„Der Tag“

Von Corona für das Klima lernen?

Fahrgäste sitzen am frühen Morgen bei Sonnenaufgang in einer Stadtbahn in der Region Hannover.

Fahrgäste sitzen am frühen Morgen bei Sonnenaufgang in einer Stadtbahn in der Region Hannover.

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

diese Welle hatte sich angekündigt. Bald, so schon vor Tagen die Prognose, würde sie ihren Höhepunkt erreichen. Gesundheits­minister Karl Lauterbach warnte bereits vor zahlreichen Toten. Gefährdet sind vor allem die Alten. Die Kranken­häuser sind alarmiert. Und Expertinnen und Experten bemängeln: Deutschland ist auf diese Gesundheitskrise immer noch nicht richtig vorbereitet. Es fehlen aussagekräftige Daten. Es fehlen Maßnahmen. Es fehlt ein Plan. Mal wieder.

Es ist beunruhigend, wie vertraut das alles klingt. Welle – Maß­nahmen – Risikogruppe: All diese Schlagwörter sind uns aus der Corona-Krise wohlbekannt. Doch sie lassen sich eben auch mühelos auf den Klimawandel und die Hitzewelle anwenden, die Deutschland in diesen Tagen erfasst. Erwartet werden Temperaturen von bis zu 40 Grad. Am heutigen Dienstag wird es zunächst im Westen und Südwesten unerträglich heiß, am Mittwoch verlagert sich die Hitze dann in den Osten und Nordosten.

Faktencheck: Anzahl von Hitzetagen hat sich fast verdoppelt
17.07.2022, Sachsen, Reibitz: Sonnenblumen auf einem Feld in Nordsachsen. Ab 19.07.2022 sagen die Meteorologen in weiten Teilen Deutschlands Temperaturen bis 40 Grad voraus.

In Deutschland wird es heiß. Foto: Sebastian Willnow/dpa - ACHTUNG: Dieses Foto hat dpa bereits im Bildfunk gesendet - Honorarfrei nur für Bezieher des Dienstes dpa-Nachrichten für Kinder +++ dpa-Nachrichten für Kinder +++

Ein gängiges Argument von Klima­wandel­leugnerinnen und ‑leugnern lautet: Früher war es auch heiß. Dabei beachten sie oft nicht, dass die Anzahl von Hitzetagen größer wird.

Corona und Klimawandel haben viel gemeinsam. Beides sind sogenannte systemische Risiken, die nicht auf einen Bereich begrenzt bleiben, sondern über verschiedene Sektoren hinweg wirken. So wie Corona keine reine Gesundheits­krise war, ist der Klimawandel kein reines Umweltproblem. Stattdessen beinträchtigen beide etwa auch das Wirtschafts­system, das Finanzsystem, das soziale Miteinander. Doch im Gegensatz zur Corona-Krise, die die Welt im Jahr 2020 kalt erwischte, kommt die Klimakrise alles andere als überraschend.

„Wir stecken mittendrin im Klimawandel“, sagt der bekannte Klimaforscher Mojib Latif im Interview mit RND-Redakteurin Saskia Heinze (RND+). „Und gleichzeitig ist das erst der Anfang.“ Extrem­ereignisse wie Hitze, Dürre und Starkregen werden immer wahrscheinlicher werden, je wärmer es wird. Das ist seit Langem bekannt. Umso unverständlicher ist es, dass das Problem so lange verschleppt wurde. „Seit Jahrzehnten gibt es technologische Lösungen und Anpassungs­strategien. Es gäbe Geld, das man nur anders verteilen müsste. Trotzdem kommen wir nicht vom Wissen zum Handeln“, kritisiert Latif völlig zu Recht.

Der Tag

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In der Corona-Krise dagegen wurde gehandelt, auch als es an Wissen zunächst noch fehlte. Vielleicht ist es daher an der Zeit – man mag es kaum aussprechen – von Corona für das Klima zu lernen. Natürlich: Regierung und Verantwortliche sind zu Recht häufig und scharf für ihr Krisen­management in der Pandemie kritisiert worden. Aber sie waren, genauso wie große Teile der Bevölkerung, bereit, diese Krise ernst zu nehmen. Sie waren bereit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Weil es nötig war.

Das ist es auch jetzt. Denn egal, wie gut die Hitzetipps sind, egal, wie oft man die Menschen ermuntert, genügend zu trinken, Pausen zu machen und sich abzukühlen – das wird das Problem nicht lösen. Dazu müssen die Treib­haus­gas­emissionen massiv und schnell reduziert werden. Aber auch die Anpassung an den Klimawandel, sei es durch bessere Stadtplanung oder Hitze­notfall­pläne, ist dringend nötig. Die nächste Hitzewelle kommt sicher.

 

Zitat des Tages

Ein befristetes Tempolimit wäre reine Schau­fenster­politik. Ein Tempolimit würde null Komma null dazu beitragen, dass mehr Gas oder Strom verfügbar ist. Es würde uns nicht über den Winter helfen.

Christian Dürr,

Fraktions­vorsitzender der FDP-Bundestags­fraktion, im RND-Interview

 

Leseempfehlungen

Imagewechsel: Die deutsche Rüstungs­industrie genießt einen zweifelhaften Ruf – und doch sind die Unternehmen in der Ukraine-Krise gefragt wie selten. Wie funktioniert die Industrie? Warum kann sie in der Ukraine-Krise nur bedingt helfen? Und warum braucht sie Jahre, um einen erprobten und entwickelten Panzer herzustellen? RND-Redakteur Stefan Winter war zu Besuch bei Rheinmetall in Unterlüß (RND+).

Seitenwechsel: Claus Kleber moderierte lange das „heute journal“, nun legt er seinen vierten Film zum Silicon Valley vor: „Utopia – irre Visionen im Silicon Valley“ (19. Juli, ZDF). Im RND-Interview fordert er eine gesellschaftliche Kontrolle von künstlicher Intelligenz und sieht ausgerechnet in Tesla-Chef Elon Musk einen Verbündeten.

 

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Auch in Kriegszeiten will Russland den Tag der Marine mit einer Parade in St. Petersburg feiern – begleitet von einem Seemanöver auf der Ostsee. Da jedoch etliche russische Schiffe seit Februar im Schwarzen Meer eingeschlossen sind, wird die Parade am 31. Juli 2022 anders ausfallen. Wie genau, berichtet die „Ostsee Zeitung“ (+).

 

Termine des Tages

  • Vierte Abstimmung der konservativen Fraktion für die Nachfolge von Parteichef und Premier­minister Boris Johnson.
  • Abschluss des Petersberger Klimadialogs – ausgerichtet von Deutschland und Ägypten, dem Gastgeber der Welt­klima­konferenz im November.
 

Wer heute wichtig wird

Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan reisen für Gespräche nach Teheran zu Präsident Ebrahim Raisi. Die drei Länder unterhalten gute Beziehungen. Die Staaten sind zudem aktive Akteure im syrischen Bürgerkrieg. Thema könnte auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine sein. Details der Reise wurden zunächst nicht bekannt gegeben.

Russlands Präsident Wladimir Putin und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan reisen für Gespräche nach Teheran zu Präsident Ebrahim Raisi. Die drei Länder unterhalten gute Beziehungen. Die Staaten sind zudem aktive Akteure im syrischen Bürgerkrieg. Thema könnte auch der russische Angriffskrieg in der Ukraine sein. Details der Reise wurden zunächst nicht bekannt gegeben.

 

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Ihre Anna Schughart

 

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