Scorpions-Sänger Klaus Meine: “Ich habe schon lange vor Corona Masken getragen”

Die Mitglieder der Rockband Scorpions, Rudolf Schenker (links), Klaus Meine (Mitte) und Matthias Jabs (rechts), arbeiten in den Peppermint Park Studios an einem neuen Album.

Die Mitglieder der Rockband Scorpions, Rudolf Schenker (links), Klaus Meine (Mitte) und Matthias Jabs (rechts), arbeiten in den Peppermint Park Studios an einem neuen Album.

Hannover. Eigentlich wollten die Scorpions ihr neues Album in Amerika aufnehmen, doch die Corona-Krise machte ihnen einen Strich durch die Rechnung. Nun sind sie in den Peppermint Park Studios in Hannover. Dort haben sie zuletzt 2003 ihr Album Unbreakable eingespielt. Im Interview spricht Scorpions-Frontmann Klaus Meine über die aktuelle Situation.

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Wie hart hat die Corona-Krise die Musikszene getroffen?

Wenn das schon letztes Jahr passiert wäre, wäre das für uns voll die Katastrophe geworden. Wir sind ab Juni letzten Jahres kreuz und quer durch die Welt getourt und haben 50, 60 Konzerte gespielt. Da hätte man eine Menge absagen und verschieben müssen. Da hatten wir also Glück. Aber für die jungen Musiker, die gerade ihr erstes Album aufgenommen haben und jetzt den ganzen Sommer Festivals spielen wollten, ist das natürlich besonders dramatisch. Livekonzerte sind in diesen wilden Zeiten auch schon vor Corona weitestgehend die einzige Einnahmequelle für Musiker.

Es gibt einige Konzepte wie im Freien oder in Autokinos aufzutreten.

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All diese kreativen Konzepte sind eine schöne Sache, um den Livecrews Arbeit zu bringen. Also die Menschen, die das Equipment aufbauen, die mit einer Band auf Tour sind und in diesem Bereich ihren festen Job haben. Bei uns gibt es Guitar-Tecs, die schon jahrzehntelang dabei sind. Für all die Crews ist das ein herber Einbruch, aber wir haben in dieser schrecklichen Situation noch Glück gehabt. Unsere Welttour war Anfang März beendet. Das einzige Konzert, das wir absagen mussten, wäre am 7. März in Manila gewesen. Unsere letzte Show am 5. März in Singapur fand schon unter besonderen Umständen statt. Beim Einchecken ins Hotel, in den Shoppingmalls und natürlich auf dem Flughafen, wurde überall Temperatur gemessen, und die Menschen trugen Masken. Auch vor dem Konzert wurde bei den Fans beim Einlass die Temperatur gemessen. Bei der Show selbst standen die Fans so, wie wir es seit vielen Jahren lieben, dicht gedrängt vor der Bühne.

Haben Sie sich zu dem Zeitpunkt denn noch sicher gefühlt?

Man hatte in Singapur das Gefühl, dass sie alle sehr professionell und sehr sorgfältig mit der Situation umgegangen sind. Am Flughafen wurden an jedem Gate Temperaturchecks gemacht. Als wir dann aber wieder in Deutschland gelandet sind, waren Matthias (Jabs, Gitarrist der Scorpions; Anm. der Red.) und ich die Einzigen, die eine Maske aufhatten. Wir waren aber trotzdem sehr froh, dass wir nach Deutschland zurückgeflogen sind, weil wir nicht wussten, wie sich das Ganze noch entwickelt. Am Flughafen wurden wir nicht gefragt, wo wir herkamen. Alles fühlte sich noch recht entspannt an. Zwei Wochen später sah es in Deutschland dann auch ganz anders aus.

Und heute sieht man auch in Deutschland viele Menschen, die Masken tragen.

Ich habe schon lange vor Corona Masken getragen. Wenn wir lange Flüge gemacht haben, zum Beispiel. Bei diesen langen Zehn-, Zwölf-Stunden-Trips habe ich oft eine Maske aufgesetzt. Allein schon, weil ich mir auf diesen Reisen nichts einfangen wollte. Wir gehen auf Tour und spielen beispielsweise 20, 30 Shows in Amerika, und da kannst du dir auf diesen langen Flügen ganz leicht irgendwas holen. Auch auf Handshakes verzichten wir. Das haben wir schon lange vor Corona eingeführt, weil man einfach jeden Tag vor der Show mit vielen Menschen in Kontakt kommt. Wenn man zum Beispiel noch ein Meet and Greet mit Fans macht, sind das schon mal 60 Personen, die alle noch ein Foto mit der Band machen wollen und dich am liebsten noch umarmen würden. Unsere Fans sind damit immer schon ganz entspannt umgegangen.

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Aktuell sind Sie in Hannover im Studio und arbeiten an einem neuen Album.

