Verteidigungsexperte: „Der Drohnenkrieg ist ein Weckruf“
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Johann Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
© Quelle: Laurence Chaperon
Herr Wadephul, was sagen Sie zu den jetzt kursierenden Analysen des Kriegs um Berg-Karabach?
Den Armeniern ist es nicht gelungen, einen Schutz gegen Drohnen aufzubauen. Das ist ein Weckruf für uns alle, auch bei der Bundeswehr und in der Nato. Wenn man ehrlich ist, hätte auch die Bundeswehr in einem vergleichbaren Einsatzszenario bei einem massiven Einsatz von Drohnen ohne Schutz dagestanden, denn es fehlt uns an Nah- und Nächstbereichsschutz mobiler Verbände. Da müssen wir schnellstmöglich etwas tun.
Sie selbst waren ja mal Offizier bei der Bundeswehr.
Ja, bei der Heeresflugabwehr mit den Systemen Gepard und Roland. Damals war klar, dass man keinen Panzerverband losschicken kann, ohne eine Abwehr gegen Jagdbomber oder Hubschrauber zu haben. Heute müssen wir uns auch gegen Drohnen wappnen, die übrigens wegen ihrer oft geringen Größe und ihrer ganz anderen Flugmanöver eine noch viel größere Bedrohung darstellen. Die Türkei hat schon den libyschen Bürgerkrieg mit ihren Drohnen „gedreht“.
Investieren wir in falsche, allzu leicht angreifbare Systeme: Panzer, Schiffe, Flugzeuge?
Die Bundeswehr steht vor einer doppelten Herausforderung. Sie muss zum einen große Teile des klassischen militärischen Geräts ersetzen, das auf kurz oder lang hoffnungslos veraltet ist: Schützenpanzer, Artillerie und vieles mehr. Zugleich aber muss die Bundeswehr in völlig neue Fähigkeiten investieren, etwa auf den Feldern Cyber, Drohnen und Hyperschallwaffen.
Aber wohin soll denn nun die Reise gehen? Zurück in die Achtziger, mit neuen Stahlkolossen? Oder in Richtung Zukunft, mit neuen disruptiven Technologien?
Die Bundeswehr braucht wirklich beides. Denn sie ist ja auch in verschiedenen Konfliktszenarien unterwegs. In Mali etwa kommt es nicht auf eine ausgeprägte Cyberfähigkeit an, aber dort braucht man große Mengen geschützter Fahrzeuge. Und für die Verteidigung der baltischen Staaten braucht es eben auch schweres Gerät: Schützenpanzer, Kampfpanzer, Artillerie. Parallel dazu arbeiten wir an Stellen wie dem Cyber-Innovation-Hub daran, bei digitalen Neuerungen die Nase vorn zu haben. Wir dürfen den Fehler vom Beginn der 2000er-Jahre nicht wiederholen, uns nur auf ein einziges Szenario – damals waren es die Auslandseinsätze mit durchweg leichter Ausrüstung – zu fokussieren. Wir müssen alle Einsatzmöglichkeiten der Bundeswehr im Auge behalten, vom neuartigen hochtechnologischen Konflikt über das klassische Gefecht bis hin zum Krisenstabilisierungseinsatz mit leichten Kräften.
RND