Fox-Moderator Tucker Carlson: Putins mächtigster Propagandist

„Die Ukraine ist nicht angegriffen worden. Aber wir – und wir haben verloren", vergleicht Tucker Carlson (hier im Dezember bei einem Auftritt in Phoenix)  den russischen Truppenaufmarsch mit der Zuwanderung an der amerikanischen Südgrenze.

„Die Ukraine ist nicht angegriffen worden. Aber wir – und wir haben verloren", vergleicht Tucker Carlson (hier im Dezember bei einem Auftritt in Phoenix) den russischen Truppenaufmarsch mit der Zuwanderung an der amerikanischen Südgrenze.

Washington. Das Gesicht von Joe Biden ist zur Fratze verzerrt. Auf der düsteren Fotomontage hinter ihm steigt eine gewaltige Feuerwolke auf. Panzer rollen, Hubschrauber setzen Soldaten ab, eine Rakete schießt in die Luft.

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„Die Regierung irgendeines Fleckens namens Ukraine fordert uns auf, an ihrer Stelle gegen die russische Armee zu kämpfen“, sagt der Moderator. „Das ist natürlich einfacher, als es selbst zu machen. Aber warum gehorchen wir?“

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Die regelmäßigen Zuschauer der Polittalkshow kennen die Antwort: Dahinter stecken die Neokonservativen in Washington, die Militärindustrie sowie „Hybris und Dummheit“ der amerikanischen Regierung. Und noch ein weiteres Motiv für die Unterstützung der Ukraine hat der Moderator ausgemacht: Die Ordnung in Russland ruhe auf dem Fundament des orthodoxen Christentums: „Vielleicht wollen wir genau das zerstören.“

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Mehr als drei Millionen Zuschauer jeden Abend

Jeden Abend zur besten Sendezeit um 20 Uhr flimmert in den USA ein einstündiges TV-Magazin über die Bildschirme, das aus den Studios von Russia Today kommen könnte. Tatsächlich läuft es beim rechten Kabelsender Fox News. „Tucker Carlson Tonight“ ist nicht irgendeine Sendung, sondern mit täglich 3,2 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern die meistgesehene Politshow in Amerika – deutlich vor der „Rachel Maddow Show“ (2,5 Millionen Zuschauer) beim linken Sender MSNBC und erst recht vor CNN-Star Anderson Cooper, der gerade mal 1,2 Millionen Menschen vor den Bildschirm lockt.

Während MSNBC und CNN wie fast alle Medien in den USA derzeit vor der russischen Kriegsgefahr warnen, gibt der ultrarechte Moderator Tucker Carlson den wohl wirkungsvollsten Kremlpropagandisten in den USA.

Nicht alle Fragen, die der eloquente 52-Jährige mit dem fülligen Haar und dem schlanken Krawattenknoten stellt, sind unberechtigt. Nicht jeder seiner Hinweise auf Widersprüche in der amerikanischen Politik ist falsch. Doch wer Carlson zuschaut, wird schnell in ein übles Dickicht von minderheitenfeindlichen Vorurteilen, nationalistischen Positionen, demagogischen Verdrehungen und irren Verschwörungslügen gezogen, die bei der Anhängerschaft von Ex-Präsident Donald Trump gut ankommen.

Carlson sei kein russischer Agent oder nützlicher Idiot Putins, urteilt das linke Onlinemagazin „Slate“. Er sei vielmehr „ein nützlicher Zyniker“, der zu Hause ein Marktsegment abgreife und damit gleichzeitig den Interessen des Kremls diene.

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Der rechte Senator Ted Cruz ließ sich demütigen

Tatsächlich hat Carlson vom Diplomatensohn und Absolventen einer Elitehochschule bis zum rechtsnationalistischen Lautsprecher eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen. Doch die Rolle des skrupellosen America-First-Scharfmachers gefällt ihm sichtlich. Nach seinen Worten macht Zuwanderung das Land „ärmer, dreckiger und gespaltener“. Die Black-Lives-Matter-Bewegung verunglimpft er als „nationale Schmach“.

