Iran gegen USA bei der WM 2022: die politischste Partie der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar

Unten auf dem Feld drückten die Fußballer ihre Gesichter in den Rasen, um ihrem Gott zu danken, oben auf den Rängen fielen sich Männer mit nackten Oberkörpern in die Arme, aufgeputscht durch Erleichterung, Freude und Fassungslosigkeit. Der Iran hatte stark gespielt beim zweiten WM-Auftritt gegen Wales, doch bis der Ball endlich im Tor untergebracht war, dauerte es bis tief in die Nachspielzeit. Dann allerdings trafen die Iraner gleich doppelt ins Ziel. Roozbeh Cheshmi und Ramin Rezaeian erwirtschafteten mit ihren Toren in der achten und elften Minute der Nachspielzeit am vergangenen Freitag den 2:0-Erfolg gegen Wales und versetzten ihre Mannschaft damit in die Lage, am heutigen Dienstag (20 Uhr, ARD und Magenta TV) gegen die USA zum ersten Mal ein WM-Achtelfinale zu erreichen. Ein Sieg würde in jedem Fall reichen, ein Remis wahrscheinlich. Die US-Amerikaner müssen gewinnen, um im Turnier zu bleiben. Es ist ein Finale ums Weiterkommen, und es ist die politischste Partie dieser WM. Das Treffen zwischen den USA und dem Iran zieht seine Brisanz nicht nur aus der sportlichen Ausgangslage, sondern auch aus den globalen Rahmenbedingungen. Die Paarung beweist wieder einmal, dass sich Fußball und Politik nicht trennen lassen, auch wenn die Fifa und ihr Präsident Gianni Infantino diese These ohne Unterlass propagieren. Die beiden Länder sind geopolitische Rivalen, seit mehr als 40 Jahren gibt es zwischen ihnen keine diplomatischen Beziehungen. Der Iran sieht die USA als „großen Satan“, für die USA ist der Iran Teil der „Achse des Bösen“. In Katar messen sich die beiden Länder zum zweiten Mal bei einem Turnier. Die erste Begegnung gab es bei der WM 1998 in Frankreich, im Vorrundenspiel im Stade Gerland in Lyon, der Iran gewann 2:1 durch ein Tor des ehemaligen Bundesliga-Profis Mehdi Mahdavikia. Vor Anpfiff überreichten die iranischen Spieler ihren US-amerikanischen Kontrahenten weiße Rosen als Zeichen der Versöhnung. Die Mannschaften machten ein gemeinsames Foto. Es sollte ein Symbol dafür sein, dass Sport politische Gräben überwinden kann. Ob das Wiedersehen in Katar solche Szenen der Eintracht produzieren wird, muss bezweifelt werden, denn die Spannungen zwischen den USA und dem Iran haben noch einmal zugenommen im Vorlauf auf die Partie. Das hat mit Weltpolitik ebenso zu tun wie mit – Jürgen Klinsmann. Der einstige Bundestrainer, der von 2011 bis 2016 das US-amerikanische Nationalteam betreute, sprach nach dem iranischen Sieg gegen Wales als BBC-Fachmann in seinem starken US-amerikanischen Akzent darüber, dass die vielen kleinen Fouls der Iraner und ihre ständigen Beschwerden beim Schiedsrichter und dem vierten Offiziellen Teil der Kultur des Landes seien. Außerdem äußerte sich Klinsmann in einer Weise über Irans portugiesischen Trainer Carlos Queiroz, die dieser als abwertend empfand. Queiroz, ein Weltreisender des Fußballs und einst als Vereinstrainer auch in den USA tätig, griff Klinsmann öffentlich an, eine „Schande für den Fußball“ seien seine Aussagen, und forderte seinen Rücktritt aus der sogenannten Technical Study Group der Fifa, die bei der WM die Spiele analysiert und bewertet. Zuletzt trug auch noch die Kommunikationsabteilung des US-Teams zur aufgeheizten Lage bei und postete in den sozialen Medien die grün-weiß-rote Flagge des Irans ohne das Emblem der Islamischen Republik. Iranische Offizielle beklagten, dass die USA damit „die Würde“ des Landes verletzt hätten, und forderten einen WM-Ausschluss des US-Teams. Dass das geschieht, ist unwahrscheinlich. Die beste Chance, die USA zur Abreise aus Katar zu zwingen, haben die iranischen Fußballer selbst – im Finale ums Weiterkommen am Dienstag.

Iran gegen USA bei der WM 2022: die politischste Partie der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar

Wie das Duell zwischen den USA und dem Iran von diplomatischen Spannungen überlagert wird

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