Anke Engelke im Interview: “Man kann nicht immer gut aussehen”

Anke Engelke spielt die Hauptrolle in der neuen Produktion von Netflix „Das letzte Wort“.

Anke Engelke spielt die Hauptrolle in der neuen Produktion von Netflix „Das letzte Wort“.

Frau Engelke, Sie spielen in “Tödliche Geheimnisse – Das Versprechen” (22. Februar, 20.15 Uhr, ARD) eine Journalistin, die im Milieu um die skrupellose Ausbeutung von illegalen Arbeitsmigranten recherchiert. War Journalistin jemals ein Beruf, den Sie sich vorstellen konnten?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Mir ist das nicht fremd. Ich habe als Kind angefangen, Kindersendungen im Radio zu moderieren, Interviews zu führen. Damals wusste ich noch nicht mal, wie man Journalismus schreibt. Jetzt weiß ich, dass ich damals einfach intuitiv und spielerisch gearbeitet habe. Erst mit 20 Jahren habe ich beim damaligen Südwestfunk zwölf Jahre lang das journalistische Arbeiten gelernt.

Wie haben Sie sich im Vorfeld der Dreharbeiten mit dem Thema Ausbeutung illegaler Arbeitsmigranten befasst? In wie fern ist das nötig, um die Rolle glaubwürdig zu spielen?

Nina Kunzendorf und ich haben uns eingelesen ins Thema – das fühlt sich ja manchmal auch fast an wie journalistisches Arbeiten, wenn man in ein Thema eintauchen und etwas besser verstehen möchte. Und beim Drehen für diese Reihe ist es wirklich hilfreich, sich für scheinbar dumme Fragen nicht schämen zu müssen: Wir sind Journalistinnen, wir sind von Beruf Fragenstellerinnen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige
Anke Engelke und Nina Kunzendorf sind am Samstag in der ARD (20.15 Uhr) in “Tödliche Geheimnisse – Das Versprechen” zu sehen.

Anke Engelke und Nina Kunzendorf sind am Samstag in der ARD (20.15 Uhr) in “Tödliche Geheimnisse – Das Versprechen” zu sehen.

Warum sind Sie dann nicht im Journalismus geblieben?

Ich wollte immer Lehrerin werden. Das Lehramts-Grundstudium lief geschmeidig, aber dann reichte die Zeit nicht zwischen Uni Köln und Hörfunk Baden-Baden. Manchmal denke ich, dass Lehrer, Schauspieler und Journalisten bei der Arbeit gar nicht so weit voneinander entfernt sind. Wir vermitteln, wir teilen Begeisterung und möchten Menschen aufklären. Und ich merke immer wieder, dass mir sowohl der kritische Umgang mit dem geschriebenen und gesprochenen Wort, als auch die sprachliche Präzision, die journalistisches Arbeiten ja voraussetzt, in der Schauspielerei geholfen haben. Dass ich nicht beim Journalismus geblieben bin, liegt an der Spielfreude: Ich bin so gern jemand anderes! Manchmal darf ich ja hin und wieder noch Menschen interviewen, ganz aufgegeben habe ich das also nicht.

Was ist eine journalistische Regel, die Sie dabei immer beherzigen?

Nach wie vor finde ich, dass man als Journalist Verantwortung für den Menschen, den man fragt, übernimmt. Man erhofft sich aufschlussreiche Antworten, zugleich schützt man das Gegenüber aber vor der eigenen Unvorsicht. Man sieht das ja zum Beispiel in Castingshows: Die Kameras sind distanzlos, und offenbar vergessen die Menschen in dem Moment, dass alles, was heute irgendwo aufgezeichnet wird, vermutlich nie wieder aus dem Netz verschwindet. Ich bin ganz froh, dass viele Sachen, die ich in meiner Anfangszeit so von mir gegeben habe, futsch sind, nicht konserviert, Gottseidank!

Kann man nicht davon ausgehen, dass junge Leute, die mit Instagram, Google und Co. aufgewachsen sind, sich dessen bewusst sind?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Glauben Sie das denn? Ich habe den Eindruck, viele blenden aus, dass sie vielleicht einmal bereuen werden, wie sie sich geäußert haben. Ich war zweimal Jurorin in Castingshows, unter anderem bei Stefan Raab, als zum zweiten Mal ein Song für Lena Meyer-Landrut für den Eurovision Song Contest gesucht wurde. Da hatte mich das Konzept auch überzeugt, weil den jungen Leuten explizit gesagt wurde: Denkt daran, wer das alles sieht und überlegt gut, was ihr von euch gebt.

Sie sind einem großen Publikum vor mehr als 20 Jahren in der “Wochenshow” bekannt geworden. Wie blicken Sie heute auf die Zeit zurück?

Funfact: “Die Wochenshow” hat am Anfang ja überhaupt nicht funktioniert. Wir hatten das große Glück, dass man uns Zeit gegeben hat, und wir uns ausprobieren durften. So etwas wäre heute undenkbar: Wenn heute etwas nach der zweiten oder dritten Folge keine Hammerquote hat, wird es abgesetzt. Prinzipiell lebt “Die Wochenshow” aber ja in anderen Formaten weiter. Die Idee ist nicht weg – sie hat nur ein anderes Kostüm.

Sie haben damals die Figur Ricky gespielt, mit der Sie am Anfang etwas gehadert haben sollen.