Er verbreitete Falschmeldungen über angeblichen Wahlbetrug im Bundesstaat Georgia, verglich Bidens Impfmandate mit den Menschenversuchen in nationalsozialistischen Konzentrationslagern und pries bei einem Besuch in Ungarn dessen rechtspopulistischen Premier Viktor Orban samt dessen „sauberen und ordentlichen“ Grenzzauns zu Serbien. Kürzlich demütigte er in seiner Sendung selbst den rechten Senator Ted Cruz, der es gewagt hatte, den Kapitolsturm als Terrorattacke zu bezeichnen: „Sie lügen mit Absicht.“

„Don't be a Sucker (Trottel) for Tucker!" Schon im März 2019 gab es vor dem Fox-Hauptquartier Demonstrationen gegen Tucker Carlson. Der ultrarechte Moderator hatte sich rassistisch und frauenfeindlich geäußert. Einige Konzerne kündigten ihre Werbespots. Doch Fox hielt an Carlson fest.

„Don't be a Sucker (Trottel) for Tucker!" Schon im März 2019 gab es vor dem Fox-Hauptquartier Demonstrationen gegen Tucker Carlson. Der ultrarechte Moderator hatte sich rassistisch und frauenfeindlich geäußert. Einige Konzerne kündigten ihre Werbespots. Doch Fox hielt an Carlson fest.

In der Ukraine-Krise macht Carlson aus seinen Sympathien für den russischen Präsidenten Wladimir Putin kein Geheimnis. Der wolle nur „seine westliche Grenze sichern“, behauptet er gerade so, als würden die Ukrainer in Russland einzufallen versuchen. Doch dem Moderator geht es um eine andere Analogie: „Die Ukraine ist nicht angegriffen worden. Aber wir sind es und haben verloren“, spielt er auf die Zuwanderung aus Lateinamerika über die Südgrenze der USA an.

In diesem Vergleich sind die Russen plötzlich Menschen, „die ein besseres Leben für sich und ihre Familien in der Ukraine suchen“. Die US-Demokraten aber wollen „die Ukraine rassisch sauber halten“, während sie das eigene Land an kriminelle Ausländer übergeben. „Das Pentagon sendet keine Truppen an unsere Grenzen, wohl aber an die Grenzen der Ukraine“, spitzt Carlson zu.

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Bewunderung für Putins autoritären Führungsstil

Mit seiner Propaganda trifft Carlson nicht nur die Überzeugungen vieler US-Rechtsextremer, die Russland als letzte verbliebene „weiße Macht“ sehen und den autokratischen Regierungsstil Putins bewundern. Carlson bedient auch das in Amerikas nichtakademischer Mittelschicht verbreitete Gefühl, zugunsten internationaler Interessen verraten worden zu sein. „Unsere politische Führung ist ignorant“, poltert er. „Sie fühlen sich gut, wenn sie mit harten Sanktionen drohen. Das ist einfacher, als das Leben der Menschen im eigenen Land zu verbessern.“

Die Unverletzlichkeit von Grenzen interessiert Carlson nicht, solange es nicht die USA betrifft. Die Nato dient für ihn nur dem Ziel, „Putin zu schikanieren“. Und die Ukraine ist „irgendein korruptes osteuropäisches Land“, das keinerlei strategische Bedeutung für Amerika hat. Ein Konflikt hilft nur der Macht, die Carlson für die eigentliche globale Gefahr hält: China.

So geht das Abend für Abend. Und obwohl laut Umfragen 54 Prozent der Amerikaner eine harte Position gegenüber der russischen Drohkulisse befürworten, findet Carlson in der kriegsmüden amerikanischen Gesellschaft durchaus Zustimmung. So erhält der polnisch-stämmige Kongressabgeordnete Tom Malinowski inzwischen Anrufe von Wählern aus New Jersey, die die Fox-Sendung schauen: „Sie sind aufgebracht, dass wir uns nicht auf Moskaus Seite schlagen und fordern, dass ich die ‚vernünftigen‘ russischen Positionen unterstütze“, berichtet der Demokrat.

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