Prominente Grüne wollen Zuwanderung besser steuern und kontrollieren
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/T4QRILHMIBEEZH25JWDKZV2SXA.jpeg)
Die ehemalige Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, bei der Verleihung der Niedersächsischen Landesmedaille.
© Quelle: Michael Matthey/dpa
Berlin. Die frühere Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Europäischen Parlament, Rebecca Harms, hat die eigene Partei zu einer Korrektur ihrer Flüchtlingspolitik aufgerufen. „Wir brauchen eine viel offenere Diskussion über die Steuerung von Migration“, sagte sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Unwille, sich zur Kontrolle von Zuwanderung zu bekennen, stört mich schon seit Langem.“
Ich verzweifle daran, wie wenig wir da seit 2015 weitergekommen sind.
Rebecca Harms,
Ex-Fraktionschefin der Grünen im Europaparlament
Harms fügte hinzu: „Ich habe das Gefühl, dass diejenigen, die wirklich politisches Asyl brauchen, meistens gar nicht dazu kommen, den Wunsch irgendwo vorzutragen. Denn der Wunsch derer, die woanders ein besseres Leben finden wollen, dominiert.“ Deutschland könne „all dem nicht mehr gerecht werden“.
„Offener sprechen“
Um zu den notwendigen Veränderungen zu kommen, müsse sich der parteipolitische Diskurs in Deutschland ändern, betonte die Grüne. „Denn die Parteien stecken in Lagern fest, aus denen sie bisher nicht herauskommen.“ Sie sei dafür, die Probleme und Anforderungen offener zu besprechen. „Das würde allen helfen.“
Harms gehört nach einem Bericht des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ zu einer neuen Gruppe innerhalb der Grünen, die sich „Vert Realos“ nennt und sich als „die bürgerliche grüne Mitte“ bezeichnet. Sie plädiert in einem Memorandum mit mehr als 50 Unterzeichnern für Änderungen in der Flüchtlingspolitik.
Zu den Mitunterzeichnern gehören neben Harms Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der seine Parteimitgliedschaft bei den Grünen nach Rassismus-Vorwürfen und einem Ausschlussverfahren derzeit bis Ende dieses Jahres ruhen lässt und seine Wiederwahl im Oktober als parteiloser Kandidat gewnnen hatte.
Weite Erstunterzeichner des Migrationspapiers sind der bayerische Landrat Jens Marco Scherf und die frühere Parlamentarische Staatssekretärin im Entwicklungshilfeministerium, Uschi Eid.
In dem Memorandum heißt es, es fehle ein „Konzept für eine gelungene Integration oder die konsequente Rückführung von Geflüchteten in ihre Heimat, sobald sich dies verantworten lässt oder sie selbst es wollen“. Die Migranten wüsste nicht, „was von ihnen erwartet wird und machen sich mit falschen Hoffnungen auf den weiten Weg“, so das Papier.
Erforderlich sei deshalb ein Einwanderungsgesetz für Wirtschaftsmigranten wie auch „verpflichtende Aufenthaltszonen“ für Geflüchtete an den Grenzen und außerhalb der Europäischen Union: „Angesichts der Tatsache, dass es in der Realität fast unmöglich ist, Menschen ohne Bleiberecht abzuschieben, wenn sie erst einmal in der EU angekommen sind, muss die Entscheidung über Aufnahme, in diesen Aufenthaltszonen stattfinden oder dort zumindest plausible Vorentscheidungen getroffen werden“, schreiben die Realo-Grünen.
Rechter Rand
Asylbewerber ohne Papiere müssten zurückgewiesen werden oder „bis zur Klärung ihrer Identität in einer staatlichen Aufnahmeeinrichtung verbleiben“, heißt es weiter. Ein Aufenthaltsrecht setze voraus, dass Geflüchtete sich „in die gesellschaftliche Ordnung“ einfügten und Grundwerte wie religiöse Toleranz oder das Existenzrecht Israels akzeptierten. Eine Tabuisierung stärke den rechten Rand.
Die Staats- und Regierungschefs der EU waren bei ihrem jüngsten Gipfel in Brüssel übereingekommen, den Schutz der Außengrenzen zu verstärken und intensiver auf die Rückführung von Flüchtlingen zu drängen.
Die Forderung nach einem grünen Kurswechsel kommt kurz nach der Wiederholungswahl in Berlin, bei der die Grünen hauchdünn hinter der SPD auf dem dritten Platz landeten - aber weit hinter dem Wahlsieger CDU, deren Einlassungen zur in der Integrationsdebatte nach Randalen in der Silvesternacht viele Grüne empört hatten.