„Der Tag“

Von Widersprüchen und Flugobjekten

Viel zu wenig Menschen spenden in Deutschland ihre Organe.

Viel zu wenig Menschen spenden in Deutschland ihre Organe.

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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

im vergangenen Jahr haben nach bisherigen Zahlen 869 Menschen in Deutschland nach ihrem Tod Organe gespendet – rund 8500 Menschen warten derzeit auf ein Spenderorgan. Statistisch gesehen kommen hierzulande auf eine Million Einwohnerinnen und Einwohner gerade einmal elf potenzielle Organspender. In Spanien – europaweit führend in diesem Bereich – sind es 38. Auch Portugal, Kroatien und Slowenien liegen deutlich über der Spendenbereitschaft der Deutschen. Im Bundestag gibt es nun einmal mehr den Versuch, diesen Trend mit einem radikalen Vorschlag umzukehren: Jeder Bundesbürger und jede Bundesbürgerin soll automatisch als Spender beziehungsweise Spenderin gelten, wenn er oder sie dem nicht ausdrücklich widersprochen hat. Kein unumstrittenes Vorhaben, wie mein Kollege Tim Szent-Ivanyi aus dem RND-Hauptstadtbüro darlegt.

Der Plan ist allerdings kein ganz neuer: Bereits vor drei Jahren – Mitte Januar 2020, wir hatten zu diesem Zeitpunkt alle noch keine Vorstellung von einer Pandemie – hatten der damalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und sein SPD-Mitstreiter Karl Lauterbach den Plan forciert, bei der Organspende einen grundlegenden Systemwechsel zu vollziehen. Die sogenannte Widerspruchsregelung sollte kommen, um mehr Spenderinnen und Spender zu gewinnen. Wer nicht widerspricht, sollte automatisch als Spenderin oder Spender gelten. Damals fehlte dem Vorhaben im Bundestag die Mehrheit. Wird das jetzt, nach drei Jahren, in denen wir uns intensiv mit den Tücken der Gesundheit und des Gesundheitssystems befasst haben, anders aussehen?

Meine Kollegin Laura Beigel hat mit Axel Rahmel über das hochumstrittene Thema gesprochen (+). Er ist medizinischer Vorstand der Deutschen Stiftung Organ­transplantation (DSO). „Wir sind eines der wenigen Länder, das keine Widerspruchslösung hat“, beklagt Rahmel im RND-Interview. „Und das liegt auch daran, dass es eine große Opposition in Deutschland gibt, die eine solche Regelung für unethisch hält, weil dabei ein Zwang ausgeübt werde.“ Dies sei aber nicht der Fall: „Man kann erstens zu Lebzeiten Nein sagen und das dokumentieren, und zweitens können nach dem Tod die Angehörigen immer noch widersprechen, und dieser Widerspruch wird berücksichtigt.“

Fachleute betonen immer wieder, dass die fehlende Widerspruchsregelung nur Teil des Problems sei. In Spanien etwa kommen andere Faktoren hinzu: Während in Deutschland ein Organ erst nach dem Hirntod entnommen werden darf, ist dies in Spanien bereits nach dem Herztod erlaubt. Rund ein Drittel der transplantierten Organe stammt dort von Spenderinnen und Spendern, bei denen der Herztod festgestellt worden war. Und nicht nur dort haben sich Politiker und Politikerinnen dem Thema in den vergangenen Jahren angenähert: Bulgarien, Belgien, Polen – die Liste jener Länder, die eine Widerspruchsregelung bereits eingeführt haben, ist lang.

US-Matrosen bergen vor der Küste von Myrtle Beach einen Ballon, der von der US-Luftwaffe abgeschossen worden ist. Es soll sich mutmaßlich um einen für Spionagezwecke eingesetzten chinesischen Ballon handeln.

US-Matrosen bergen vor der Küste von Myrtle Beach einen Ballon, der von der US-Luftwaffe abgeschossen worden ist. Es soll sich mutmaßlich um einen für Spionagezwecke eingesetzten chinesischen Ballon handeln.

Die Ufos und wir

In den USA wird auch debattiert – aber über ein ganz anderes Thema: 2017 hatte der damalige US-Präsident eine Hotline schalten lassen, bei der US-Bürgerinnen und ‑Bürger illegale Einwanderinnen und Einwanderer melden sollten, im US-Englisch „Alien“ genannt. Nach einem Twitter-Aufruf von Gegnerinnen und Gegnern aber wurde die Hotline bombardiert mit Meldungen über Ufo- und Außerirdischensichtungen – auch international „Alien“ genannt. Nach dem Abschuss mehrerer unbekannter Flugobjekte über den USA und Kanada in den vergangenen Tagen kommen nun einmal mehr Spekulationen über außerirdische Lebensformen auf. Manche fragen sich: Waren womöglich nicht alle dieser Flugobjekte potenzielle chinesische Spionagegeräte?

