Wahlprogramm von CDU und CSU zur Bundestagswahl 2021 – das steht drin
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Armin Laschet (links), CDU-Kanzlerkandidat, CDU-Bundesvorsitzender und Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, und Markus Söder, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, bei einer Pressekonferenz zum gemeinsamen Wahlprogramm für die Bundestagswahl.
© Quelle: Kay Nietfeld/dpa
Berlin. Der Wahlkampf ist in seine heiße Phase eingetreten. Die Spitzenkandidaten der großen Parteien reisen durch die Lande, um für sich und ihre Partei zu werben, und absolvieren einen TV-Auftritt nach dem nächsten. Aber wofür stehen die Parteien eigentlich? Was wollen sie für ihre Wähler erreichen? Wir haben die Wahlprogramme durchsucht und stellen hier die Aspekte zu wichtigen Themen wie Verkehr, Steuern oder Migration vor. Hier schauen wir ins Wahlprogramm der Union.
Verkehr
- Autoverkehr: „Mobilität ist ein Ausdruck individueller Freiheit“ schreibt die CDU in ihrem Wahlprogramm. Das bedeutet unter anderem: Ein generelles Tempolimit auf Autobahnen lehnt die Partei ebenso ab wie Dieselfahrverbote. Das Autoland Deutschland soll dennoch klimafreundlicher werden – jedoch ohne Einschnitte für die Automobilindustrie. „Wir wollen, dass in Deutschland weiterhin die besten Autos der Welt produziert werden – und zwar mit allen Antriebsformen“, steht im Programm. Ein „Fahrplan“ für den Umstieg auf emissionsfreie Mobilität wird angekündigt.
- Bahnverkehr: Die CDU fordert einen „besseren europäischen Hochgeschwindigkeitsschienenverkehr“ unter anderem mit schnellen Verbindungen in die mitteleuropäischen Hauptstädte Warschau und Prag (die letztere Strecke ist bereits in Bau). Sie bekennt sich zu Nachtzügen. Die Zahl der Kurzstrecken-Zubringerflüge soll durch bessere Zugverbindungen zu den Drehkreuzflughäfen und einfacheres Umsteigen zwischen Flug und Zug verringert werden.
- Flugverkehr: Die CDU will, dass die Luftfahrt ein „preislich wettbewerbsfähiger Verkehrsträger“ bleiben soll. Flugzeuge sollen in der Zukunft mit synthetischen Kraftstoffen betankt werden – Anreiz ist, dass solche Flüge von der Luftverkehrssteuer befreit werden. Und auch die Flugtaxen finden einen Platz im Wahlprogramm: Sie seien zwar noch „eine Vision für die Zukunft“, aber diese werde “zunehmend realistischer“.
- ÖPNV: Die CDU will den Kommunen „mehr Spielräume bei der Gestaltung von fuß- und radverkehrsfreundlichen Räumen“ geben, so können sie beispielsweise Fahrradvorrangrouten ausweisen.
Flucht und Migration
Die Unionsparteien bekennen sich in ihrem Wahlprogramm zum Grundrecht auf Asyl, wollen jedoch auf Verschärfungen setzen: Mehr Länder sollen zu sicheren Herkunftsstaaten erklärt werden und weniger Ausreisepflichtige sollen in Deutschland bleiben dürfen. Vor allem Flüchtlinge, die straffällig geworden sind, wollen CDU und CSU abschieben.
Innerhalb der EU sprechen sich die beiden Parteien für eine engere Kooperation und eine neue Lastenverteilung bei der Aufnahme Asylsuchender aus. So fordert die Union etwa die Einrichtung gemeinsamer Asylentscheidungszentren an den EU-Außengrenzen. Insbesondere solle die EU die Fluchtursachen vor Ort bekämpfen.
Gleichzeitig sprechen sich CDU und CSU für eine „gesteuerte und gezielte Zuwanderung in den Arbeitsmarkt“ aus, von der Deutschland profitieren könne. Mit einer „Attraktivitätsoffensive“ sollen die „klügsten Köpfe“ in Wirtschaft und Forschung nach Deutschland gebracht werden.
