„Der Tag“

Wie viel Kontrolle hätten Sie denn gern?

Das Containerschiff „CMA CGM Zheng He“ läuft in den Hafen an der Elbe an den Terminals Eurogate (linkls) und Burchardkai ein (Symbolbild).

Das Containerschiff „CMA CGM Zheng He“ läuft in den Hafen an der Elbe an den Terminals Eurogate (linkls) und Burchardkai ein (Symbolbild).

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

der Hamburger Hafen genießt bei Annalena Baerbock ein hohes Ansehen. Er sei „nicht irgendein Hafen, sondern einer der Schlüsselhäfen nicht nur für uns als Exportnation, sondern für Europa insgesamt“, so die Außenministerin. Man könnte sagen: Der Hafen ist eine kostbare Perle, die nicht leichtfertig behandelt werden darf.

Nun wird dem Hamburger Hafen eine Möglichkeit eröffnet, der nicht nur Baerbock ablehnend gegenübersteht: Die chinesische Reederei Cosco will einen Teil kaufen. Während manche das Angebot als ganz gewöhnlichen Vorgang internationalen Handels verstehen, schrecken andere zurück.

Die mit 399 Metern Länge zu den größten Containerschiffen der Welt gehörende „Cosco Shipping Libra“ erreicht den Hamburger Hafen.

Die mit 399 Metern Länge zu den größten Containerschiffen der Welt gehörende „Cosco Shipping Libra“ erreicht den Hamburger Hafen.

Seit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine ist man vorsichtig geworden. Mit wem will man handeln und von wem will man sich damit ein Stück weit abhängig machen? Noch immer arbeiten westliche Staaten daran, ihre wirtschaftlichen Beziehungen zum Aggressor Russland mindestens einzuschränken. Es ist ein schmerzhafter Prozess, der große wirtschaftliche Unsicherheit mit sich bringt. Auf der anderen Seite will man die Kontrolle über die Energieversorgung nicht weiter an Russlands Präsidenten Wladimir Putin abgeben.

Kontrolle ist ein hohes Gut in diesen krisengeprägten Tagen. Gefordert wird diese auch mit Blick auf die kritische Infrastruktur: die Versorgung mit Gas, Strom, Trinkwasser, Lebensmitteln, Transportwegen und medizinischen Gütern und Leistungen. Hier nahmen die Sorgen in Deutschland vor allem nach der Sabotage bei der Deutschen Bahn und den Nord-Stream-Pipelines zu – und in der Folge auch die Forderungen nach mehr Kontrolle. Aber lässt sich die kritische Infrastruktur überhaupt derart überwachen? Und wie sicher ist sie eigentlich? Ein Team von RND-Autorinnen und ‑Autoren ist für Sie dieser Frage auf den Grund gegangen (+).

Handeln muss Scholz trotzdem

Bundeskanzler Olaf Scholz hält es währenddessen in der internationalen Wirtschaft wie beim Aktienhandel: Nicht zu viel auf eine Karte setzen, lieber das Geld breit streuen und in mehrere Töpfe investieren, so sein Credo nach dem Besuch in den Golfstaaten Ende September. Von dort sollen im Winter Diesel und Flüssiggas nach Deutschland gebracht werden. Anlaufstelle für das Gas aus den Emiraten ist übrigens der Hamburger Hafen.

Die Hoffnung von Scholz: Weniger Abhängigkeit von einer Energiequelle heißt auch wieder mehr Kontrolle in eigener Hand – auch wenn man kritisch auf die neuen Partner blickt, nicht zuletzt wegen der Menschenrechtslage. Es scheint: Ein brauchbarer Handelspartner mit blütenweißer Weste ist kaum zu finden. Handeln muss Scholz trotzdem.

