Mehr Personal, zusätzliche Tests: Gesundheitssektor fordert Prävention für die Sommerwelle
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Positive Corona-Schnelltests: In Deutschland steigen die Corona-Fallzahlen derzeit wieder. Der Gesundheitssektor fordert frühzeitig Maßnahmen.
© Quelle: Sebastian Gollnow/dpa
Berlin. Seit einigen Wochen steigen die Infektionszahlen wieder, auch die Krankenhausaufnahmen aufgrund des Coronavirus nehmen immer weiter zu: Deutschland befindet sich trotz sommerlicher Ausgelassenheit am Beginn einer neuen Corona-Welle. Im Gesundheitssektor sieht man sich darauf nicht gut vorbereitet.
So fehlt es laut dem Vorsitzenden des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des öffentlichen Gesundheitsdienstes (BVÖGD), Johannes Nießen, weiterhin an Personal in den Gesundheitsämtern. Die Ämter hätten ihren Personalstand wieder auf den normalen Stand heruntergefahren und bräuchten jetzt zusätzliche Mittel für neue Stellen.
Dieses zusätzliche Geld ist durch den „Pakt für den Gesundheitsdienst“ längst beschlossen. Noch die alte Regierung versprach 4 Milliarden Euro für 5000 zusätzliche Stellen. Allerdings stehen laut Nießen noch zwei Drittel der Mittel aus. Die Gesundheitsämter bräuchten sofort mehr Geld, um die steigenden Infektionszahlen zu bewältigen. „Wir brauchen dafür jetzt ein Umdenken und nicht erst mitten in der Sommerwelle, wenn es zu spät ist“, sagte der Leiter des größten deutschen Gesundheitsamts dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).
Die Kapazitäten der Gesundheitsämter reichen demnach sowieso schon längst nicht mehr für eine Nachverfolgung aller Corona-Fälle. So würden in der Regel nur die vulnerablen Gruppen benachrichtigt. „Wir haben bei der Kontaktnachverfolgung mittlerweile einen Schwerpunkt auf die Risikogruppen gelegt. Wenn die Infektionszahlen nun wieder steigen und wir die zusätzlichen Stellen nicht besetzen können, dann werden wir auch diese spezielle Kontaktnachverfolgung nicht aufrechterhalten können“, erklärte Nießen.
Schutz der Risikogruppen anstatt neuer Maßnahmen für die Allgemeinheit
Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz, sieht die Gesundheitsämter anstatt bei der Kontaktverfolgung eher bei der Umsetzung von Infektionsschutzkonzepten gefordert: „In der Sommerwelle und für den kommenden Herbst brauchen wir keine Maskenpflicht für jedermann“ sagte er dem RND und stellt sich damit gegen die Pläne von Gesundheitsminister Lauterbach (SPD). Es gelte stattdessen, die Risikogruppen wirksam zu schützen.
Die Durchsetzung von Hygienekonzepten in den Pflegeeinrichtungen dürfe man dabei nicht internen Fachkräften überlassen. „Hygienemaßnahmen brauchen die regelmäßige externe Überprüfung und Beratung durch staatliche Behörden“, erklärte Brysch. Unabhängig von laufenden Infektionsketten müsse jedes der 24.000 Pflegeheime und ambulanten Dienste viermal im Jahr aufgesucht werden. Das dürfe nicht an fehlendem Personal scheitern und müsse bundesweit verbindlich geregelt werden.
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Was wissen wir nun über Long Covid – und was nicht?
Viele Corona-Infizierte haben Monate später noch Symptome. Diese Spätfolgen, auch Long Covid genannt, geben Medizinerinnen und Medizinern nach wie vor viele Rätsel auf. Wen trifft die Diagnose? Wie lange ist man krank? Wo gibt es Hilfe? Sieben Dinge, die wir inzwischen wissen – und vier, hinter denen noch große Fragezeichen stehen.
Brysch: Mehr Tests für Risikogruppen
Der Patientenschützer fordert auch eine engmaschigere Testung der vulnerablen Gruppen und deren Umfeld: „Wenn sich das Gesundheitspersonal täglich schnelltestet und zweimal pro Woche ein PCR-Test vorgenommen wird, ist das keine Panikmache“, findet Brysch. Zudem müssten Risikopatienten und deren Angehörige auch außerhalb von stationären Einrichtungen einen Rechtsanspruch auf einen PCR-Test bei einer Meldung durch die Corona-Warn-App haben.
Derzeit führen Kontaktpersonen allenfalls einen Schnelltest in Eigenverantwortung durch. Positive Schnelltests werden nicht als Corona-Fälle ans Robert Koch-Institut (RKI) gemeldet, weshalb derzeit von einer deutlich höheren Dunkelziffer auszugehen ist.
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