Klimaschutz und Energiebonus
Zur Erreichung der Pariser Klimaziele setzt die Union „auf effiziente marktwirtschaftliche Instrumente als Leitinstrumente innerhalb eines Instrumentenmixes“. Die durch den Emissionshandel entstehenden Mehrbelastungen sollen „mit gezielten Entlastungen in den Bereichen Wohnen und Mobilität“ kompensiert werden. „Die Einnahmen aus dem Emissionshandel werden wir in vollem Umfang an die Bürgerinnen und Bürger und an die Betriebe durch Stromverbilligung zurückgeben.“
CDU und CSU wollen „als Erstes“ die EEG-Umlage abschaffen. Klimaneutralität soll nach dem Willen der Union „ein Wettbewerbsvorteil unserer Wirtschaft“ werden. „Investitionen in Klimatechnologien und Energieeffizienz zur CO₂-Reduktion sollen künftig steuerlich besser abgesetzt werden können. Im Rahmen einer Klimaeffizienzreform wollen wir auf das Klimapaket aufbauen und energiebezogene Steuern, Umlagen und Entgelte stärker auf CO₂-Ausstoß ausrichten.“
Rente
Die Union kündigt an, sie wolle Rentner weiter verlässlich an der Einkommensentwicklung beteiligen. Kritiker weisen darauf hin, was sich im Unionswahlprogramm nicht befindet: ein Bekenntnis zu einem bestimmten Rentenniveau, mit dem das Verhältnis der Renten zum durchschnittlichen Einkommen eines Arbeitnehmers beschrieben wird.
Bei der privaten, staatlich geförderten Vorsorge will die Union Kriterien für ein Standardprodukt festlegen, das mit geringen Verwaltungskosten auskommen soll.
Umstritten ist zwischen CDU und CSU, ob die Mütterrente ausgeweitet werden soll. Die CSU fordert, älteren Müttern, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, wie den jüngeren drei statt zweieinhalb Rentenpunkte anzurechnen. Der CDU ist das zu teuer. Die CSU macht es zur Bedingung dafür, dass sie mitregiert.
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© Quelle: RND
Außen- und Verteidigungspolitik
Als stärkste Wirtschaftsnation Europas soll Deutschland in der Außen- und Sicherheitspolitik eine führende Rolle spielen. Für die Union heißt das auch: mehr Bundeswehreinsätze im Ausland. Zur Koordinierung innerhalb der Bundesregierung soll es einen Nationalen Sicherheitsrat geben.
Die Union unterstützt das Nato-Ziel, die Verteidigungsausgaben auf die in der Nato vereinbarte Höhe von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Bis 2030 soll die Bundeswehr 10 Prozent der Nato-Fähigkeiten stellen. Die nukleare Teilhabe in der Nato, mit der die Stationierung von Atomwaffen begründet werden kann, sei wichtig für „glaubwürdige Abschreckung“. Bewaffnete Drohnen soll die Bundeswehr auf jeden Fall bekommen. Ohne Konkretisierung angekündigt wird eine Reform des Beschaffungswesens der Bundeswehr.
Bundeswehrsoldaten sollen künftig neben der Bahn auch den ÖPNV kostenlos nutzen können. Der Besuch von Jugendoffizieren in Schulen, die dort für den Soldatenberuf werben, soll zur Regel werden.
Als Partner hebt die Union die USA, indopazifische Staaten, Lateinamerika und Afrika hervor, mit einem Fokus auf Handel, Klimapolitik und Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Terrorismus. Der Machtwillen Chinas wird als Herausforderung, Russland als mögliche militärische Bedrohung bezeichnet. Auch hier fällt das Wort Abschreckung. Dialog sei aber weiter geboten.
Im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern plädiert die Union für die Zweistaatenlösung. Weiter sollen 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens in die Entwicklungshilfe fließen – von den Empfängerländern wird erwartet, dass sie abgeschobene Flüchtlinge aufnehmen.
Steuersystem
CDU und CSU versprechen, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen. Das nützt vor allem Gut- und Spitzenverdienenden. Denn derzeit müssen beispielsweise Alleinstehende erst ab einem Jahreseinkommen von rund 73.000 Euro brutto den Soli zahlen. Auch die geplante Anhebung des Steuerfreibetrags für Kinder kommt weitgehend Gutverdienenden zugute.