Kaum ein Thema fasziniert die Menschen so sehr wie Spekulationen über Außerirdische, die der Erde womöglich irgendwann einen Besuch abstatten könnten. Diese Vorstellung füllt Bücher, Serien und Filme, und sie scheint trotz unzähliger Auflagen nie auserzählt zu sein – selbst wenn die Wissenschaft bis zum heutigen Tag jeglichen Beweis der Existenz außerirdischen Lebens schuldig geblieben ist. RND-Redakteur Ben Kendal hat sich auf die Suche nach außerirdischen Lebensformen begeben (+) beziehungsweise nach den Argumenten für und wider solcher These. „Allen bisherigen Erkenntnissen zufolge wäre es viel unwahrscheinlicher, dass die Erde der einzige Planet ist, auf dem es intelligentes Leben gibt“, schreibt er. Denn in der Forschung herrsche weitgehend Konsens, dass es Außerirdische gebe. Doch warum haben wir sie noch nicht getroffen? Fehlt ihnen ähnlich wie uns die Technologie, um uns zu besuchen – oder interessieren wir sie einfach nicht? Wir ahnen: Es wird noch ganz viel Stoff für weitere Bücher, Filme und Serien geben.

Wir wünschen Ihnen einen außerirdisch guten Start in diesen Tag,

Ihr Michael Pohl

Der Tag

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Zitat des Tages

Nikki Haley will 2024 als Präsidentschaftskandidatin für die Republikaner kandidieren.

Nikki Haley will 2024 als Präsidentschaftskandidatin für die Republikaner kandidieren.

Zeit, dass eine neue Generation die Führung übernimmt.

Nikki Haley,

Bewerberin der US-Republikaner für das Präsidentenamt

Die Republikanerin Nikki Haley tritt zur Präsidentschaftswahl 2024 an – und nimmt auf ihren Parteifreund Donald Trump keine Rücksicht mehr. Als Konservative spricht sie auch Wählerinnen und Wähler vom Land an, als Tochter indischer Eltern lässt sie zugewanderte Familien in Großstädten aufhorchen. RND-Chefreporter Matthias Koch über die Punkte, die ihr helfen könnten, tatsächlich die erste Präsidentin der USA zu werden.

 

Wer heute wichtig wird

Die Flamme eines Gasherdes brennt in einer Küche.

Kaum ein EU-Projekt hat zuletzt so viel Streit verursacht wie der europäische Gaspreisdeckel. Am heutigen Mittwoch tritt er in Kraft. Der sogenannte Marktkorrekturmechanismus soll Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft vor überhöhten Preisen schützen. Konkret geht es darum zu verhindern, dass die Großhandelspreise für Gas in der EU über längere Zeit deutlich über den Weltmarktpreisen liegen.

 

Termine des Tages

Wie innovativ ist Deutschland? Die Expertenkommission Forschung und Innovation übergibt heute ihr diesjähriges Gutachten an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP). Es enthält Empfehlungen unter anderem zu den Themen Innovationen in einer alternden Gesellschaft, Nutzen der Raumfahrt für Deutschland sowie Technologiemärkte.

Kommt Berlusconi ins Gefängnis? Ein Gericht in Mailand will heute im Prozess gegen Silvio Berlusconi ein Urteil verkünden. Die Staatsanwaltschaft wirft dem früheren Regierungschef vor, junge Frauen – die er zu Partys in seine Villa eingeladen hatte – bestochen zu haben, damit sie vor Gericht die Unwahrheit sagen. Ihm drohen bis zu sechs Jahre Haft. In den zwei vorangegangenen Prozessen rund um die sogenannten Bunga-Bunga-Partys war Berlusconi bereits freigesprochen worden.

 

Leseempfehlungen

„Manche werden einfach erschossen, andere lebendig begraben“: In Cherson wurde seine Gemeinde im November befreit, in Saporischschja leben die Menschen noch immer unter russischer Besatzung. Pfarrer Alexander Gross berichtet im RND-Interview von der bedrückenden Situation und wie der Krieg die Menschen verändert hat.

Für den Film „La vie en rose“ (2007) über die Chansonsängerin Édith Piaf heimste Marion Cotillard Oscar, Golden Globe, britische und französische Filmpreise gleichermaßen ein. Morgen läuft ihr Dokumentarfilm „Bigger Than Us“ über junge Umweltaktivistinnen und ‑aktivisten an. Im Gespräch mit RND-Redakteur Stefan Stosch berichtet sie von ihrem Weg in den Umweltschutz, von jungen Klimaaktivistinnen und ‑aktivisten und der Schönheit der Antarktis (+).

 

Aus unserem Netzwerk: Glück im Unglückscrash

Der Schock sitzt noch tief: Am Sonntagabend kommt in der Region Hannover ein Auto von der Straße ab und rast in die Wand eines Wohnhauses. Nur Sekunden vorher hatten dort noch Kinder gespielt, wie die „Hannoversche Allgemeine Zeitung“ berichtet (+). Eine Überwachungskamera zeichnet den Unfall auf.

 

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