Zweite Welle: Diese neuen Corona-Maßnahmen gibt es in Europas Ländern
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Ein Mann räumt Tische und Stühle seines Außenbereichs vor seinem Restauran in Covent Garden weg. Seit Samstag gelt in London schärfere Corona-Maßnahmen.
© Quelle: Dominic Lipinski/PA Wire/dpa
Paris/Madrid/Wien/Rom/Den Haag. Die zweite Corona-Welle rollt gnadenlos über Europa hinweg. Die Bundesregierung erklärt eine EU-Region nach der anderen zum Risikogebiet. Seit Samstag um Mitternacht gelten Reisewarnungen für weitere Regionen in 15 EU-Ländern. Die Niederlande, das französische Festland, Malta und die Slowakei sind nun ganz Corona-Risikogebiete, für die das Auswärtige Amt vor touristischen Reisen warnt. Erstmals stehen mit Kampanien und Ligurien beliebte Touristenregionen in Italien sowie fünf Gebiete in Polen einschließlich der Metropolen Danzig und Krakau auf der Risikoliste. Hinzu kommen acht Kantone der Schweiz, darunter der an Deutschland grenzende Kanton Zürich, erstmals Gebiete in Schweden und Finnland sowie weitere Regionen in Großbritannien, Irland, Kroatien, Portugal, Slowenien und Ungarn.
Nur noch Griechenland, Zypern und Lettland gelten als „risikofrei“. In den Nachbarländern ist die Lage teilweise noch viel verheerender als in Deutschland. In Tschechien sind die Infektionszahlen im Vergleich zur Bevölkerungszahl elf Mal so hoch wie in Deutschland, in Belgien neun Mal so hoch. Alle europäischen Länder versuchen mit Maßnahmen gegenzusteuern - die einen mehr, die anderen weniger entschlossen. Ein Überblick:
Frankreich - Ausgangssperre in Paris und Marseille
Am Samstag trat in Frankreich erneut der Gesundheitsnotstand in Kraft. In mehreren französischen Städten, darunter in Paris, gelten ab Samstag zudem von 21 Uhr abends bis 6 Uhr morgens Ausgangssperren. Ausnahmen gelten für Menschen, die zur Arbeit gehen oder von der Arbeit kommen. Wegen medizinischer Notfälle, der Pflege von Angehörigen oder um den Hund auszuführen, dürfen die Menschen in der Sperrstunde ebenfalls vor die Tür. Sie müssen dann ein entsprechendes Formular bei sich tragen. Wer zum Bahnhof oder Flughafen will, muss das entsprechende Ticket vorzeigen.
Außerdem sind private Feiern wie etwa Hochzeiten in Festsälen oder anderen öffentlichen Orten landesweit nicht mehr erlaubt. Zur Überwachung der Ausgangssperren in den Metropolen sollen rund 12.000 Polizisten eingesetzt werden. Wer sich nicht an die Regeln hält, muss 135 Euro Strafe zahlen. Für Wiederholungstäter können mehrere Tausend Euro fällig werden. In zahlreichen Städten, darunter auch Paris, sind Bars bereits komplett geschlossen.
In Frankreich meldete die Gesundheitsbehörde am Donnerstagabend 30.621 neu erfasste Infektionen. Damit gab es einen neuen Spitzenwert innerhalb eines Tages seit Beginn der großflächigen Corona-Testung in Frankreich. Die Zahl der Todesfälle stieg auf 33.125. In Frankreich leben rund 67 Millionen Menschen.
Großbritannien schärfere Corona-Regeln in London
In der britischen Hauptstadt London gelten seit Samstag schärfere Corona-Regeln. Angesichts rapide steigender Infektionszahlen dürfen sich Angehörige verschiedener Haushalte in Innenräumen nicht mehr treffen. Auch Zusammenkünfte in Pubs oder Restaurants sind verboten. Im Freien sind weiterhin Treffen mit bis zu sechs Personen erlaubt.
Mit den neuen Maßnahmen rutscht die Hauptstadt in dem dreistufigen Warnstufensystem Englands in die zweithöchste Stufe. Etliche Londoner Bezirke hatten in den vergangenen Tagen die Schwelle von 100 Corona-Fällen pro 100.000 Einwohnern überschritten. In Schottland, Nordirland und im Norden Englands sind die Zahlen jedoch noch deutlich höher und es gelten bereits noch schärfere Maßnahmen.