Ich hatte vorher noch nie ernsthaft an Parodien gearbeitet, aber die Autoren waren hartnäckig: Sie haben mehr an die Nummer und an mein Talent geglaubt als ich, und mir einen Stapel Videokassetten mit Ricky-Material in die Hand gedrückt. Dann habe ich geübt. Das sollte die Parodie eines jungen Mädchens im Pop-Geschäft sein – Ricky von TicTacToe – aber ich wusste nicht, wie ich diese Figur spielen soll, ohne sie vorzuführen. Das tat die Branche ja schon zu Genüge. Wir haben dann das Potential darin erkannt – und dass es eben nicht darum geht, einen Menschen zu imitieren, sondern eine Kunstfigur zu entwickeln. Wenn man sich die Ricky vom Anfang und vom Ende der Wochenshow anguckt, liegen da wirklich Welten zwischen, weil sich die Figur weiterentwickelt hat, weg vom Original, hin zur Parodie einer Mädchen-Art aus der Zeit.

Sie sind mehr als 40 Jahre im Fernsehen. Wie hat diese lange Zeit Sie verändert?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Naja, “im Fernsehen” bin ich ja nicht wirklich, aber man kann mich da sehen dann und wann, seit 1979, ja. Verändert hat sich mein Umgang mit der eigenen Wirkung: Ich habe schon früher zum Beispiel bei einem Dreh nach einem Take nie auf den Monitor des Regisseurs geschaut, aber neu ist, dass ich jetzt weiß, warum: Ich finde, dass man beim Dreh dem Regisseur vertrauen können muss. Er – oder wie bei “Tödliche Geheimnisse” sie – sieht uns besser als wir selber, wir Schauspieler sind auf Hilfe von außen immer ein bisschen angewiesen. Gerade erst hab ich eine Serie für Netflix gedreht, in der ich wirklich aussehe wie ein Eimer. Aber ich spiele eine Frau, die trauert und leidet – da kann man eben nicht immer gut aussehen. Der Regisseur hat mir das vor Drehbeginn erläutert und mich dann durch die Szenen geführt. Ich musste nicht nachsehen, wie ich beim Spielen wirke – das ist ja Aufgabe der Regie, das zu spiegeln.

Muss man nicht als Schauspieler eh die Eitelkeiten hinten anstellenden? Man hat ja oft wenig Einfluss auf das Outfit und die Frisur zum Beispiel.

Ganz ehrlich: Ich glaube, es gibt ganz viele Kollegen, die totale Kontrollfreaks sind und sich mit ihrer Wirkung permanent auseinandersetzen. Vielleicht ist das viel besser als meine Herangehensweise. Ich will mich lieber fallen und andere beurteilen lassen, wie ich wirke.

Sie gelten als sehr umweltbewusst. Wie wirkt sich das konkret auf ihr Leben aus?

In Deutschland reise ich nur mit der Bahn, unterwegs und am Set habe ich mein eigenes Essen dabei, vermeide Verpackungen, nutze den ÖPNV und nur im Notfall mein Elektroauto, ernähre mich vegan und ganz wichtig: finde, dass jeder so leben soll, wie er will. Ich stelle mich deswegen nicht hin und sage: Guckt her, wie ich lebe und macht es genau so. Aber ich finde das einfach schön, vor einer Zugfahrt meine Tasse mit in den Bahnhof zu nehmen und im Café meinen fairen Kaffee zu holen – die kennen mich da schon. Trotzdem mache auch ich sicherlich Dinge falsch und muss Kompromisse eingehen.

Welche zum Beispiel?

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Filmemachen ist, wie viele andere Berufe auch, ökologisch teilweise ziemlich bedenklich. Energiesparen und Nachhaltigkeit sind an Filmsets selten Thema. Aber man kann Veränderungen anregen, immer mehr Produktionen wollen sogenannte “green sets” sein: weniger Müll, weniger tierische Produkte beim Catering.

Und wenn Ihnen nun Dreharbeiten an einem Ort angeboten werden, den Sie nur mit dem Flugzeug erreichen können, lehnen Sie so etwas prinzipiell ab?

Nein. Ich möchte ja arbeiten. Ablehnen oder vermeiden kann man aber die Zusammenarbeit mit Produktionen oder Menschen, die nicht integer sind, die Kollegen nicht gut behandeln. Man muss sie ja nicht belehren, es reicht ja schon, wenn man eine Haltung hat und das für sich selber entscheiden kann. Man ist einfach so konsequent oder strikt wie man sein will und sein kann, fertig! Es sind auch viele immer wieder überrascht, dass ich kein Smartphone habe.

Das heißt, Sie kommunizieren noch klassisch per SMS?

Zum Beispiel, ja. Kürzlich habe ich das erste Mal Whatsapp gesehen. Das war für mich total fremd, ich muss ungefähr so geguckt haben wie als man damals “Brave New World” gelesen hat und sich auch gedacht hat: „Hä, was, Soma?“ Manchmal stoße ich bei SMS aber auch an meine Grenzen: Wenn mir zum Beispiel Bastian Pastewka irgendwelche Emoticons schickt, dann weiß ich nie ob das ein Blümchen oder ein Kackhaufen ist, mir wird nur ein leeres Kästchen angezeigt.

Mehr aus Promis

 
 
 
 
 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken