Vizepräsidentin der EU-Kommission: Wohl jahrelanger Verbleib von Ukraine-Flüchtlingen in Aufnahmeländern
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Dubravka Suica ist Vizepräsidentin der EU-Kommission für Demokratie und Demographie und kümmert sich auf europäischer Ebene unter anderem um Kinderrechte
© Quelle: Francisco Seco/AP/dpa
Berlin. Aufnahmeländer wie Deutschland oder Polen müssen sich nach Einschätzung von EU-Kommissions-Vizepräsidentin Dubravka Suica auf einen jahrelangen Verbleib von Geflüchteten aus der Ukraine auch nach Kriegsende einstellen. „Ich denke, dass wir darauf vorbereitet sein müssen“, sagte Suica bei einem Besuch in Berlin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Ein zentrales Problem ist, dass diese Familien denken, sie werden am Tag nach dem Krieg nach Hause gehen. Aber sie werden dann noch nicht Hause gehen. Ihre Schulen sind zerstört, ihre Häuser sind zerstört, ihre Arbeitsplätze sind verloren. Ich muss das so offen sagen, ich habe selbst den Krieg in Kroatien im ehemaligen Jugoslawien erlebt.“
Suica ist Vizepräsidentin der EU-Kommission für Demokratie und Demografie und kümmert sich auf europäischer Ebene unter anderem um Kinderrechte. Sie rief die Menschen in Europa dazu auf, in ihrer Unterstützung für notleidende Ukrainerinnen und Ukrainer nicht nachzulassen. „Wir dürfen keine Ermüdungserscheinungen zeigen, das ist keine Option“, sagte sie. „Wir müssen alles tun, was wir können – auf Ebene der Europäischen Union, aber auch auf der der Mitgliedsstaaten wie Deutschland –, um den geflohenen ukrainischen Kindern zu helfen, sich wie zu Hause zu fühlen.“
„Sie sind wirklich grausam zu den Menschen“
Die Vizepräsidentin räumte ein, dass Bürger und Bürgerinnen in den Aufnahmeländern dafür Nachteile in Kauf nehmen müssten. „Und ja, unsere Standards haben sich verschlechtert, wenn wir über die Zahlen in den Kindergärten und Schulen sprechen“, sagte sie. „Da sind nicht mehr 15 oder 20 Kinder in einer Klasse, sondern 35. Ich weiß auch als frühere Lehrerin, dass das ein Problem ist. Aber hier geht es darum, Solidarität zu zeigen.“ Suica fügte hinzu: „Wir müssen diese Solidarität besser vermitteln, denn sonst sind die Menschen egoistisch und wollen ihre Standards zurück. Aber es gibt Standards, die nicht wiederhergestellt werden können, bevor der Krieg aufhört.“
Keine eindeutige Antwort wollte Suica auf die Frage geben, ob sie sich der Resolution des EU-Parlaments anschließen würde, wonach Russland „terroristische Mittel“ im Ukraine-Krieg einsetzt. Mit Blick auf die russischen Invasoren kritisierte sie aber: „Sie sind wirklich grausam zu den Menschen in der Ukraine, und was sie tun, ist völlig inakzeptabel.“ Zu dem befürchteten erneuten Anstieg von Flüchtlingszahlen aus der Ukraine sagte die kroatische Politikerin: „Wegen des Winters und der russischen Angriffe werden Menschen dazu neigen zu fliehen. Wer kann das schon ertragen? Ich kann das total nachvollziehen.“
Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind seit Kriegsbeginn rund 7,9 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen, bei den allermeisten davon handelte es sich um Frauen und Kinder. Suica ist eine von vier Vizepräsidenten der EU-Kommission.