Russische Militärs berieten über Einsatz von Atomwaffen
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Zum Abfeuern einer Atomwaffe braucht es Vorbereitung.
© Quelle: Sergei Bobylev/Pool Sputnik Krem
Russland und die Ukraine beschuldigten sich jüngst gegenseitig, eine Einsatz einer sogenannten schmutzigen Bombe zu planen, da machte Mitte Oktober ein besorgniserregende Nachricht in Washington die Runde.
Hochrangige Russische Militärs sollen der „New York Times“ zufolge darüber beraten haben, wann und wie Moskau eine atomare Waffe in der Ukraine einsetzen könnte. Zwar schwiegen sich die US‑Regierung und die Alliierten darüber aus, wie ein solches Szenario aussehen könnte, klar ist aber: Die USA und ihre Verbündeten sind alarmiert.
Der Kremlführer Putin soll selbst nicht an den Besprechungen teilgenommen haben. Aber die Tatsache, dass derartige Unterredungen stattgefunden haben, reiche aus, um das Pentagon in erhöhte Alarmbereitschaft zu versetzten, heißt es in der „New York Times“.
Beruhigende Telefonate
Gerade erst hatte es Telefonate zwischen amerikanischen und anderen westlichen Beamten und ihren russischen Amtskollegen gegeben, die allseits positiv bewertet wurden. Darunter zwei Gespräche zwischen dem Verteidigungsminister Lloyd Austin und seinem russischen Kollegen Sergei Shoigu.
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Dieser Austausch hätte zunächst zu einem Abbau der nuklearen Spannungen geführt, erklärten Beamte der Biden-Administration und US‑Verbündeten. Auch die Rede von Putin in der vergangenen Woche, in der er betonte, dass man den Einsatz einer Atombombe als „nicht notwendig erachte“, hatte den Westen zunächst beruhigt.
Übersprungshandlung aus Frust?
Teil einer Masche? Vielleicht. Ein europäischer Beamter erklärte, dass man dieses Verhalten bei Russlands Regierungschef bereits öfter beobachtet habe. Zunächst schüre er die Angst, um die Situation dann wieder zu entschärfen.
Jetzt befürchtet man, dass die Frustration über die Niederlagen gegen die ukrainische Armee einen nuklearen Schlag wahrscheinlicher macht. Beweise, dass Russland erste Schritte ergreife, um die Atomwaffen vorzubereiten, gibt es nach Angaben des CIA-Direktors William J. Burns nicht. Allerdings nehme man die Drohungen über einen möglichen Atomschlag ernst, betonte Burns.
Seit Kriegsbeginn: Lage verschärft sich zunehmend
In den vergangenen Woche hatte Russland seine alljährliche Militärübung durchgeführt, bei der auch nuklearfähige Raketen getestet wurden. Verteidigungsminister Austin erklärte gegenüber der „New York Times“, dass man in Washington nicht annehme, dass es sich um „eine Art Täuschungsmanöver“ handele, um eine taktische Atomwaffe gegen die Ukraine einzusetzen.
Man gehe auch nicht davon aus, dass Putin Pläne für den Einsatz einer taktischen Atomwaffe oder gar einer „schmutzigen Bombe“ habe. Und dennoch ist man in Washington besorgt: „Es wäre das erste Mal seit über 70 Jahren, dass eine Atomwaffe eingesetzt wird“, so Austin. „Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass die internationale Gemeinschaft in einem solchen Fall eine sehr deutliche Reaktion zeigen würde.“
Wie diese „Reaktion“ aussehe, ist unklar. Die Biden-Regierung hat sich bisher geweigert, dazu genauere Angaben zu machen. Allerdings hat der amerikanische Präsident angedeutet, dass er nicht plane, als Antwort selbst eine Atombombe zu zünden.
Kein ausgereiftes „Frühwarnsystem“
Seit Beginn des Krieges suchen die Sicherheitsbehörden der USA jeden möglichen Hinweis auf einen möglichen Einsatz einer Atomwaffe. Aber die Warnsysteme seien nicht ausgereift, um eine frühzeitige Warnung des Pentagons zu garantieren, heißt es. Auch deswegen sei das Interesse an den Gesprächen der russischen Militärs, die den Einsatz von nuklearen Waffen abgewägt haben sollen, so hoch.
Schätzungen zufolge hat Russland um die 2000 taktische Atomwaffen – ihre Sprengkraft und ihre Reichweite sind geringer als die interkontinentalen Atomwaffen. Aber ihre Nutzung ist vielseitig und sie könnten sowohl bei der Artillerie als auch als Raketen zum Einsatz kommen.
Ein Atomschlag braucht Vorbereitung
Am Ende entscheidet Putin – auch über den Kopf seiner Generäle hinweg –, ob eine Atomwaffe zum Einsatz kommt oder nicht. Allerdings wäre der Einsatz einer taktischen Atomwaffe mit geringerer Sprengkraft in der Ukraine komplizierter als der Abschuss einer strategischen Waffe. Es brauche Vorbereitung, um die Waffen einsatzbereit zu machen und um die Auswirkung auf das eigene Militär zu erörtern, heißt es in der „New York Times“.
Militärexperten zufolge würde der Einsatz einer nuklearen Waffe die Form des Krieges grundlegend verändern. Selbst wenn die genauen Konsequenzen von Sprengkraft und Windstärke abhingen, ist dennoch klar, dass die viele Menschen sterben würden und viele Teile der Ukraine von da an unbewohnbar sein könnten.
RND/rix