Was hinter dem wunderlichen Ampelstreit um das Verbrenneraus steckt
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Robert Habeck (l., Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, und Volker Wissing (FDP), Bundesminister für Verkehr und Digitales, kommen sich bei Klimathemen öfters in die Quere.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Berlin. Die Interpretationen dessen, was in Brüssel geschehen war, gingen in der Ampelkoalition zuletzt hörbar auseinander. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte am Mittwoch, das beschlossene Aus für herkömmlich betriebene Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 sei ein „fettes Ausrufezeichen für den Klimaschutz in Europa“. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte hingegen noch am Dienstagabend betont, das Verbot des Verbrennungsmotors sei „vom Tisch“. Ein Wunder ist das Gezerre nicht.
Die Grünen wollten, als die Regierung im Herbst vorigen Jahres gebildet wurde, das symbolträchtige Verkehrsministerium für sich. Der Verkehrssektor ist ein zentraler CO₂-Emittent, entsprechend viel lässt sich hier reduzieren. Die Ökopartei hat das Ministerium dann nicht bekommen; es ging an Wissing und die FDP. Das sorgte damals für grüne Tränen, und die Tränen fließen immer noch.
EU-Staaten für neue Verbrennerregeln ab 2035: Was bedeutet das für Verbraucher?
Ab 2035 sollen in der EU nur noch klimaneutrale Neuwagen zugelassen werden – dafür haben sich zumindest die EU-Staaten ausgesprochen.
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Denn Wissing, so heißt es, tue nichts. Gegen ein Tempolimit auf Autobahnen sperren sich die Liberalen wie eine deutsche Eiche. Zugleich plädieren sie regelmäßig für „Technologieoffenheit“ und stemmen sich gegen alles, was nach Verbot klingt. Entsprechend war der Streit um die Zulassung von Neuwagen mit oder ohne E-Fuels von Beginn an aufgeladen – und für die Grünen die goldene und einzige Gelegenheit, bei der Verkehrspolitik noch einen Fuß in die Tür zu kriegen.
Jetzt bloß nicht provozieren
Trotzdem hielt sich die Partei auch nach der Schlacht von Brüssel mit Triumphgeheul zurück. Zwar üben sie dort hinter vorgehaltener Hand Kritik am Verkehrsminister und sagen, die Automobilindustrie sei ohnehin viel weiter als dieser. 2035 werde sie längst keine Autos mit Verbrennermotoren mehr produzieren, weil sie niemand mehr kaufen werde. Gleichwohl galt überwiegend die Devise: „Ball flach halten!“ Wohl um die FDP nicht zu provozieren.
Allein Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge wollte sich zunächst gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) äußern. Sie sagte: „Der Beschluss der Umwelt- und Energieminister ist ein historischer Schritt raus aus Benzin und Diesel. Wir begrüßen, dass wir uns in Europa auf eine Zukunft mit klimaneutralen Antrieben verständigt haben. Für den Verkehrssektor ist das eine der wichtigsten Maßnahmen der vergangenen Jahrzehnte. Und die Industrie kann ihre Investitionen ab jetzt sicher planen. Im globalen Wettbewerb um die besten E‑Autos gehen wir damit einen wichtigen und großen Schritt nach vorn.“ Auch werde der Koalitionsvertrag erfüllt.
Die Reaktionen sind vielsagend
Wer von beiden die Auseinandersetzung um das Verbrenneraus gewonnen hat, lässt sich am besten an den Reaktionen ablesen. So beklagte die Umweltschutzorganisation Greenpeace, dieses Aus komme 2035 viel zu spät. Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bemängelte hingegen, dass es in Europa nach wie vor nicht genügend Ladestationen für Elektroautos gebe.
Die Einigung aus der Nacht sehe immer noch ein faktisches Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennermotoren ab 2035 vor, so Verbandspräsidentin Hildegard Müller. „Zu E‑Fuels scheint es nur für eine Absichtserklärung gereicht zu haben, deren Umsetzung offen ist.“
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