Wie wäre es nun also mit China und dem Hamburger Hafen? Xi Jinping, Chinas Staatspräsident, hätte wohl nichts gegen einen Fuß seines Reichs auf der Hamburger Kaimauer. Für den Rest seiner inzwischen fristlosen Herrschaft wäre Einfluss auf den „Schlüsselhafen“ Hamburg nicht die schlechteste Option, um China seinen Platz in der ersten Reihe der Weltordnung zu sichern. „Tatsächlich sieht sich China im Systemkonflikt mit dem Westen – und nutzt gezielt Investitionen in die Infrastruktur vor allem von Schwellenländern, um seinen Einfluss zu vergrößern“, schreibt mein Kollege und RND-Chefreporter Thorsten Fuchs. (+)

Im Hamburger Hafen teilt man Baerbocks Sorgen nicht, ihre Ausführungen seien „stark vereinfacht“. Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) hält die ablehnende Haltung in der Bundesregierung für „nicht begründbar“. Geschäft ist Geschäft? In diesen Zeiten ist das weniger sicher denn je.

Der Tag

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Zitat des Tages

Unsere Infrastrukturen sind die Lebensadern unserer Gesellschaft. Das macht sie aus der Sicht potenzieller Angreifer zu einem attraktiven Ziel.

Volker Wissing,

Bundesverkehrsminister, im RND-Interview auf die Frage, ob er mit weiteren Sabotageattacken auf Deutschlands Infrastruktur rechnet

Das komplette Interview mit dem Bundesverkehrsminister lesen Sie hier.

 

Leseempfehlungen

Die ukrainische Abgeordnete und Vizeparteichefin der liberalen Partei Stimme, Inna Sowsun, erklärt im RND-Interview mit meinem Kollegen Sven Christian Schulz ihren Ärger und ihr Unverständnis über Deutschlands Waffenlieferungen und den Ringtausch, berichtet von ihrem kämpfenden Mann in der Südukraine und den Vorbereitungen der Menschen auf „einen der härtesten Winter in der ukrainischen Geschichte“.

Ab heute sind die Pilotinnen und Piloten von Eurowings zu einem dreitägigen Streik aufgerufen. Am ersten Tag fällt knapp die Hälfte der Flüge aus. Besonders in Düsseldorf, dem größten Standort der Airline, müssen Reisende mit Annullierungen und Verspätungen rechnen. Meine Kollegin Jana Freiberger hat einen Überblick für Sie erstellt, welche Flüge ausfallen.

 

Aus unserem Netzwerk

Waren früher Jobsuchende die Bittsteller, müssen sich inzwischen Arbeitgebende interessant machen, um Personal zu ködern. Das könnte über die Viertagewoche funktionieren, die die sogenannte Work-Life-Balance verbessert. In Leipzig probieren das mehrere Unternehmen aus – in manchen Branchen ist das jedoch nicht möglich, wie die „Leipziger Volkszeitung“ berichtet.

 

Termine des Tages

In Luxemburg findet am heutigen Montag ein Treffen der EU-Außenminister statt. Auf der vorläufigen Agenda stehen Debatten zur Aggression Russlands gegen die Ukraine, ein Gedankenaustausch zu China und Iran-Sanktionen.

In Peking wird der einwöchige Kongress der Kommunistischen Partei Chinas fortgesetzt. Er stellt die Weichen für die Politik, besetzt das Zentralkomitee und den engsten Machtzirkel neu.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wird heute in Tschechien erwartet. Der Politiker der Grünen nimmt an einem deutsch-tschechischen Wirtschaftsforum teil und trifft den tschechischen Industrie- und Handelsminister Jozef Síkela. Themen sind dabei unter anderem die Industrie von morgen und Energiefragen.

 

Wer heute wichtig wird

Nach fast acht Jahren als ukrainischer Botschafter in Deutschland ist Andrij Melnyk in die Ukraine zurückgekehrt. Sein Nachfolger Oleksij Makejew machte sich am Sonntag mit dem Auto auf den Weg nach Berlin und wird heute an seiner neuen Wirkungsstätte erwartet. Makejew war bisher Regierungsbeauftragter für die Sanktionen gegen Russland.

Nach fast acht Jahren als ukrainischer Botschafter in Deutschland ist Andrij Melnyk in die Ukraine zurückgekehrt. Sein Nachfolger Oleksij Makejew machte sich am Sonntag mit dem Auto auf den Weg nach Berlin und wird heute an seiner neuen Wirkungsstätte erwartet. Makejew war bisher Regierungsbeauftragter für die Sanktionen gegen Russland.

 

„Der Tag“ als Podcast

Die News zum Hören

Wir wünschen Ihnen einen guten Start in den Tag,

Ihr Nils Thorausch

 

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