Bad Belzig: Stadtwerkechef sorgt mit waghalsigen Geschäften für Schäden in Millionenhöhe
Die Stadtwerke Bad Belzig haben Insolvenz angemeldet. Der Grund: Schäden in Millionenhöhe wegen spekulativer Geschäfte des inzwischen entlassenen Stadtwerkechefs.
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Bad Belzig. Mit Leerverkäufen und der versäumten Beschaffung von Strom und Gas soll der inzwischen entlassene Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Belzig GmbH (SWBB), Hüseyin Evelek, das kommunale Unternehmen in die Insolvenz getrieben haben. Das berichtet die „Märkische Allgemeine Zeitung“ (MAZ). Er soll hochriskante Warentermingeschäfte an der Europäischen Energiebörse (EEX) in Leipzig abgeschlossen und damit einen Schaden von bis zu 22,5 Millionen Euro verursacht haben.
Er habe „mutmaßlich grob pflichtwidrig“ gehandelt, so die Anwälte der Stadtwerke gegenüber der „MAZ“, und das Unternehmen „in eine existenzbedrohende wirtschaftliche Schieflage“ gebracht. Der ehemalige Geschäftsführer soll im vorigen Jahr an der Energiebörse auf fallende Strompreise bis zum Jahresende gewettet haben. Damit habe er Strom zu einem festgelegten, niedrigen Preis verkauft und sich verpflichtet, diesen bis Jahresanfang zu liefern. Aufgrund des enormen Preisanstiegs müsste die SWBB nun für deutlich mehr Geld Strom ankaufen und liefern, als sie verdienen würde. Der größte Gläubiger ist dabei nach Informationen der „MAZ“ der schwedische Staatskonzern Vattenfall. Dieser habe keine Kenntnis darüber gehabt, dass es sich um Leerverkäufe gehandelt habe, so ein Sprecher gegenüber der „MAZ“.
Ehemaliger Abteilungsleiter der Stadtwerke Bad Belzig belastet den Aufsichtsrat
Bad Belzigs Bürgermeister, Roland Leisegang (parteilos), zufolge seien die kommissarischen Geschäftsführer der Stadtwerke am 22. November 2021 bei der Sichtung der Unterlagen und Datenspeicher auf die Warengeschäfte aufmerksam geworden. Sie seien ein Verstoß gegen das Risikohandbuch und zu keinem Zeitpunkt vom Aufsichtsrat, dem der Bürgermeister angehört, genehmigt worden.
Der ehemalige Leiter der Abteilung Energiewirtschaft der SSWB belastete nun den Aufsichtsrat. Nicht erst im November 2021, sondern bereits seit 2019 habe der Aufsichtsrat von den Spekulationsgeschäften des ehemaligen Stadtwerkechefs gewusst.
Spätestens als der ehemalige Abteilungsleiter um einen Aufhebungsvertrag im Februar 2020 gebeten habe, hätte der Aufsichtsrat aufhorchen müssen. Denn: Er begründete seine Bitte mit dem Fehlen des bis dato gängigen Vier-Augen-Prinzips bei der Energiebeschaffung zwischen dem Abteilungsleiter und dem Geschäftsführer. Infolgedessen erhielt der Abteilungsleiter eine betriebsbedingte Kündigung von dem Stadtwerkechef.
Das Nachsehen haben jetzt die Kunden der Stadtwerke Bad Belzig GmbH. Wegen der Spekulationsverluste und der versäumten Energieeinkäufe müssen sie deutlich mehr zahlen. Die Staatsanwaltschaft Potsdam prüft den Anfangsverdacht der Untreue gegen den früheren Geschäftsführer. Ein reguläres Ermittlungsverfahren ist noch nicht eröffnet worden. Zudem steht die Frage im Raum, ob möglicherweise ein Organisationsverschulden des Bürgermeisters in dieser Angelegenheit vorliegt. Mit seinem Amt hat er die Pflicht, die Abläufe in der Kommune so zu organisieren, dass Schäden gar nicht erst entstehen.
RND/jle