Griechenland wählt im Mai ein neues Parlament
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Griechenlands Premierminister Kyriakos Mitsotakis.
© Quelle: IMAGO/ANE Edition
Athen. Die Wahlberechtigten in Griechenland sollen am 21. Mai ein neues Parlament wählen. Diesen Termin nannte Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis am Dienstag in einer vom Staatsfernsehen übertragenen Kabinettssitzung. „Das Land und die Bürger brauchen einen klaren Horizont“, sagte Mitsotakis. Die Legislaturperiode endet regulär Anfang Juli.
Der konservative Premier regiert seit vier Jahren mit einer absoluten Mehrheit. Die dürfte er bei der nächsten Wahl aber verlieren. Denn abgestimmt wird nach einem 2016 unter seinem radikal-linken Vorgänger Alexis Tsipras verabschiedeten Verhältniswahlrecht, das jetzt erstmals zur Anwendung kommt. Wahlrechtsänderungen werden in Griechenland laut Verfassung erst beim jeweils übernächsten Urnengang wirksam. Damit benötigt eine Partei jetzt für die absolute Mehrheit im 300 Sitze umfassenden Parlament mindestens 47 Prozent der Stimmen.
Neues Wahlrecht greift in Griechenland zum ersten Mal
Davon ist die konservative Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) weit entfernt. Sie ist zwar stärkste Partei, liegt in jüngsten Umfragen aber nur bei rund 30 Prozent. Mitsotakis hat dennoch die absolute Mehrheit zu seinem Wahlziel erklärt und will Neuwahlen ansetzen, falls nach dem Urnengang vom 21. Mai keine Regierungsbildung gelingt. Sie könnten „spätestens Anfang Juli“ stattfinden, sagte der Premier am Dienstag. Bei der Wiederholungswahl käme ein Anfang 2020 verabschiedetes Wahlrecht zur Anwendung, das eine absolute Mehrheit schon mit etwa 37 Prozent Stimmenanteil ermöglicht.
Mitsotakis zog am Dienstag im Kabinett eine positive Bilanz seiner ersten Legislaturperiode. „Griechenland ist 2023 in einer viel besseren Verfassung als 2019″, sagte der Premier. In seiner Regierungszeit seien 300.000 neue Arbeitsplätze geschaffen und die Arbeitslosenquote um 6 Prozentpunkte zurückgeführt, die Renten und der Mindestlohn erhöht worden. Tatsächlich steht das Land wirtschaftlich gut da. 2022 legte die Wirtschaftsleistung 5,9 Prozent zu. Auch die Aussichten für 2023 sind gut. Die griechische Zentralbank hat ihre Wachstumsprognose für das laufende Jahr jetzt von 1,5 auf 2,2 Prozent heraufgesetzt. Die Regierung rechnet mit 2,3 Prozent.
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Schweres Zugunglück überschattet den Wahlkampf
Die bevorstehenden Wahlen und die Aussicht auf monatelange politische Ungewissheit sind aber ein Unsicherheitsfaktor. Das schwere Zugunglück, bei dem im Februar in Nordgriechenland 57 Menschen getötet wurden, überschattet den jetzt beginnenden Wahlkampf. Die Katastrophe offenbarte haarsträubende Missstände bei der staatlichen Bahngesellschaft OSE und löste Massenproteste aus. Zudem beschädigte ein Abhörskandal das Ansehen des Regierungschefs.
In jüngsten Umfragen hat sich der Vorsprung der Regierungspartei ND vor dem Linksbündnis Syriza von rund 7 auf 3 bis 4 Prozentpunkte halbiert. Mit den jetzt von den Demoskopen ermittelten Stimmenanteilen würde Mitsotakis auch bei der Wiederholungswahl die absolute Mehrheit verfehlen. Der konservative Premier setzt aber darauf, dass es ihm in den kommenden Wochen gelingen wird, enttäuschte Wähler zurückzugewinnen. Erreicht die ND auch bei einer Wiederholungswahl Anfang Juli nicht die absolute Mehrheit, wären schwierige Koalitionsverhandlungen oder ein dritter Urnengang die wahrscheinliche Folge.