Belgien beschließt wegen Corona Teil-Lockdown
In Belgien müssen wegen der drastisch gestiegenen Corona-Infektionszahlen alle Restaurants und Gaststätten für vier Wochen schließen. Zudem soll es täglich von Mitternacht bis 5.00 Uhr morgens landesweit eine Ausgangssperre geben, wie Premierminister Alexander De Croo am Freitagabend nach einem Krisentreffen mit Vertretern seiner Regierung und der Gemeinschaften und Regionen ankündigte. Die Bürger sind außerdem angehalten, wenn möglich im Homeoffice zu arbeiten und nur noch mit einer Person außerhalb des eigenen Haushalts einen engeren Kontakt zu pflegen.
Auch der Alkoholverkauf nach 20 Uhr wird verboten und Weihnachtsmärkte werden abgesagt. Um Restaurants und Gaststätten vor dem Ruin zu bewahren, soll ein Unterstützungsplan erarbeitet werden. Premierminister De Croo räumte in einer Pressekonferenz ein, dass die Maßnahmen “sehr hart” seien. Es gehe nun aber darum, zu handeln und die Infektionszahlen zu senken, sagte er.
Belgien zählt zu den am schwersten von der Corona-Pandemie betroffenen Ländern Europas. Die Behörden des Elf-Millionen-Einwohner-Landes meldeten zuletzt im Sieben-Tages-Schnitt knapp 6000 registrierte Fälle innerhalb von 24 Stunden. In den vergangenen 14 Tagen wurden nach aktuellen Zahlen rund 550 Infektionen pro 100.000 Einwohner gemeldet.
Polen – 150 Regionen im ganzen Land nun rote Zonen
Am Samstag wurden mehr als 150 Regionen im ganzen Land, darunter die Hauptstadt Warschau und mehrere andere Großstädte, zu sogenannten roten Zonen deklariert, in denen schärfere Auflagen gelten. Dort sind Hochzeitsfeiern künftig verboten, Schwimmbäder und Fitnessclubs werden geschlossen. Restaurants dürfen für Gäste nur von 6 bis 21.00 Uhr geöffnet haben, nach dieser Zeit können sie ihre Speisen nur zum Mitnehmen anbieten. Die Schulen gehen wieder zu Fernunterricht über.
Am Donnerstag hatte das Gesundheitsministerium bekannt gegeben, dass die Zahl der täglich registrierten Neuinfektionen erstmals die Marke von 8000 überschritten habe. Innerhalb von 24 Stunden kamen 8099 neue Fälle hinzu, die meisten davon in der Region um die Hauptstadt Warschau (1306). Im gleichen Zeitraum starben 91 Menschen in Zusammenhang mit dem Virus. Seit Beginn der Pandemie gab es in Polen 3308 Todesfälle in Verbindung mit einer Covid-19-Erkrankung. Polen hat rund 38 Millionen Einwohner, etwa halb so viele wie Deutschland.
Niederlande - Kneipen für vier Wochen geschlossen
Die Regierung in Den Haag hat die Corona-Maßnahmen am 13. Oktober erheblich verschärft und einen „Teil-Lockdown“ angeordnet. Kneipen, Cafés und Restaurants müssen für vier Wochen schließen, der Verkauf von Alkohol ist ab 20 Uhr verboten. Die Bürger dürfen nur maximal drei Gäste pro Tag in ihren Wohnungen empfangen. Zudem sollen sie Bus und Bahn nur in dringenden Fällen nutzen.
Ministerpräsident Mark Rutte kündigte auch eine allgemeine Maskenpflicht an für alle öffentlichen Räume wie Geschäfte, Museen oder Bibliotheken an, bisher war dies nur eine dringende Empfehlung. Derweil wurde erneut die Verlegung schwerkranker Covid-19-Patienten ins benachbarte Deutschland vorbereitet, weil in niederländischen Krankenhäusern - wie schon im Frühjahr - die Plätze auf Intensivstationen immer knapper werden.
Österreich - Erster Ort unter Quarantäne
Mit der 7000-Einwohner-Gemeinde Kuchl im Salzburger Land steht ab Samstag erstmals seit Monaten wieder ein Ort unter Quarantäne. Die Ein- und Ausreise ist - abgesehen von Ausnahmen - bis 1. November nicht mehr erlaubt. Der Ort und die Region haben Spitzenwerte bei den Corona-Neuinfektionen in Österreich. Außerdem hat die Alpenrepublik nun erstmals seine Corona-Ampel für vier Bezirke in drei westlichen Bundesländern wegen des sehr hohen Risikos auf Rot gestellt. Betroffen ist auch die Region Innsbruck in Tirol. In Österreich gilt verbreitet eine Maskenpflicht, Sperrstunden sind teils auf 22 Uhr vorverlegt. Bei privaten Veranstaltungen ohne zugewiesene und gekennzeichnete Sitzplätze sind nur mehr zehn Personen statt bisher 50 erlaubt.
