5G-Technik und Glasfaserkabel: Wie die Telekom sich für die Zukunft rüstet
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Nach der Übernahme des US-Konkurrenten Sprint hat die Deutsche Telekom erstmals in ihrer Geschichte einen dreistelligen Milliardenumsatz gemacht.
© Quelle: Oliver Berg/dpa
Das Timing stimmt: Telekom-Chef Tim Höttges hat die Präsentation von Rekordzahlen genutzt, um auf grundlegende Probleme in seiner Branche hinzuweisen. „Die Industrie leidet an Verschuldung”, sagte er am Freitag. Die Unternehmen müssten bei niedrigeren Umsätzen pro Kunde mehr investieren. Als Ausweg aus der Zwickmühle hält der Manager eine Konsolidierung in Europa für eine „ökonomische Notwendigkeit”. Das ist nichts Geringeres als die Ankündigung von Übernahmen im großen Stil. Konkret wollte der Manager allerdings noch nicht werden.
Nach einer wilden Phase von Akquisitionen vor gut zwei Jahrzehnten hatte sich die Sache mit dem Kaufen und Verkaufen von Firmen in der jüngeren Vergangenheit stark beruhigt. Jetzt geht es offenbar wieder los. Hintergrund: Mit schierer Größe soll es gelingen, die viel beschworenen Synergien zu erzeugen, also Kostensenkungen etwa beim Einkauf von Technik und beim Ausbau von Netzen. Darum dürfte es auch für die Deutsche Telekom in den nächsten Jahren schwerpunktmäßig gehen. Dafür müssen die Bonner im Mobilfunk hierzulande und bei vielen Töchtern in Europa die neue 5G-Technik installieren.
Glasfaser statt Kupferdraht
Noch mühsamer dürfte es im Festnetzgeschäft werden, wo die Leute vom Magenta-Konzern endlich das Glasfaserkabel in die Hand nehmen – jahrelang hatte der Vorstand auf das Aufbohren der alten Telefonleitungen aus Kupferdraht und auf den DSL-Standard gesetzt. Allianzen spielen bei Glasfaser eine wichtige Rolle, hierzulande vor allem mit Töchtern von Stadtwerken: Diese sind vor allem beim Verlegen der neuen Kabel im Erdreich höchst willkommen. Gerade haben die Bonner ihre Zusammenarbeit mit dem Stadtnetzbetreiber Netcologne für die Region Köln und den Großraum Aachen noch enger geknüpft. Weitere Kooperationen werden folgen. Auch im Ausland soll das passieren. In Tschechien und Polen laufen bereits Verhandlungen.
Die Telekom muss sich beeilen, Wettbewerber wie Vodafone haben einen gehörigen Vorsprung, und die Glasfaser ist längst der Goldstandard der Branche – die Leitungen erlauben Übertragungsraten von mehr als ein Gigabit (1000 Megabit) pro Sekunde, um ruckelfreie Videokonferenzen oder Onlinegaming zu ermöglichen. DSL schafft nur etwa ein Viertel der Geschwindigkeit.
101 Milliarden Euro Jahresumsatz
Hinzu kommt für Höttges und seine Mitstreiter der US-Markt. Dort gibt es einen harten Dreikampf im Mobilfunk: T-Mobile US gegen Verizon gegen AT&T. In die 5G-Netze der Tochter jenseits des Atlantiks haben die Bonner zuletzt mächtig investiert. Das Ergebnis: T-Mobile wächst schneller als die Konkurrenten. Und der US-Ableger ist inzwischen der mit weitem Abstand wichtigste Umsatz- und Gewinnbringer des Konzerns – im Frühjahr 2020 hatte er sich den Ex-Rivalen Sprint einverleibt. Das hat die Erlöse fürs Gesamtjahr um mehr als 50 Prozent auf umgerechnet rund 61 Milliarden Euro hochschießen lassen. Beim Gewinn aus der betrieblichen Tätigkeit gab es sogar ein Plus von fast 90 Prozent auf knapp 21 Milliarden Euro.
5G: Der Mobilfunkstandard der Zukunft
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© Quelle: AFP
Dieses Wachstum war der Hauptfaktor dafür, dass die Telekom insgesamt erstmals einen dreistelligen Milliardenbetrag in einem Geschäftsjahr umgesetzt hat: 101 Milliarden Euro waren es genau. Der Gewinn konnte mit 5,7 Milliarden unterm Strich ebenfalls kräftig wachsen.
Schulden steigen auch
Die Erfolge wurden aber teuer erkauft. Die Schulden sind wegen des Sprint-Deals binnen Jahresfrist von 76 auf 120 Milliarden Euro massiv angewachsen. Und dabei besitzen die Deutschen nur 43,4 Prozent der Aktien von T-Mobile. Zwar verfügen sie dank eines Vertrages mit dem Großaktionär Softbank, Ex-Eigner von Sprint, noch über die Stimmenmehrheit. Doch diese Vereinbarung läuft aber demnächst aus. Weitere rund 11 Milliarden Euro würde es kosten, um sich die Mehrheit zu sichern und dauerhaft durchregieren zu können.
Hinzu kommt, dass in den USA weiterhin viel Geld in die Hand genommen wird. Schließlich will das Management in diesem Jahr mindestens weitere vier Millionen neue Kunden gewinnen (Ende 2020 waren es 102 Millionen). In der Vergangenheit kursierten bereits Vermutungen, dass die Telekom weniger rentable Töchter in Europa oder die Großkundensparte T-Systems – eine Dauerbaustelle - abstößt, um sichereren Boden unter die Füße zu bekommen. Was einem massiven Umbau des gesamten Konzerns gleichkäme. Das alles illustriert, was Höttges’ Rede vom Leiden an Verschuldung für sein eigenes Unternehmen bedeutet.
Telekom-Geschäft stagniert hierzulande
Und das heimische Geschäft (Umsatz 2020: 23,7 Milliarden Euro) stagniert. Zwar stehen auf der Habenseite mehr Kunden, die Breitanschlüsse abonniert haben. Aber im Mobilfunkgeschäft schrumpften die Serviceumsätze; das sind Einnahmen aus Telefonminuten und Datennutzung. Zu den Ursachen zählten laut Telekom pandemiebedingte Rückgänge beim Roaming (dem Zusammenschalten mit ausländischen Netzen) wegen geringerer Reisetätigkeit. Aber da schlägt auch der harte Wettbewerb um Kundschaft durch, der die von Höttges erwähnten niedrigeren Einnahmen pro Nutzer mit sich bringt.
Die ungleiche Entwicklung in Deutschland und in den USA hat dazu geführt, dass das Auslandsgeschäft noch einmal merklich an Bedeutung gewonnen hat. Es steht mittlerweile für gut drei Viertel des Umsatzes. Zugleich ist die Deutsche Telekom noch immer zu einem Drittel im Besitz des deutschen Staats. Zuletzt gab es von Ökonomen und Politikern aus den Reihen der Bundestags-Opposition wieder häufiger die Forderung, die Anteile zu verkaufen. Die Bundesregierung will davon aber nichts wissen.