Alle wollen Urlaub machen: Wie lassen sich überfüllte Strände und Ausflugsziele vermeiden?

Das herrliche Sommerwetter sorgt für dichtes Gedränge am Sandstrand in Zinnowitz auf der Insel Usedom.

Das herrliche Sommerwetter sorgt für dichtes Gedränge am Sandstrand in Zinnowitz auf der Insel Usedom.

Sommerliche Temperaturen, viel Sonnenschein und vielerorts Corona-Lockerungen: Am Wochenende erwarten viele Ausflugsziele in Deutschland einen regen Besucherandrang. Ob Biergärten in Bayern, Wanderhütten in den Bergen oder an den Stränden von Nordsee und Ostsee – überall wollen Menschen wieder ihre Freiheit nach dem Corona-Winter und Corona-Frühjahr genießen.

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Doch nach wie vor gilt fast überall: Abstand halten. Damit es also an beliebten Orten nicht zu Staus und einem Massenansturm kommt, sind verschiedene Systeme im Einsatz, um die Menschenströme zu lenken.

Ungebremste Reiselust trifft auf Unsicherheit

So sollen Tagestouristinnen und Tagestouristen informiert werden, wenn es irgendwo voll zu werden droht oder gar schon voll ist – damit sie ausweichen können. „Wir haben noch nicht so viele Instrumente, aber viele sind in der Entwicklung oder der Testphase“, sagt Tourismusforscher Jürgen Schmude dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.

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Dass es allerdings Systeme geben muss, die einen Ansturm von Besucherinnen und Besuchern regeln, da ist sich Schmude sicher. „Es kommen zwei Entwicklungen zusammen. Zum einen die ungebremste Reiselust, zum anderen aber auch die Unsicherheit bei Destinationen. Die Erfahrungen aus 2020 mit Rückholaktionen führt dazu, dass Menschen lieber kurze Strecken für ihren Urlaub wählen.“ Vor allem tourismusstarke Gebiete in Deutschland würden profitieren, „aber das führt zwangsläufig zu einem großen Besucherandrang“.

Ampelprinzip zeigt, wie voll ein Ziel ist

Einige Modelle haben sich bereits im vergangenen Sommer als erfolgreich bewiesen. Auf Basis von strukturierten Daten haben so etwa St. Peter-Ording und die Lübecker Bucht ein System entwickelt, das erfasste, wie viele Menschen sich wo aufhalten, und sowohl auf Apps als auch auf Bildschirme an den Stränden in Echtzeit übermittelt hat, wo es voll ist. Grün bedeutet, dass noch Platz ist, Gelb, dass es langsam voller wird, und Rot, dass die Kapazitätsgrenzen erreicht sind. Damit belegten die Regionen sogar den zweiten Platz beim Deutschen Tourismuspreis 2020.

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Das Prinzip, Zugänge über eine Art Ampelsystem zu vermelden, ist nicht neu, wurde jedoch im vergangenen Jahr erstmals massentauglich. So gab es mehrere Orte, unter anderem jene beiden an Ost- und Nordsee, die durch Sensoren an Zugangsstellen oder über eine manuelle Zählung ermittelten, wie viele Menschen sich an den Stränden, Fußgängerzonen, Promenaden, in Schwimmbädern oder auf Spiel- und Parkplätzen aufhalten. In einer App, aber auch über Bildschirme direkt am Strand konnten Besucherinnen und Besucher sehen, ob die Ampel auf Grün, Gelb oder Rot steht und wussten somit schon frühzeitig, ob sich ein Ausflug lohnt oder nicht.

Die Nordseeregionen in Niedersachsen haben gemeinsam mit dem Tourismus-Dachverband Die Nordsee GmbH ebenfalls ein Pilotprojekt zur digitalen Gästelenkung gestartet. Urlaurinnen und Urlaubern sowie Tagesgästen solle dadurch ein kontaktloser Aufenthalt ermöglicht werden, versprechen die Initiatoren. Unter anderem über die Website der Nordsee GmbH sowie den Websites der Destinationen sollen Gäste zum Start der Sommersaison erfahren können, wie stark Ausflugsziele in der Region ausgelastet sind.

Zusätzlich werden jeweils vor Ort Monitore installiert, die mithilfe eines Ampelsystems informieren und mögliche alternative Ziele vorschlagen, sollte es zu voll sein. „Die Besucherlenkung wird uns dabei helfen, touristische Hotspots zu entzerren, eine gleichmäßige Verteilung des Gästeaufkommens sicherzustellen und alternative Angebote wie zum Beispiel unentdeckte Ausflugsziele und reizvolle Landschaften abseits der Küste im Hinterland zu ermöglichen“, sagt Sonja Janßen, Geschäftsführerin der Nordsee GmbH.

Ein Smartphone mit der Seite „Strandticker“ mit grüner Einfärbung wird am Ostseestrand in die Kamera gehalten. Das Projekt der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht (Talb) und soll helfen, die Gästeströme besser zu lenken.

Ein Smartphone mit der Seite „Strandticker“ mit grüner Einfärbung wird am Ostseestrand in die Kamera gehalten. Das Projekt der Tourismus-Agentur Lübecker Bucht (Talb) und soll helfen, die Gästeströme besser zu lenken.