Spanien - 46 Gemeinden teilweise abgeriegelt
Spanien wurde von der zweiten Welle als eins der ersten Länder Europa schon ab Mitte August erwischt. Die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sind viel strenger als in Deutschland. Aber einen Flickenteppich gibt es dort auch, weil die Kompetenz für die Bekämpfung des Coronavirus bei den Regionen liegt.
Landesweit besteht in Spanien schon seit Anfang August eine generelle Maskenpflicht außerhalb der eigenen vier Wände. Seither gilt auch ein weitreichendes Rauchverbot in der Öffentlichkeit. In mehr als 700 Gemeinden gibt es weitergehende Einschränkungen - etwa beim Zugang zu Bars, Restaurants, Konzerthallen oder Einkaufszentren wie zum Beispiel auf der bei Deutschen beliebten Ferieninsel Mallorca oder die Begrenzung der Teilnehmer an Treffen auf nur noch sechs Personen wie etwa in Katalonien.
Teilweise abgeriegelt sind landesweit 46 Gemeinden mit insgesamt 5,7 Millionen Einwohnern. Sie dürfen nur aus triftigem Grund verlassen oder betreten werden. Der prominenteste Fall ist Madrid, das die höchsten Corona-Zahlen aufweist. Dort wurde diese Maßnahme von der Zentralregierung gegen den Willen der Regionalregierung durchgesetzt. Einschneidende Maßnahmen hat auch gerade erst Katalonien mit der Touristenmetropole Barcelona ergriffen. Hier wurden ab Freitag alle Bars und Restaurants komplett geschlossen.
Italien - Maskenpflicht drinnen und draußen
Das Mittelmeerland, das früher als andere Staaten Europas von der ersten Corona-Welle erfasst wurde, erließ von Anfang an strikte und harte Gegenmaßnahmen. Angesichts der zweiten Welle sind viele Regeln ebenfalls strenger als in Deutschland. Es gilt eine generelle Maskenpflicht - drinnen und draußen. In den eigenen vier Wänden ist das zwar nicht geboten. Doch die Regierung riet allen, bei Besuch trotzdem den Mund-Nasen-Schutz aufzuziehen. Wer draußen ohne erwischt wird, muss bis zu 1000 Euro Buße zahlen.
Um ein Zeichen zu setzen, hat Rom in dieser Woche zudem private Partys strikt verboten. Nur Familientreffen wie Hochzeiten und Beerdigungen sind erlaubt, müssen aber auf 30 Teilnehmer beschränkt werden. Außerdem rät die Regierung von Giuseppe Conte den rund 60 Millionen Bürgern dringend, daheim auf gesellige Abendrunden mit mehr als sechs eingeladenen Gästen zu verzichten. Beherbergungsverbote dagegen existieren nicht. Auch das Reisen ist heute, anderes als während des Lockdowns im Frühjahr, ungehindert möglich. Rom möchte die notleidende Tourismusbranche nicht weiter schwächen. Außerdem sagen Experten, dass ein Großteil der Ansteckungen aktuell unter Verwandten und Freunden passiert.
Tschechien – Schulen und Gastronomie geschlossen
In den Prager Messehallen beginnt die Armee am Samstag mit dem Aufbau eines Feldkrankenhauses. Es soll als Reserve mit einer Kapazität von bis zu 500 Betten gehalten werden, falls es zu einer Überlastung der Krankenhäuser kommt. Der Vorteil im nahenden Winter ist, dass die Messehallen beheizt werden können. Kritiker aus Ärztekreisen merkten an, das Problem sei nicht die verfügbare Bettenzahl, sondern der Mangel an Pflegepersonal. In Tschechien waren bereits am Mittwoch weitreichende Restriktionen in Kraft getreten. So wurden unter anderem Schulen und Gastronomie geschlossen. Es dürfen sich sowohl drinnen als auch draußen maximal sechs Menschen treffen. In der Öffentlichkeit gilt ein striktes Alkoholverbot.
RND/dpa