2020 bis zu 9 Prozent mehr: So verteuern EEG-Umlage und Co. den Strom

Der Klimaschutz lässt die Strompreise steigen – was auch an der Bundesregierung liegt.

Der Klimaschutz lässt die Strompreise steigen – was auch an der Bundesregierung liegt.

Strom wird im nächsten Jahr deutlich teurer – nicht nur, weil die Verbraucher mehr für die Förderung der Erneuerbaren zahlen müssen. Dabei will die Bundesregierung die elektrische Energie eigentlich billiger machen, um den Klimaschutz voranzubringen. Wir erläutern, wie diese Schieflage zustande kommt und wie sie behoben werden kann.

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Was wissen wir schon über die Strompreise im nächsten Jahr?

Die Bundesnetzagentur (BnetzA) hat am Dienstag bekannt gegeben, dass die EEG-Umlage 2020 um gut 5 Prozent auf 6,756 Cent pro Kilowattstunde steigen wird. Bislang waren es 6,405 Cent. Ein neuer Rekord. Haushalte müssen mit der Stromrechnung diese Umlage zahlen. Sie war zuletzt zweimal gesenkt worden. Das Geld wird zur Förderung von Sonnen- und Windstrom und anderen regenativen Energieträgern verwendet. Grund für die Steigerung ist laut BnetzA vor allem, dass bei Windparks im Meer, die derzeit in Betrieb genommen werden, hohe, gesetzlich garantierte Vergütungen gezahlt werden, und zwar für jede Kilowattstunde, die die Anlagen ins Netz einspeisen.

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Wie macht sich das für die Stromkunden bemerkbar?

Die EEG-Umlage steht für knapp ein Viertel des Gesamtpreises beim Strom. Ein weiteres Viertel machen die Gebühren für die Nutzung des Netzes aus. Auch hier zeichnet sich ein spürbarer Anstieg ab. Nach aktuellem Stand müssen Haushalte mit einem Verbrauch von 4000 Kilowattstunden im Bundesdurchschnitt mit einem Plus von 16 Euro auf 293 Euro (ohne Mehrwertsteuer) im nächsten Jahr rechnen. Wobei die Aufschläge unterschiedlich hoch ausfallen. Unter anderem in Niedersachsen werde das Plus mit 8 Prozent besonders stark zu Buche schlagen. In Brandenburg gebe es hingegen nur eine Verteuerung von 2 Prozent. So die Berechnungen des Verbraucherportals Verivox, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland exklusiv vorliegen.

Gibt es weitere Posten, die die Strompreise steigen lassen?

Auch die Kosten der Versorger für den Stromeinkauf werden steigen. Denn die Notierungen an den Strombörsen sind gestiegen. So kann insgesamt gut und gern ein Plus von 5 Prozent zusammenkommen. Der Verivox-Energieexperte Valerian Vogel rechnet damit, dass „eine Familie mit Mehrkosten von bis zu 60 Euro im Jahr“ rechnen muss.

Was können Verbraucher tun?

Erhöht der Versorger die Preise, kann der Kunde den Stromliefervertrag kündigen und sich einen preiswerteren Anbieter suchen. Laut Verivox sind die Preisunterschiede zwischen den Standardtarifen und Discountofferten zuletzt immer stärker gestiegen. Allerdings sollten sich Verbraucher vor einem Wechsel das Kleingedruckte in den Verträgen genau anschauen. Nicht selten gibt es Fallen, die sehr teuer werden können.

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Welche Rolle spielt die Politik bei den Strompreisen?

Eine entscheidende. Nach Berechnungen des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) werden Verbraucher durch Steuern, Abgaben und Umlagen belastet, die insgesamt rund 53 Prozent des Strompreises ausmachen. Und dabei sind die Netzgebühren noch gar nicht berücksichtigt. Strombeschaffung und Vertrieb haben einen Anteil von nur 23 Prozent. Die hohen Lasten führen dazu, dass in kaum einem anderen Land in Europa elektrische Energie so teuer ist wie hierzulande.

Wie passen diese Entwicklungen zum Klimaschutz?

Überhaupt nicht. Die Bundesregierung hat sich in ihrem gerade beschlossenen Klimaschutzprogramm zwar ganz offiziell eine „Senkung der Stromkosten“ zum Ziel gesetzt – dies soll unter anderem Elektroautos und Wärmepumpen fürs Beheizen von Gebäuden attraktiver machen –, allerdings fallen die bislang geplanten Maßnahmen sehr bescheiden aus. So soll die EEG-Umlage 2021 um 0,25 Cent pro Kilowattstunde, 2022 um 0,5 Cent und 2023 um 0,625 Cent gesenkt werden. Das Kabinett hält sich offen, „andere staatlich induzierte Preisbestandteile“ schrittweise aus den Einnahmen zu bezahlen, die mit der Bepreisung von Kohlendioxidemissionen in den Sektoren Verkehr und Wärme erzielt werden.

Werden Verbraucher von den geplanten Maßnahmen der Bundesregierung überhaupt etwas merken?

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Viele Experten und Verbände kritisieren die zaghaften Schritte. So betonte der Bundesverband Neue Energiewirtschaft (BNE) am Dienstag, dass die geplante Senkung der EEG-Umlage „geradezu lächerlich“ sei und verpuffen werde, ohne eine Wirkung zu entfalten.

Wie könnte der Strompreis spürbar gemindert werden?

Zahlreiche Vorschläge liegen auf dem Tisch. So machen sich der BDEW, Umweltverbände und auch der BNE dafür stark, die Stromsteuer (2,05 pro Kilowattstunde) auf den minimal zulässigen Wert der EU zu senken. Die Abgabenlast würde um zwei Cent sinken und einen Durchschnittshaushalt um gut 80 Euro pro Jahr entlasten. Der BNE fordert überdies, „Privilegierungen“ bei der EEG-Umlage aus dem Strompreis herauszunehmen. Gemeint sind damit Unternehmen, die sich wegen ihres hohen Energieverbrauchs von der Umlage befreien lassen können. Derzeit führt dies dazu, dass insbesondere die privaten Haushalte eine höhere finanzielle Last tragen müssen. Allein hierbei geht es aktuell um ein jährliches Volumen von 4,5 Milliarden Euro.

Wie können Entlastungen für Stromkunden finanziert werden?

Naheliegend wäre, das Geld dafür aus den Einnahmen der geplanten CO₂-Bepreisung zu finanzieren. Um dies stemmen zu können, müssten die Werte aber deutlich höher liegen, als es aktuell geplant ist: Die Bundesregierung will 2021 mit zehn Euro pro Tonne beginnen und den Wert bis 2025 auf 35 Euro erhöhen. Höhere CO₂-Preise würden zugleich bedeuten, dass Benzin und Diesel, Erdgas und Heizöl entsprechend teurer würden. Eine Alternative wäre, die Reduzierung der Strompreise über den Staatshaushalt zu finanzieren. Das könnte dann zwar auf zusätzliche Schulden hinauslaufen, was derzeit dem Staat aber sogar Geld bringen würde, da die Anleger für deutsche Staatsanleihen Negativzinsen zahlen, also Gebühren dafür, dass sie die Papiere erwerben dürfen. Doch dies hat die Bundesregierung zum Tabu erklärt. Die schwarze Null, keine Netto-Neuverschuldung, soll stehen.

RND

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