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Wirecard-Skandal: FDP kritisiert „haarsträubende Praktiken“ bei der Bafin
Wirecard-Skandal: FDP kritisiert „haarsträubende Praktiken“ bei der Bafin
- In einem Bericht zum Wirecard-Skandal erhebt die europäische Finanzaufsicht Esma scharfe Kritik an der deutschen Aufsichtsbehörde Bafin.
- Die Prüfer stören sich vor allem an der Intransparenz bei der Bafin über den Aktienbesitz ihrer Mitarbeiter.
- Der finanzpolitische FDP-Sprecher Florian Toncar äußert daran scharfe Kritik.
Berlin. Nach einem Bericht der europäischen Finanzaufsicht ESMA zum Wirecard-Skandal hat die FDP scharfe Kritik an Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und der deutschen Finanzaufsicht Bafin geübt. „Der ESMA-Bericht ist politischer Sprengstoff für Olaf Scholz. Die ESMA formuliert es sehr höflich, aber im Kern stellt sie in den Raum, dass Wirecard politisch geschützt wurde“, sagte der finanzpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Florian Toncar, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
„Zudem weist der Bericht auf haarsträubende Praktiken beim Handel von Bafin-Beschäftigten hin“, so Toncar weiter. Die Bafin habe eingeräumt, dass sogar Mitarbeiter mit Zugang zu Insiderinformationen Wirecard-Aktien gehandelt hätten. „Der Vertrauensverlust in die Aufsicht, der damit verbunden ist, ist kaum wiedergutzumachen“, sagte der Liberale. „Wenn Olaf Scholz daraus keine personellen Konsequenzen zieht, ist er endgültig Teil des Problems und nicht der Lösung.“
Die EU-Behörde hat am Dienstagmorgen einen Bericht zur Insolvenz des früheren Finanzdienstleisters und Dax-Konzerns vorgelegt. Darin attestieren die europäischen Prüfer der deutschen Finanzaufsicht etliche Defizite und Versäumnisse. Kritisch sieht die EU-Behörde die Nähe der Bafin zur Politik. Aus der Häufigkeit und dem Detaillierungsgrad der Bafin-Berichte an das Bundesfinanzministerium leitet die ESMA ein „erhöhtes Risiko der Einflussnahme“ durch das Ministerium ab.
Zweifel über mögliche Interessenkonflikte
Zudem bemängelt die ESMA die Intransparenz bei der Bafin über den Aktienbesitz der Mitarbeiter. Dies werfe Zweifel über die Widerstandsfähigkeit der internen Kontrollsysteme der Aufsicht in Bezug auf mögliche Interessenkonflikte auf.
Wirecard hatte im Juni Luftbuchungen von 1,9 Milliarden Euro eingeräumt und in der Folge Insolvenz angemeldet. Die Firma saß als Dienstleister für bargeldlose Zahlungen an Ladenkassen und im Internet an der Schnittstelle zwischen Händlern und Kreditkartenfirmen. Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Unternehmen seit 2015 Scheingewinne auswies und ermittelt wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs. Um die politische Aufklärung bemüht sich ein Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages.
Bundesfinanzminister Scholz sagte am Dienstag in Brüssel, aus seiner Sicht bewege sich der ESMA-Bericht ganz entlang der Linie, „die wir selber in unserem Gesetzgebungsverfahren zur Reform der Aufsicht und Überprüfung eingeschlagen haben“. Das sei eine gute Botschaft.
„Und ansonsten ist es so, dass ja ganz anders als in dem deutschen Diskurs hier gesagt wird, das Bundesfinanzministerium hat sich sehr aktiv um diese Sache gekümmert“, sagte Scholz. „Das kann man vor dem Hintergrund der Debatte, die hierzulande geführt wird, ja durchaus als ein kleines, vorsichtiges Zeichen höchster Aufmerksamkeit begreifen, und ich betrachte das also nicht als etwas Kritisches.“
RND/ani/dpa