Ticker im Internet zeigt Auslastung in Bayern

Reiseforscher Schmude hält die Idee mit Ampeln und Apps für sinnvoll, allerdings warnt er vor zu vielen Angeboten. „Je mehr Apps und desto kleiner der Kreis, desto schwieriger wird es, die Apps bekannt zu machen“, sagt der bayerische Forscher. Man dürfe nicht zu kleinteilig werden. Besser sei da beispielsweise ein Ausflugsticker von Bayern, der das gesamte Bundesland abdeckt.

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Auch in anderen Urlaubsregionen in Deutschland wird die digitale Personenlenkung eingesetzt. Der Ausflugsticker ist beispielsweise ein Service von Bayern Tourismus und liefert auf einer interaktiven Karte aktuelle Informationen zur Auslastung an Ausflugszielen – er zeigt etwa „Daumen hoch“ oder warnt vor einem erhöhten Personenaufkommen. Zudem zeigt das Tool auch an, wenn ein Ausflugsziel komplett geschlossen ist und schlägt Alternativen vor. Das ist für Schmude auch ein wichtiger Aspekt: Die Menschen werden nach draußen wollen. „Nur Abschreckung à la ‚Das ist overcrowded‘ funktioniert nicht. Man muss Alternativen anbieten, wenn Strand A voll ist.“

Ganz ähnlich funktioniert auch ein System am Flughafen München. Flugreisende können sich vor dem Abflug online in Echtzeit über Wartezeiten am Check-in und an den Sicherheitskontrollen informieren. So können Reisende abschätzen, wie viel früher sie sich vor dem eigentlichen Flug am Airport einfinden sollten. Auch im Miniaturwunderland Hamburg gibt es bereits ein solches System: Auf der Website können sich Interessierte anschauen, wie lange die Wartezeit für einen Einlass ist.

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Prognosemodelle und Einlassfenster

Das Prognosemodell bildet keine Echtzeitdaten ab, stattdessen werden vorhandene Daten analysiert, um gewisse Strukturen zu erkennen: Wohin gehen die Menschen wann? Wie lange halten sie sich an bestimmten Orten auf? Dadurch ist es einfacher, Vorkehrungen zu treffen, keinen Massenansturm aufkommen zu lassen, beispielsweise durch Zufahrtsbegrenzungen oder Einlassfenster.

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Vor allem aus Zoos, aber auch aus dem Einzelhandel kennen viele Menschen diese Regelung: Personen buchen vorab ein Zeitfenster, zu dem sie die Einrichtung besuchen. Der Aufenthalt selbst ist dann zeitlich uneingeschränkt möglich, jedoch soll ein hohes Menschenaufkommen an Engstellen wie etwa dem Eingangsbereich vermieden werden.

Reservierungen per App auf Ostfriesischen Inseln

Auch mit dem Prinzip Reservierung sind die meisten Menschen durch Restaurantbesuche wohl vertraut. Derzeit wird in vielen Gebieten, in denen die Außengastronomie erlaubt ist, auch nach wie vor eine Reservierung vorab benötigt. Damit soll vermieden werden, dass gerade in beliebten Lokalen zu den Stoßzeiten zu viele Menschen auftauchen und sich Stau bildet.

Die Ostfriesischen Inseln entwickelten das System noch einen Schritt weiter. Über die Web-App Frida, die nicht auf dem Smartphone installiert werden muss, können Termine bei Restaurants, Geschäften und Freizeiteinrichtungen gebucht und eingecheckt werden.

Gesperrte Straßen an Ausflugszielen

Wenn gar nichts mehr geht: Straßensperre?! Nicht überall sind Zufahrtsbegrenzungen möglich, Orte wie Usedom haben aber schon in den vergangenen Wochen gezeigt, dass sich ein Massenandrang dadurch verhindern lässt. Da es nur wenige Zufahrten auf die Insel gibt, ist es einfacher für Einsatzkräfte zu kontrollieren, wer nach Usedom kommt – und wer darf. Auch rund um die Lübecker Bucht gibt es seit vergangenem Sommer verstärkt Kontrollen, etwa an Parkplätzen von beliebten Ausflugszielen.

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Ein Bild aus August 2020: Zahlreiche Menschen sind schon in den Morgenstunden am Ostseestrand von Timmendorfer Strand unterwegs.

Ein Bild aus August 2020: Zahlreiche Menschen sind schon in den Morgenstunden am Ostseestrand von Timmendorfer Strand unterwegs.

Eine weitere Alternative für Zufahrtsregelungen sind sogenannte Zauberteppiche – Wintersportlerinnen und -sportlern dürften sie nicht unbekannt sein. Seit vielen Jahren werden mancherorts Zugänge damit reguliert, dass Ski- und Snowboardfahrer sich nach der Fahrt hinunter entspannen können, indem sie auf einem Förderband wieder nach oben gebracht werden.

Zauberteppiche funktionieren wie eine Art Rolltreppe – nur ohne Treppe, Menschen stehen dabei auf markierten Stellen. Damit ist die Abstandsregelung garantiert. Da für Zauberteppiche aber eine aufwendige Infrastruktur und viel Platz notwendig ist, werden sie im Sommer in Deutschland wohl noch eher selten eingesetzt. Mancherorts wird aber so der Zugang zu Parkplätzen geregelt.

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