass für diesen Zeitraum der komplette Fernverkehr eingestellt wird, auch die Regionalzüge werden voraussichtlich fast alle ausfallen. Die aktuelle Situation auf den Schienen und in deutschen Bahnhöfen begleiten wir an dieser Stelle im Liveticker.
Streik im Liveticker: Wie ist die aktuelle Situation?
Wann geht der Streik los, wann endet er und was sind die Auswirkungen?
Der Warnstreik beginnt am späten Sonntagabend um 22 Uhr, angesetzt ist er bis Dienstagabend, 24 Uhr. Zum Warnstreik aufgerufen sind alle Berufsgruppen bei der Bahn - also auch die Mitarbeiter an den Stellwerken, die den gesamten Bahnverkehr auf dem deutschen Schienennetz koordinieren. Dadurch hat der Warnstreik sehr große Auswirkungen - er wird absehbar auch Bahn-Unternehmen treffen, die am Tarifkonflikt gar nicht beteiligt sind. Auch der Güterverkehr dürfte weitgehend zum Erliegen kommen.
Die Bahn geht von Sonntagabend an von „massiven Auswirkungen“ auf den gesamten deutschen Bahnbetrieb aus. „Es muss außerdem mit erheblichen Auswirkungen auf den gesamteuropäischen Güterverkehr gerechnet werden“, hieß es. Sechs von zehn europäischen Frachtkorridoren führten über das deutsche Schienennetz. Der Konzern kündigte im Personenverkehr umfangreiche Kulanzregelungen für die betroffenen Fahrgäste an.
Streik: Worum geht es bei der Bahn?
Die EVG kämpft mit rund 50 Eisenbahnunternehmen um mehr Geld für insgesamt rund 230.000 Beschäftigte. Besonders im Blick: die Deutsche Bahn. Die Gewerkschaft will bei den Verhandlungen mindestens 650 Euro mehr im Monat für die Beschäftigten herausholen oder zwölf Prozent bei den oberen Einkommen, bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Die Deutsche Bahn will sich hingegen am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren, der Ende April erzielt wurde.
Daran angelehnt hat der bundeseigene Konzern zunächst einen steuer- und abgabenfreien Inflationsausgleich in mehreren Stufen von insgesamt 2850 Euro vorgeschlagen. Darüber hinaus sollen Löhne und Gehälter ab März 2024 stufenweise erhöht werden - um insgesamt zehn Prozent für die unteren und mittleren sowie um acht Prozent für die oberen Lohngruppen. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.
Ein entscheidender Knackpunkt bei den Verhandlungen war zuletzt der gesetzliche Mindestlohn: Rund 2000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der DB nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. Etwaige Verhandlungsergebnisse würden dann auf diese zwölf Euro angerechnet. Einen Vorschlag der Bahn, mit dem die 12 Euro rückwirkend zum März dieses Jahres in die Tabellen aufgenommen werden sollten, wies die Gewerkschaft diese Woche zurück.
Wie reagierte die Bahn auf die neue Streikankündigung?
Der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, kritisierte den angekündigten Arbeitskampf am Donnerstag als „irrsinnig“ und „restlos überzogen“. „Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung“, teilte er mit.
Wie liefen die Bahn-Tarifverhandlungen bislang und welche Streiks gab es?
Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar. Es ist der dritte bundesweite Warnstreik, zu dem die EVG seither aufruft. Im März legte sie gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi große Teile des öffentlichen Verkehrs inklusive der meisten Flughäfen für einen Tag lahm. Der zweite Ausstand beschränkte sich im April auf einen Zeitraum von acht Stunden, sorgte aber ebenfalls für viele Ausfälle vor allem im Fernverkehr. Auf den Autobahnen blieben befürchtete zusätzliche Staus jedoch aus.
Wird es weitere große Streiktage bei der Bahn geben?
Das ist möglich, zurzeit aber nicht absehbar. Wenn wird es weitere Streiks aber vermutlich erst nach der nächsten Verhandlungsrunde geben - die ist für Ende Mai angesetzt. Sollten sich EVG und Bahnunternehmen dann erneut nicht entscheidend annähern, könnten weitere Streiks folgen.
Ist der Streik rechtens?
Das Recht zur Bildung von Gewerkschaften ist im Grundgesetz festgeschrieben, Arbeitskämpfe sind rechtlich geschützt. Auch die Bundesregierung verwies in der Vergangenheit auf das Grundrecht auf Streik. Warnstreiks bei der Bahn sind also nach dem Ende der Friedenspflicht rechtens.
RND/dpa/seb