Libyen-Mission mit 250 Soldaten: Marineschiff “Hamburg” nimmt Kurs aufs Mittelmeer

Wilhelmshaven: Die Fregatte "Hamburg"

Wilhelmshaven: Die Fregatte "Hamburg"

Berlin. Erst wenige Wochen ist es her, als mit Frankreich und der Türkei zwei Nato-Partner im Mittelmeer wohl nur knapp einer Konfrontation entgingen.

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Ein türkisches Kriegsschiff richtete Paris zufolge mehrfach sein Feuerleitradar auf eine französische Fregatte. Deren Besatzung wollte ein Frachtschiff kontrollieren, das im Verdacht stand, Kriegsgerät nach Libyen zu schmuggeln – gegen das geltende UN-Waffenembargo. Doch plötzlich fanden sich die Franzosen nach eigener Darstellung im Fadenkreuz der Türken wieder und zogen sich vorübergehend aus dem Nato-Seeüberwachungseinsatz “Sea Guardian” zurück.

Der Vorfall vom 10. Juni zeigt, welch gefährlicher Ort inzwischen das Mittelmeer ist. Immer offener tragen dort Regionalmächte ihre geopolitischen Rivalitäten aus.

Schauplatz dieser Rivalitäten ist allem voran das nordafrikanische Libyen, wo sich der Bürgerkrieg zu einem Stellvertreterkrieg ausgewachsen hat. Dorthin, vor die libysche Küste, begibt sich in der kommenden Woche ein deutsches Marineschiff.

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An Bord der Fregatte “Hamburg” werden 250 Soldatinnen und Soldaten sein. Ab Mitte August sollen sie im Rahmen des EU-Marineeinsatzes “Irini” dafür sorgen, dass keine Waffen nach Libyen geschleust werden. Und dass kein Erdöl aus dem rohstoffreichen Land geschmuggelt wird.

Seit neun Jahren herrscht in Libyen Krieg. Nach dem mit westlicher Hilfe erfolgten Sturz des Diktators Muammar al-Gaddafi versinkt das Land in Chaos. Die Autorität der international anerkannten Regierung von Fayiz as-Sarradsch reicht kaum über die Grenzen der Hauptstadt Tripolis hinaus. Bedrängt wird Sarradsch von den Milizen des Generals Chalifa Haftar, dessen Machtbasis im Osten des Landes liegt.

Türkei stärkt libysche Regierung

Mit türkischen Waffenlieferungen und von der Türkei entsandten Kämpfern gelang es Sarradsch, den Vormarsch Haftars auf Tripolis zu stoppen. Die Türkei ist jedoch nicht der einzige Staat, der von außen kräftig mitmischt. Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Russland stehen auf der Seite Haftars. Im Unterschied zur Türkei jedoch gestehen deren Regierungen die Unterstützung für ihre Schützlinge nicht offen ein. Waffenlieferungen aus diesen Staaten gelangen nicht übers Meer nach Libyen, sondern über den Luft- und Landweg.

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Die Bundesregierung zählt eine Befriedung des libyschen Bürgerkriegs zu ihren außenpolitischen Prioritäten. Im Januar fand ein Gipfeltreffen in Berlin statt. Mit der im Anschluss beschlossenen EU-Mission “Irini” soll das UN-Waffenembargo durchgesetzt werden. Ein Stopp des Waffenzuflusses sowie des Ölschmuggels wird als Voraussetzung für den Eintritt in Friedensverhandlungen gesehen.

Überdies gilt die Stabilisierung des Landes als unabdingbar für die Kontrolle der Migration übers Mittelmeer und für ein Ende der Verbrechen an Migranten in Libyen. Erst am Dienstag wurden dort UN-Angaben zufolge zwei sudanesische Bootsflüchtlinge nach ihrer erzwungenen Rückkehr erschossen.

Bisher haben die dokumentierten Verstöße gegen das UN-Waffenembargo keine Folgen. In einer Erklärung, die Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Giusuppe Conte am Rande des vergangenen EU-Gipfels veröffentlichten, kündigten sie aber an: “Wir sind bereit, eine mögliche Verhängung von Sanktionen in Betracht zu ziehen, sollten Verstöße gegen das Embargo zur See, an Land oder in der Luft anhalten.”

Das deutsche Marineschiff “Hamburg” soll nun Schiffe, die verdächtig sind, Waffen an Bord zu haben, auf hoher See überprüfen. Hilfe liefern dabei Satellitenbilder. Die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann begrüßte dies. “Es ist wichtig, dass Deutschland die zu Beginn der Mission zugesagte Fregatte jetzt ins Mittelmeer schickt”, sagte die Bundestagsabgeordnete dem RND.

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Strack-Zimmermann verwies auf mögliche Gefahren des Einsatzes: “Die ersten Monate der Mission haben gezeigt, dass es auch zu angespannten Situationen kommen kann. Wir haben jedoch vollstes Vertrauen in unsere Soldatinnen und Soldaten, dass sie diese umsichtig lösen werden”, sagte Strack-Zimmermann.

Zustimmung aus der FDP, Kritik von Grünen

Die Grünen blicken skeptisch auf den Einsatz. “Es gibt viel harten Dissens - sowohl in der EU über die Frage der Seenotrettung, als auch unter den Teilnehmern der Libyen-Konferenz über die Vereinbarungen”, sagte die Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger dem RND.

“Eine Militärmission macht nur Sinn, wenn sie von einem breiten Konsens getragen wird und Verstöße gegen ein gemeinsames Waffenembargo auch klar geahndet werden”, sagte die Bundestagsabgeordnete und forderte Sanktionen: “Es nützt wenig, allein Schiffe für eine Marine-Mission bereitzustellen, wenn die Bundesregierung nicht den Mut hat, klare Konsequenzen zu ziehen.” Deutschland müsse Rüstungsexporte an alle Staaten stoppen, die weiter Waffen oder Söldner nach Libyen schicken, so Brugger.

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