Worüber Merkel und die Ministerpräsidenten streiten – und wo sie sich bereits einig sind
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt neben Markus Söder (CSU, r.), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, sowie Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin, an der Pressekonferenz nach der letzten Ministerpräsidentenkonferenz teil.
© Quelle: Michael Kappeler/dpa-pool/dpa
Berlin. Der Lockdown wird verlängert, das Homeoffice ausgeweitet – darüber bestand zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten schon vor Beginn ihrer Schalte am Dienstag Einigkeit.
Und Ersteres war dann in der Runde auch schnell beschlossene Sache: Der Lockdown wird bis zum 14. Februar verlängert. Damit bleiben etwa die Gastronomie, Freizeiteinrichtungen sowie der Einzelhandel geschlossen. Ausnahmen gelten weiterhin zum Beispiel für Supermärkte.
Um andere Themen wie die Dauer von Schulschließungen oder Ausgangssperren wird dagegen hart gerungen, wie ein Vergleich verschiedener Entwürfe für die Abschlusserklärung zeigt.
Eine Übersicht über strittige und unstrittige Bereiche:
Schulen
Wären sich doch nur die Wissenschaftler einig – dann würden der Politik harte Einschnitte in die Freiheitsrechte zur Bekämpfung der Corona-Pandemie leichter fallen. Doch auch die Expertenrunde zur Beratung der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten am Montagabend machte dem Vernehmen nach keine klaren Ansagen, ob Schulschließungen dringend nötig seien oder nicht. Bisher gebe es keine Erkenntnisse, dass die Kurve der Infektionen in die Höhe geschnellt sei, nachdem Schüler nach den Ferien zurück ins Klassenzimmer kamen.
Allerdings befürchtet Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), dass das in Großbritannien grassierende mutierte Virus Kinder und Jugendliche viel stärker angreife als die bisherige Variante. Damit seien Kitas und Schulen mögliche Treiber der Pandemie, weil das Virus von dort aus in die Familien gelange.
In einem im Wesentlichen vom Kanzleramt geprägten Entwurf für die Beschlussvorlage der Ministerpräsidentenkonferenz von Montagabend hieß es deshalb, bis Mitte Februar würden „die Schulen grundsätzlich geschlossen“. Das ging den SPD-regierten Ländern zu weit. Sie legten am Montagabend einen eigenen Beschlussentwurf vor, in dem es nur hieß, die von den Ländern im Dezember ergriffenen Maßnahmen müssten „bis Ende Januar verlängert werden“.
Am Dienstagmittag dann wurde der Entwurf für die Beschlussvorlage der sogenannten Vierergruppe von Kanzleramt, Bundesfinanzministerium sowie den Bundesländern Berlin und Bayern aktualisiert. In dem Papier mit dem Zeitstempel 12.40 Uhr wurde die „grundsätzliche“ Schließung der Schulen in eckige Klammern gesetzt. Heißt: Der Punkt ist nach wie vor strittig.
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© Quelle: dpa
Auch den Satz des Kanzleramtes, dass das mutierte Virus „leichter in der Lage zu sein scheint, sich bei Kindern und Jugendlichen zu verbreiten“, hatten die SPD-Länder in ihrem Beschlussentwurf gestrichen. Es gebe „hinsichtlich der neuen Mutation noch keine eindeutige Gewissheit bezüglich deren Eigenschaften“, hieß es an der entsprechenden Stelle nur noch. An dieser Stelle haben sich die SPD-Länder offenbar durchgesetzt. Auch in dem Beschlussentwurf von Dienstagmittag fehlt der Hinweis auf die leichtere Ansteckung von Kindern und Jugendlichen.
Die meisten Schulen in Deutschland sind seit Mitte Dezember geschlossen oder es wurde die Präsenzpflicht ausgesetzt. Für Abschlussklassen darf es aber Ausnahmen geben – das will auch Merkel weiter gelten lassen.
Ausgangssperren
Nach dem Entwurf aus dem Kanzleramt soll es keine einheitliche bundesweite Ausgangssperre geben – allerdings sollen die Länder und Landkreise nun auch unterhalb der Sieben-Tage-Inzidenz von 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner die Möglichkeit haben, Ausgangssperren zu verhängen oder den Bewegungsradius auf 15 Kilometer um den Wohnort einzugrenzen.
Die SPD-Länder hatten diesen Punkt in ihrem Entwurf offengelassen. In der Vorlage von Dienstagmittag sind Ausgangssperre und Mobilitätseinschränkung in eckigen Klammern gesetzt. Auch hier herrscht also Gesprächsbedarf.