Die Union sagt allerdings auch zu, kleine und mittlere Einkommen bei der Einkommensteuer zu entlasten. Details und Zeitpläne nennt sie aber nicht. Die für größere Unternehmen geltende Körperschaftsteuer soll von 15 auf 10 Prozent sinken. Allein das und die Abschaffung des Solizuschlags kosten zusammen fast 30 Milliarden Euro jährlich. Vorschläge zur Gegenfinanzierung fehlen jedoch. Steuererhöhungen werden jedenfalls strikt ausgeschlossen.
Europa
In der EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik machen CDU und CSU eine klare Ansage: Die Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts in der EU, die seit Beginn der Corona-Pandemie ausgesetzt sind, sollen so schnell wie möglich wieder in Kraft treten.
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Die gemeinsame Schuldenaufnahme, auf die sich die EU im vergangenen Jahr erstmals in ihrer Geschichte geeinigt hat, soll eine einmalige Angelegenheit bleiben. „Sie ist kein Einstieg in eine Schuldenunion – und darf es nie werden. Jeder Mitgliedsstaat haftet für seine eigenen Schulden“, heißt es im Wahlprogramm.
Europa müsse sich vielmehr besser auf Finanz- und Wirtschaftskrisen vorbereiten. Als letzten Ausweg schlägt die Union sogar Insolvenzverfahren für Staaten vor. Weil in Deutschland jeder vierte Arbeitsplatz vom Export abhänge, wollen CDU und CSU die Welthandelsorganisation WTO stärken. Die Verhandlungen mit den USA über ein Freihandelsabkommen sollen so rasch wie möglich wieder aufgenommen werden.
Wohnungspolitik
Die Unionsparteien haben vor allem für Wohnbaugesellschaften und die Bauherren und Besitzerinnen und Besitzer von Eigenheimen Unterstützung und Erleichterungen im Programm. Ihre Devise: bauen, bauen, bauen. Ausreichender Wohnraum sei der beste Mieterschutz und sorge auch für stabil bleibende Mieten.
CDU und CSU geben in ihrem „Regierungsprogramm“ das Ziel aus, bis 2025 mehr als 1,5 Millionen neue Wohnungen in Deutschland entstehen zu lassen. Das wollen die Konservativen vor allem mit Steuererleichterungen und Bürokratieabbau fördern. Die derzeit befristete Möglichkeit, 5 Prozent der Kosten für den Bau neuer Mietwohnungen von der Steuer abzusetzen, will die Union über 2021 hinaus verlängern.
Planungs- und Genehmigungsverfahren sollen beschleunigt werden. Wenn ein Bauantrag nach zwei Monaten noch nicht abschließend bearbeitet ist, soll er künftig grundsätzlich als genehmigt gelten. Für geringverdienende Mieterinnen und Mieter will die Union den sozialen Wohnungsbau fördern und das Wohngeld regelmäßig anpassen.
Gesundheit
Die Union setzt auf bewährte Wahlprogrammklassiker: Digitalisierung, Abbau von Bürokratie und Sicherung der medizinischen Versorgung auch auf dem Land. Konkrete Vorschläge dazu gibt es allerdings kaum. Als Lehren aus der Pandemie versprechen CDU und CSU einen Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes und des Robert-Koch-Instituts (RKI). Zudem sollen Forschung und Entwicklung neuer Medikamente stärker gefördert werden, etwa durch schnellere Genehmigungsverfahren. Die Legalisierung von Drogen lehnt die Union ab. Sie wendet sich zudem gegen eine „Kommerzialisierung“ der Sterbehilfe und verspricht einen besseren Zugang zur Palliativ- und Hospizversorgung.
Innere Sicherheit
CDU und CSU wollen die Sicherheitsbehörden stärken, durch mehr Personal, eine bessere Ausstattung sowie zunehmende Kompetenzen. In Teilen wurde dieser Prozess in der ablaufenden Legislaturperiode bereits eingeleitet. Auch wollen sie die Einsatzkräfte besser schützen. So soll die Mindeststrafe für tätliche Angriffe auf sechs Monate steigen. Die Videoüberwachung an öffentlichen Orten wie vor Fußballstadien oder Bahnhöfen soll ausgebaut werden.