Wir haben schon letztes Jahr mit dem Songwriting angefangen. Zwischen Januar und Juni 2019 habe ich in meinem Studio begonnen, an neuen Songs zu arbeiten. Es ist ja auch wirklich verrückt, in diesen Zeiten ein neues Album zu machen. Dabei war für uns von vornherein klar, dass wir dieses Mal auf Fremdautoren verzichten wollten, um einfach die Scorpions-DNA wieder neu zu beleben. Wir wollten nicht auf irgendwelche Demos aus den Achtzigerjahren zurückgreifen. Die alten Schubladen und Schränke sind komplett ausgeraubt. (lacht) Wir haben komplett bei null angefangen – und wollten einfach schauen, was geht, und wie man sieht: Es geht ’ne ganze Menge.

Als neuen Produzenten haben Sie sich Greg Fidelman ausgesucht, der auch schon mit Metallica und Slipknot zusammengearbeitet hat.

Wir haben uns mit Greg schon 2018 das erste Mal in einem Hotel in Hollywood getroffen. Abends hat er sich ein Konzert von uns in Los Angeles angeschaut, und die Chemie zwischen uns stimmte sofort. Der Plan war ursprünglich, in diesem Jahr im Mai und Juni nach Los Angeles zu gehen, um in seinem Studio das Album aufzunehmen. Wir waren im Juli für neun Shows in einem Casino in Las Vegas gebucht. Danach hätten wir im August die Aufnahmen von Greg in L. A. zu Ende gebracht. Durch Corona hat sich alles verschoben. Aber ich will jetzt nicht rumjammern. Wir sind in der komfortablen Situation, dass wir in den letzten Jahren überall gespielt haben. Und wenn ich sage überall, meine ich wirklich überall. (lacht) Wir sind jetzt im Mai ins Peppermint Park Studio in Hannover gegangen, was wesentlich näher lag als Los Angeles. (lacht) Per Zoom-Konferenz haben wir mit Greg, der jeden Abend aus Los Angeles zugeschaltet war, weitergearbeitet. Wir wollten nicht zu Hause sitzen und auf ein Wunder warten. Und so haben wir weitergemacht, einfach um in diesem kreativen Flow zu bleiben. Das war bei Weitem kein Plan B, sondern wir sind hier bei unseren Freunden Mousse T., Wolfgang Sick und in den besten Händen, sodass sich der vermeintliche Plan B mit jeder weiteren Woche wie Plan A anfühlt.

Zwei Ihrer Musiker wohnen im Ausland.

Es war gar nicht so einfach, wegen der Reisebeschränkungen unseren Bassisten Pawel Maciwoda, der in Polen lebt, und unseren Drummer Mikkey Dee aus Göteborg in Schweden nach Deutschland einreisen zu lassen. Aber seit drei Wochen sind sie endlich hier, und wir können zusammen spielen. Wir scherzen schon mal und sagen: “Hier trifft sich nicht die Band, sondern die Risikogruppe.” (lacht) Je dramatischer die Gesamtsituation auch wurde, kann man sagen, dass wir in Deutschland bis jetzt großes Glück gehabt haben, dass es nicht ganz so dramatisch wurde wie in Spanien, Italien, Brasilien und Amerika. Und ich finde, eine Maske zu tragen, um nicht nur sich selbst zu schützen, sondern auch andere, ist durchaus zumutbar. Wir sind jetzt hier und machen das beste aus der Situation. Vielleicht machen wir unter diesen besonderen Umständen sogar eines der besten Alben, das wir je gemacht haben. Wer weiß das schon? (lacht)

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“Wind of Change” wird 30 Jahre alt

Im April haben Sie mit “Sign of Hope” einen Song zur Corona-Krise veröffentlicht. Wie kam es dazu?

Als sich Ende März die Situation so dramatisch entwickelte, fand ich es berührend, was die Musik-Community auf die Beine gestellt hat. Es gab viele kleine Homekonzerte. Das alles war sehr inspirierend, und aus dem Gefühl heraus, was alles um uns herum passierte, ist der Song fast nebenbei entstanden. Irgendwann habe ich mich mit der Akustikgitarre hingesetzt und drauflosgespielt. “Sign of Hope” haben wir ganz ohne Marketingplan auf unsere Social-Media-Kanäle gestellt. Es war ein kleines Lebenszeichen von der Band an all unsere Fans mit der Hoffnung, dass es allen gut geht und wir alle gesund bleiben. Natürlich war der Song auch ein Dankeschön an all diejenigen, die an vorderster Front gegen das Virus kämpfen. Ärzte, Pflegepersonal und alle, die den Laden am Laufen halten. Die Einnahmen des Songs gehen an die gemeinnützige Organisation Musicares.

Im November feiert “Wind of Change” seinen 30. Geburtstag. Wird der gebührend begangen?

Es sind jetzt über 30 Jahre, dass dieser Song entstanden ist. Diese Rockballade ist mittlerweile ein ewiger Klassiker geworden. Das wollten wir entsprechend würdigen. Für alle Menschen, denen “Wind of Change” auf der ganzen Welt emotional etwas bedeutet, erscheint ein Box-Set mit vielen Extras wie etwa einer russischen und einer spanischen Version des Songs, als besondere Überraschung sogar eines der allerersten Demos von “Wind of Change”, ein Originalstück aus der Berliner Mauer und außerdem ein richtig amtliches Buch, das nicht nur die Geschichte von “Wind of Change” erzählt, sondern auch die politischen Ereignisse dokumentiert, die 1989 zum Mauerfall geführt haben.

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