Bei Airbus wird das Kriegsbeil begraben: Kündigungen bis 2030 ausgeschlossen
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Mitglieder der IG Metall stehen Anfang Dezember 2021 mit Transparenten und Schildern vor einem Werkstor von Airbus in Hamburg-Finkenwerder. Nun ist der monatelange Streit um eine neue Werksstruktur in Deutschland beendet.
© Quelle: Bodo Marks/dpa
München. Die finale Runde hatte es in sich. „Wir haben 18 Stunden durchverhandelt, es war eine harte Auseinandersetzung“, sagt der etwas übernächtigt wirkende IG-Metall-Chef Küste, Daniel Friedrich, am Dienstagmorgen.
Kurz zuvor hatten er und Airbus-Manager in Hamburg die Ergebnisse ihrer Gespräche schriftlich besiegelt. Sie betreffen derzeit über 25.000 hierzulande beim Luft- und Raumfahrtkonzern Beschäftigte, für die nun nicht nur bis Ende 2030 betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen sind. Alle acht deutschen Standorte sind zudem bis dahin gesichert. Ein Aufbau von gut 3000 bis gut 4000 Stellen steht außerdem bevor, um den Hochlauf der Flugzeugproduktion, nach pandemiebedingter Notbremsung zu sichern.
Auch für den Bau von Kleinteilen, der in den Werken der heutigen Airbus-Tochter Premium Aerotec im bayerischen Augsburg und niedersächsischen Varel mit insgesamt 3500 Arbeitsplätzen konzentriert ist, wurde eine Lösung gefunden. Der unter dem Markennamen Mubea firmierende Autozulieferer Muhr und Bender aus Nordrhein-Westfalen soll Premium Aerotec übernehmen. Der familiengeführte Mittelständler beschäftigt weltweit rund 14.000 Mitarbeitende und will sich ein zweites Standbein in der Flugzeugindustrie aufbauen. Airbus-Manager vertrauen auf ihn.
Mubea wolle sowohl im Automobilbau als auch in der Flugzeugbranche wachsen und bringe dadurch neue Arbeitspakete für die Beschäftigten von Premium Aerotec in Augsburg und Varel mit, was deren Arbeitsplätze sicherer mache, betonte Airbus-Konzernpersonalleiter Lars Immisch.
Auch Betriebsräte und Gewerkschafter gehen davon aus, dass die Jobs in Augsburg und Varel damit sicherer sein könnten als bei einem Verbleib unter dem Airbus-Dach. Der ist zwar als Plan B nicht vom Tisch, falls die Gespräche mit Mubea scheitern sollten. Aber derzeit stehen die Zeichen auf Übernahme.
Blockade durch Streit um Zukunft der Kleinteilefertigung
Damit ist auch der Weg für Größeres frei. Denn der Streit um die Zukunft der Kleinteilefertigung hatte die Neuordnung des Airbus-Werksverbunds in Deutschland blockiert, der bei Airbus in Frankreich längst beschlossen ist. Dort hat mit Jahresbeginn eine neue Konzerntochter zur Montage von Flugzeugrümpfen namens Airbus Atlantic den Betrieb aufgenommen, dem nun Anfang Juli 2022 eine entsprechende Einheit in Deutschland folgen soll.
In diesen neuen, zum Kerngeschäft zählenden Werksverbünden diesseits und jenseits des Rheins will Airbus bis 2035 das emissionsfreie Flugzeug der Zukunft entwickeln und bauen.
Für die konzerninterne Verteilung der Arbeitsanteile ist die jetzige Einigung zwischen Management, Belegschaft und IG Metall entscheidend. „Dies ist ein wichtiger Schritt in Richtung unseres Ziels, Pionier einer nachhaltigen Luftfahrt zu werden“, betont Airbus-Finanzchef Dominik Asam.
Die Vereinbarung stärke zudem die Rolle Deutschlands innerhalb von Airbus in Europa auf Jahrzehnte. Die Neuordnung der Fabriken europaweit soll Kostenvorteile bringen und unmittelbaren Zugriff auf dort entwickelte Technologien. Emissionsfreie Flugzeuge der Zukunft auf Basis von Wasserstoffantrieben benötigen eine weitgehende Neuplanung der Architektur, was ein gehöriges Risiko beinhaltet.
Die Einzelteilfertigung in Varel und Augsburg sieht Airbus dagegen nicht mehr als Kerngeschäft an. Der Konzern hat sich aber bereits zum Schlüsselkunden von Mubea erklärt, falls der Mittelständler die Übernahme der Kleinteilefertigung erreicht. Das ist von einer Zustimmung des Betriebsrats und der IG Metall abhängig und soll bis Ende März geklärt sein. Sollte die Übernahme scheitern, würden die beiden Standorte ertüchtigt, unter dem Dach von Airbus zu bleiben, was dann wohl einen größeren Stellenabbau zur Folge hätte.