Neben dem Kampf gegen sexuellen Kindesmissbrauch möchte die Union ferner die Clankriminalität in den Blick nehmen, so mit fortlaufenden Razzien, und jede Form von Extremismus bekämpfen. Außerdem stellt sie der deutschen Wirtschaft eine Stärkung ihrer IT-Sicherheit in Aussicht. Die Partei will, dass, so wörtlich, „niemand zurückgelassen wird“.
Die Zuwanderungspolitik wird von der Union ebenfalls als Sicherheitspolitik begriffen. Deshalb soll der Außengrenzschutz der Europäischen Union verstärkt und „Zuwanderung in unsere Sozialsysteme“ verhindert werden. Wörtlich heißt es: „Wer in Deutschland straffällig wird, hat sein Gastrecht verwirkt.“
Bildung
Die Union schreibt in ihrem Wahlprogramm, Aufstieg durch Bildung sei ein Versprechen, das nur dann für alle möglich werden könne, wenn ein Schwerpunkt auf den Erwerb der deutschen Sprache gelegt werde. Ab einem Alter von drei Jahren solle es verbindliche Sprachstandardtests geben. „Dort, wo ein besonderer Sprachförderbedarf festgestellt wird, muss eine verpflichtende, qualitativ wirksame und durchgehende Sprachförderung in einer Kindertagesstätte oder Vorschule erteilt werden“, fordern CDU und CSU.
Nach der Corona-Pandemie solle es in den Schulen insbesondere Hilfe für Lernschwächere geben, heißt es im Programm. Die Union verweist dabei aber allein auf bereits von der Regierung beschlossene Hilfen.
Altenpflege
Die Union hält an der bisherigen Pflegeversicherung fest, will aber die Leistungen regelmäßig an die Lohnentwicklung anpassen. Zudem sollen die unterschiedlichen Leistungen in der ambulanten Pflege zu einem flexibel nutzbaren Budget zusammengefasst werden. Der Pflegevorsorgefonds, der die demografische Entwicklung abfedern soll und in den 0,1 Beitragssatzpunkte fließen (jährlich rund 1,6 Milliarden Euro), soll um 15 Jahre bis 2050 verlängert werden.
Zudem will die Union betriebliche Pflege-Zusatzversicherungen staatlich fördern. Für die Beschäftigten in der Pflege wollen CDU und CSU „attraktive Arbeitsbedingungen“ schaffen, die „insbesondere auch eine verlässliche Gestaltung der Dienstpläne umfassen“.
Aufbau Ost
Im Wahlprogramm der Union gibt es einen eigenen Abschnitt mit dem Titel „Zukunft Ost“. Darin heißt es, man wolle die entstandenen Cluster in Wirtschaft und Wissenschaft stärken sowie die Vernetzung besonders nach Mittel- und Osteuropa etwa in den Bereichen Verkehr sowie Bildung und Wissenschaft vorantreiben.
Die Union bekennt sich zum Kohle-Kompromiss, der einen Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung bis 2038 vorsieht; das ist besonders für Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt relevant. „Die Braunkohle-Regionen, die betroffenen Energieunternehmen, die Zulieferer und vor allem die Beschäftigten können sich auf uns verlassen“, steht da wörtlich. Zudem möchten CDU und CSU die Ansiedlung von Bundesbehörden besonders im ländlichen Raum fortsetzen. So soll unter anderem eine neue digitale Ausbildungsstätte der Bundeswehr entstehen.
Beide Parteien weisen im Wahlprogramm schließlich auf Errungenschaften der ablaufenden Legislaturperiode hin, so in der Rentenpolitik (in Form eines höheren Anteils bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR) und der DDR-Aufarbeitung (Überführung der Stasi-Akten ins Bundesarchiv und Schaffung einer Opferbeauftragten beim Bundestag). Die Forschung zur SED-Diktatur soll in den kommenden Jahren explizit ausgebaut werden. Weitere Ankündigungen gibt es nicht.
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