Für einen WM-Boykott ist es viel zu spät
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Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, auf dem Weg zu einem Termin.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa
Nichts ist so klar wie das: Der entscheidende Fehler bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft wurde am Anfang gemacht. Sie hätte niemals nach Katar vergeben werden dürfen, wo hunderttausende arme Wanderarbeiter für das Championat von Millionären ihre Knochen hinhalten mussten – und viele ihr Leben gaben.
Die politisch Verantwortlichen in der so genannten freien Welt müssen mit dem Irrtum heute irgendwie umgehen. Dabei ist der Weg, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser und DFB-Präsident Bernd Neuendorf soeben im Emirat beschritten haben, naheliegend. Sie machen die Menschenrechte stark, bevor der vierwöchige Wettbewerb beginnt – und legen die Latte für die Machthaber damit möglichst hoch.
Ein Boykott der WM kommt nicht in Betracht
Ein Boykott der WM kommt nicht mehr in Betracht. Dafür ist es viel zu spät. Er würde auch den Wanderarbeitern nichts nützen – weder den toten noch den lebenden. Stattdessen müssten letztere fürchten, dafür am Ende abermals bestraft zu werden, zumindest atmosphärisch. Also gilt es, sich für ihre Interessen einzusetzen – und für die von Schwulen und Lesben. Sie müssen während der WM unbehelligt nach Katar fliegen dürfen. Faeser, die jetzt konsequenterweise zum deutschen Auftaktspiel wiederkommen will, hat dafür offenbar eine Garantie erhalten. Alles andere wäre auch nicht im katarischen Interesse.
Nicht minder klar bleibt freilich dies: Maßgeblich ist, was nach der Weltmeisterschaft in Katar geschieht. Experten sind da zwar keineswegs so pessimistisch wie viele Fachleute in heimischen Wohnzimmern. Doch Genaues wissen sie naturgemäß ebenfalls nicht. Die Welt jedenfalls wird sich für Katar sehr bald nach dem Turnier nicht mehr interessieren. Das ist bedauerlich genug.