Was die Atomwaffendebatte bei AKK auslöst
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Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hält nichts von deutsch-französischen Nuklearwaffen.
© Quelle: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/
Berlin. Annegret Kramp-Karrenbauer brauchte ein paar Sätze, dann war der Vorschlag ihres Parteikollegen vom Tisch gewischt, scheinbar zumindest. Nukleare Teilhabe sei „ein Wort, vor dem wir nicht zurückscheuen“, sagte die Verteidigungsministerin. Dabei gehe es aber nicht um „einzelne bilaterale Abmachungen“. Vielmehr sei es so: „Deutschland ist und bleibt auf den Nuklearschirm der Nato angewiesen."
Ausgelöst hatte die Debatte Vizeunionsfraktionschef Johann Wadephul. „Wir müssen eine Zusammenarbeit mit Frankreich bei den Nuklearwaffen ins Auge fassen“, hatte der dem „Tagesspiegel“ gesagt. „Deutschland sollte bereit sein, sich mit eigenen Fähigkeiten und Mitteln an dieser nuklearen Abschreckung zu beteiligen. Im Gegenzug sollte Frankreich sie unter ein gemeinsames Kommando der EU oder der Nato stellen.“
Interesse der CSU
Der europapolitische Sprecher der Unionsfraktion, Florian Hahn (CSU), ließ dafür eine gewisse Offenheit erkennen: „Der nukleare Schutzschirm ist für die europäische Sicherheit leider weiterhin existenziell. Mit Blick auf das sich ändernde transatlantische Verhältnis ist der Gedanke an eine eigene europäische Nukleartechnologie nur konsequent“, sagte Hahn dem RND.
Der CDU-Außenpolitikexperte Roderich Kiesewetter dagegen äußerte Bedenken. „Eine deutsch-französische Nuklearinitiative wäre ein Misstrauenssignal gegenüber den USA“, sagte Kiesewetter dem RND. „Europa allein kann seine Sicherheit nicht organisieren. Wir dürfen den transatlantischen Nuklearschirm nicht gefährden.“
EU als Atommacht?
Ohnehin würde Frankreichs atomare Bewaffnung nicht ausreichen, um die Fähigkeiten der USA in Europa zu ersetzen. „Für eine eigenständige europäische nukleare Sicherheitsstrategie wäre eine massive Aufrüstung nötig“, sagte Kiesewetter. Er empfahl Frankreich allerdings genauso wie Wadephul, der Nato seine Nuklearfähigkeiten „ergänzend zur Verfügung zu stellen“. Frankreich zeige viele Alleingänge. „Es sollte bereit sein, mehr für die europäische Sicherheit zu investieren.“
Von den Grünen kam eine eindringliche Warnung. Es sei eine „sicherheitspolitisch irrsinnige Forderung, dass die EU nun Atommacht werden soll“, sagte die Vizefraktionschefin Agnieszka Brugger dem RND. Wichtiger seien „mehr denn je klare Impulse für Rüstungskontrolle und Abrüstung“.
Atomwaffen in Deutschland
Zum sogenannten nuklearen Schutzschirm gehören unter anderem US-Atombomben, die im rheinland-pfälzischen Büchel gelagert sind. Die derzeitigen Kampfflugzeuge der Bundeswehr haben dafür Transportvorrichtungen.
Diese Beteiligung stellte Kramp-Karrenbauer ausdrücklich nicht in Frage. Die Entscheidung über neue Kampfflieger – und deren Ausstattung – steht noch aus.
Schlechtes Zeugnis für von der Leyen
Die Nuklearschirmdebatte überlagerte den eigentlichen Themenplan der Ministerin für diesen Tag. Bei ihrem ersten Auftritt auf der Bundeswehrtagung, der Jahresversammlung von Generälen und Offizieren, setzte sie sich selbst eine klare Zielmarke für 2020 – und grenzte sich gleichzeitig deutlich von ihrer Amtsvorgängerin Ursula von der Leyen ab.
Die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr müsse noch in diesem Jahr deutlich erhöht werden, sagte Kramp-Karrenbauer. Es reiche nicht aus, wenn Ausrüstung im Schnitt nur zu 70 Prozent verfügbar sei, sagte sie. „Wir müssen am Ende des Jahres besser dastehen.“
Man werde für die Veränderungen auf den Sachverstand der Bundeswehr setzen: „Das sind ihre guten Ideen, nicht Ideen von anderen, die außerhalb der Bundeswehr stehen“, sagte Kramp-Karrenbauer – die sehr unübersichtlich gewordene Verpflichtung externer Berater hat für von der Leyen zu einem Untersuchungsausschuss des Bundestags geführt.
Die Ex-Ministerin ist für nächste Woche geladen, nun bringt sie gewissermaßen ein schlechtes Zeugnis mit.
Das Jahr null – für Bundeswehr und AKK
Und noch einen Rempler hatte Kramp-Karrenbauer für ihre Vorgängerin dabei: Die Idee, die Beschaffung der Bundeswehr nach dem Vorbild der Autoindustrie zu organisieren, habe nicht funktioniert.
Die neue Ministerin setzt nun auf darauf, den bürokratischen Aufwand für Alltagsbestellungen zu reduzieren. Testen soll das erst einmal der Sanitätsdienst.
„Auf dieses Jahr kommt es an“, sagte die Ministerin. „Es ist in vielerlei Hinsicht unser Jahr null.“ Das trifft für Kramp-Karrenbauer tatsächlich in vielerlei Hinsicht zu – in diesem Jahr entscheidet sich schließlich auch, ob die CDU-Chefin Kanzlerkandidatin der Union wird.
RND