Wie kann der nächste Amoklauf verhindert werden?
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Blumen, Kerzen und ein Teddybär liegen und stehen im Stadtteil Alsterdorf vor dem Eingang zu einem Gemeindehaus der Zeugen Jehovas.
© Quelle: Daniel Bockwoldt/dpa
Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,
drei Tage ist es nun her, dass der 35-jährige Philipp F. in Hamburg mit einer Waffe und mehr als 400 Schuss Munition in das Gebäude der Zeugen Jehovas eindrang, wild auf die Gottesdienstbesucherinnen und ‑besucher schoss und acht Menschen, einschließlich sich selbst, tötete. Acht weitere Personen wurden bei dem Amoklauf verletzt, vier von ihnen schwer. Jetzt werden Rufe nach Konsequenzen laut und die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können.
Genau dies glaubt Sebastian Fiedler, früherer Vorsitzender des Bundes deutscher Kriminalbeamter. Er wirft der Polizei vor, sie habe mögliche Hinweise auf den Amoklauf von Philipp F. nicht ausreichend geprüft. Auf seiner Website und in einem von ihm veröffentlichten Buch hatte der Sportschütze F. seine krude Weltanschauung verbreitet. „Wenn nicht nur die Überprüfung vor Ort stattgefunden hätte, sondern man auch diese öffentlich zugänglichen Informationen zurate gezogen hätte, dann hätte das Gesetz eine ausreichende Handlungsgrundlage geboten, um ein psychologisches Gutachten einzufordern“, sagte Fiedler. Der SPD-Politiker hält es für „keine kluge Idee“, dass Sportschützen Waffen und Munition nicht länger zu Hause, sondern nur noch im Sportverein aufbewahren dürfen. Er warnte vor einer „Bündelung von Schusswaffen“ und neuen Sicherheitsrisiken. Hochsicherheitsräume seien dann in Sportvereinen notwendig.
In die Debatte um schärfere Vorgaben für Waffenbesitzerinnen und ‑besitzer hat sich auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) eingeschaltet. Sie drang auf eine sofortige Verschärfung des Waffenrechts aufgrund der sich „gefühlt mehrenden Vorfälle“, wie Markus Decker und Kristina Dunz berichten. Die Gesundheitsämter sollten ebenfalls stärker in die Prüfung involviert werden, forderte die GdP.
Philipp F. war nur wenige Wochen vor dem Amoklauf von Polizisten kontrolliert worden, nachdem es ein anonymes Hinweisschreiben gegeben hatte. Axel Petermann, zertifizierter Profiler und Kriminalist, sagte im RND-Interview meiner Kollegin Vivien Valentiner, es sei durchaus möglich, dass sich Menschen bei einer polizeilichen Überprüfung anders geben und psychische Erkrankungen nicht erkennbar sind. Meist hätten solche Täter ihr Feindbild über eine lange Zeit aufgebaut und seien auf ihre potenziellen Opfer fixiert. Dass Philipp F. auffällig viele Magazine mit Patronen in seinem Waffenschrank lagerte, hätten die Polizisten bei der Überprüfung hinterfragen sollen, meint der Experte.
RND-Hauptstadtkorrespondentin Kristina Dunz hält den Vorschlag, dass Sportschützen ihre Waffen in einem Vereinsgebäude verschließen und nur dort benutzen dürfen, für sinnvoll. „Es ist ja schließlich nur ihr Sport“, schreibt sie, und auch Segelboote und Pferde seien nicht im Haus und Hunderttausende frönten trotzdem diesen Sportarten. „Es darf nicht sein, dass sich in irgendeiner Weise eine Waffenlobby breitmacht“, warnt Dunz in ihrem Kommentar. Die Zustände in den USA sollten abschreckend genug sein.
Wir wünschen Ihnen einen guten Start in diesen Tag,
Ihr Sven Christian Schulz
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© Quelle: Danny Moloshok/Invision via AP/d
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