Die Verhängung von Ausgangssperren ist im Kreis der Ministerpräsidenten hoch umstritten. In Bayern, Sachsen und Baden-Württemberg etwa gibt es bereits nächtliche Ausgangssperren. Berlins Regierender Bürgermeister und derzeitiger MPK-Vorsitzender Michael Müller (SPD) hingegen äußerte massive Bedenken vor weiteren Eingriffen in die Privatsphäre.
Kontaktbeschränkungen
Es soll auch weiterhin bei der Regelung bleiben, dass sich jeder Hausstand mit nur einer weiteren Person treffen darf. Darin besteht Einigkeit, wie das RND aus Teilnehmerkreisen erfuhr.
Homeoffice
Beim Homeoffice gibt es nach RND-Informationen eine Einigung. Es wird keine Homeofficepflicht, wohl aber ein Homeofficegebot geben.
Arbeitgeber müssen, wo immer es machbar ist, den Beschäftigten das Arbeiten im Homeoffice ermöglichen, Arbeitnehmer sind aber nicht verpflichtet, das Angebot auch anzunehmen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) solle eine entsprechende Verordnung erlassen.
Arbeitgeber sollen außerdem aufgefordert werden, durch flexiblere Arbeitszeiten Stoßzeiten im Berufsverkehr zu entzerren.
Beschäftigten, deren Präsenz nötig ist, sollen Arbeitgeber medizinische Masken zur Verfügung stellen. Umstritten ist noch die Frage, ob die Arbeitgeber dazu nur aufgefordert werden, wie es die Beschlussvorlage des Kanzleramtes vorsieht, oder verpflichtet werden, wie die SPD-Länder es wollen.
Für Arbeitsbereiche auf engem Raum, ohne ausreichende Lüftung oder ohne ausreichende Abstände sieht die Beschlussvorlage den Einsatz von FFP2- oder KN95-Masken vor.
Maskenpflicht
Im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften soll das Tragen von „medizinischen Masken“ zur Pflicht werden – nicht von FFP2-Masken. Eine OP-Maske reicht also.
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Seit den Morgenstunden gilt in Bayern eine FFP2-Maskenpflicht im Handel und im Nahverkehr. Nicht nur da ist der Freistaat etwas strenger als andere Länder.
© Quelle: dpa
Öffentlicher Nahverkehr
Als Ziel wird beschrieben, die Kontakte im ÖPNV so zu reduzieren, dass das Fahrgastaufkommen ein Drittel der regulären zulässigen Zahlen nicht übersteigt. So soll der Abstand der Menschen zueinander gewahrt werden. Die Ausweitung des Homeoffice soll dazu beitragen. Wo es möglich ist, sollen zusätzliche Busse und Bahnen eingesetzt werden.
Alten- und Pflegeheime
Die Einrichtungen werden indirekt erneut aufgefordert, Schnelltests für Personal und Besucher vor Ort durchzuführen. Daran mangele es noch, obwohl Abrechnung, Anschaffung und Durchführung über die Testverordnung des Bundes sichergestellt sei.
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Steuerentlastungen
Unternehmen, die zusätzliche Laptops und Software für mobiles Arbeiten anschaffen, sollen steuerlich entlastet werden, indem digitale Wirtschaftsgüter bereits im Jahr der Anschaffung steuerlich vollständig abgeschrieben werden können. Die Regelung soll rückwirkend zum 1. Januar in Kraft treten.
Wirtschaftshilfen
Der Bund soll bei seinen Hilfsprogrammen für die Wirtschaft noch einmal nachbessern. Einzelhändler sollen die Möglichkeit bekommen, Abschreibungen auf nicht verkäufliche Saisonware bei den Fixkosten zu berücksichtigen. Abschlagszahlungen und monatliche Förderhöchstbeträge für Unternehmen und Soloselbstständige sollen angehoben werden, um wie viel genau, geht aus der Beschlussvorlage nicht hervor.
Außerdem will sich der Bund bei der EU-Kommission in Brüssel für eine Erhöhung der beihilferechtlichen Obergrenzen einsetzen. Die SPD-Länder fordern darüber hinaus, die bis zum 31. Januar verlängerte Aussetzung der Pflicht zur Anmeldung von Insolvenzen um zwei weitere Monate bis zum 31. März 2021 zu verlängern. Den bereits bis zum 31. März geltenden vereinfachten Zugang zur Grundsicherung wollen die Sozialdemokraten bis zum 31. Dezember 2021 fortschreiben.
Die Pressekonferenz nach der Konferenz wird live übertragen. Hier geht es zum Livestream.