Friedrich Merz: der ewige Polarisierer
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Will CDU-Chef werden: Friedrich Merz.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Berlin. Der 65-Jährige ist der Liebling der Konservativen – und der Jungen Union. Zumindest hat die große Nachwuchsorganisation von CDU und CSU Merz zu ihrem Favoriten gewählt – vor Röttgen und dann Laschet. Ebenso ist er der Hoffnungsträger der Mittelstandsunion des Wirtschaftsflügels. Viel Rückhalt hat er auch in der CDU in den ostdeutschen Ländern.
Merz war von den Kandidaten am häufigsten im Osten. Das Lob der CDU dort: Merz könne zuhören und verstehe besser als die anderen, was es bedeute, einen AfD-Anteil von bis zu 25 Prozent im Landtag zu haben. Merz zehrt von seinem Ruf als Wirtschaftsexperte – begründet auf jahrelanger Tätigkeit als Unternehmensberater und in Aufsichtsräten und auf seinem 2003 vorgestellten sogenannten Bierdeckelkonzept zur Vereinfachung des Steuersystems.
Davon hat sich der einstige Finanzexperte der Unionsbundestagsfraktion allerdings mittlerweile distanziert. Mit Vorstößen zur besseren Rentenvorsorge, zum Abbau der Bürokratie und der Abwehr von SPD-Vorschlägen zu höherer Belastung von Vermögen füllt er die gefühlte wirtschaftspolitische Lücke der CDU.
Ausgang offen: CDU wählt neuen Parteichef
Umfragen zufolge liegt keiner der drei Kandidaten in der Gunst der CDU-Anhänger mit deutlichem Abstand vorne.
© Quelle: Reuters
Der frühere Unionsfraktionschef kann charmant und gewinnend auftreten. Er ist ein guter Redner und bestimmt im Auftreten. Er ist der Sehnsuchtsmann des Wirtschaftsflügels und auch in Rechtsaußenkreisen wie der Werteunion.
Merz’ Schwerpunkte kurz und knapp
- „Volkspartei der Mitte“
- Aufbruch
- ökologische Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft
- neuer Generationenvertrag
Die Schwächen von Friedrich Merz
Sein Ruf als Polarisierer, als Vertreter einer altmodischen CDU und sein über Jahre gepflegtes Zerwürfnis mit Merkel stören viele in der Partei am meisten. Ihre Befürchtung ist, dass sich gemäßigte und liberale CDU-Wähler bei einem Sieg von Merz anderen Parteien zuwenden und vor allem die Grünen stärken könnten.
Merz betont seine Liberalität, irritierte aber etwa mit einer Formulierung, durch die er Homosexualität in Zusammenhang mit Pädophilie brachte – und das ausgerechnet in einem Gespräch über Jens Spahn, der mit einem Mann verheiratet ist. Den Vorstand der Frauen-Union hat er mit seiner Abneigung von Frauenquoten kräftig verärgert. Hier kam er nur auf Platz drei.
Merz ging darüber unversöhnlich hinweg. Er unterschätzt dabei den Einfluss der Frauen unter den Delegierten, die bei einem knappen Rennen wichtige Stimmen bedeuten. Mit seiner Tendenz zu Dünnhäutigkeit und Unbeherrschtheit verschreckt er Parteimitglieder. Einst zog er sich aus Groll über Angela Merkel aus der Politik zurück.
Nach seiner Niederlage bei der Parteivorsitzwahl 2018 gegen Annegret Kramp-Karrenbauer suchte er die Schuld zunächst nicht bei sich, sondern bei den falsch eingestellten Scheinwerfern. Und als im Herbst entschieden wurde, den Wahlparteitag wegen der Corona-Pandemie erneut zu verschieben, warf er dem „Parteiestablishment“ vor, eine Kampagne gegen ihn zu führen.