Bidens heikle Hinterlassenschaft lässt die Republikaner jubeln
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Zwischen zwei Jobs: Der heutige US-Präsident Joe Biden 2019 bei einem Auftritt in der Universität von Pennsylvania. Dessen damalige Chefin und heutige US-Botschafterin in Deutschland, Amy Gutmann (links), hatte dem Ex-Vizepräsidenten die Leitung einer neuen Denkfabrik in Washington übertragen. Dort wurden nun geheime Regierungsdokumente gefunden.
© Quelle: picture alliance/AP Photo
Washington. Die Republikaner im US-Kongress formierten sich gerade für ihren parlamentarischen Kampf gegen das Weiße Haus, als ihnen am Montagabend die brisante Enthüllung zweier US-Sender unverhoffte Munition bescherte: Nur wenige Hundert Meter vom Kapitol entfernt, in einem früheren Büro von Joe Biden bei einer Washingtoner Denkfabrik, sind offenbar vertrauliche Regierungsdokumente aus Bidens Zeit als Vizepräsident gefunden worden. Trotz gravierender Unterschiede weckt der Vorgang Erinnerungen an die Affäre um die Geheimunterlagen im Florida-Domizil von Donald Trump.
„Wann wird das FBI die vielen Häuser von Joe Biden und vielleicht sogar das Weiße Haus durchsuchen?“, triumphierte der Ex-Präsident denn auch auf seiner Propagandaplattform „Truth Social“. Der neue Sprecher des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, legte die Stirn in tiefe Falten: „Das ist sehr beunruhigend“, sagte der Republikaner, der am Samstag nach 14 Wahlgängen mit denkbar knapper Mehrheit ins Amt gestolpert war. Und James Comer, der künftige Vorsitzende des mächtigen Aufsichtsausschusses des Parlaments, kündigte unter Verweis auf vermeintliche „Doppelstandards“ der Justiz eine Untersuchung an.
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Tatsächlich sind die beiden Vorgänge nach dem bisherigen Erkenntnisstand unterschiedlich gelagert. Aber für die durch ihr Wahlchaos zerzausten Republikaner, die sich den Kampf gegen den angeblichen Machtmissbrauch der Linken auf ihr Schild geschrieben haben, sind sie ein gefundenes Fressen. Der Biden-Regierung dürfte der Vorgang noch länger Bauchschmerzen bereiten.
Überbrückungsjob bei einer Denkfabrik
Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt als Obamas Vizepräsident war Biden 2017 von der damaligen Präsidentin der University of Pennsylvania, Amy Gutmann, an die Spitze einer neuen außen- und sicherheitspolitischen Denkfabrik berufen worden. Das Penn Biden Center in Sichtweite des Kongresses sollte der renommierten Hochschule in der Hauptstadt zu Sichtbarkeit und Einfluss verhelfen. Dem Ex-Vizepräsidenten bot der Uniableger eine Infrastruktur für seine weitere Arbeit, bis er 2020 ins Weiße Haus wechselte. Seine Vertraute Gutmann berief er anschließend zur Botschafterin in Berlin.
Beim endgültigen Ausräumen des nicht mehr genutzten Biden-Büros haben Bidens persönliche Anwälte nach Auskunft von dessen Rechtsberater Richard Sauber am 2. November 2022 nun eine kleine Anzahl geheimer Regierungsunterlagen gefunden. In Medienberichten ist von einem Dutzend die Rede. Sie sollen sich in einem verschlossenen Schrank befunden haben. Laut Sauber wurde unverzüglich das Nationalarchiv benachrichtigt, das die Papiere am nächsten Tag übernommen habe.
Bislang ist weder der Inhalt der Dokumente bekannt, noch, ob Biden etwas von ihrem Verbleib wusste. Nach Angaben von Experten passiert es gelegentlich, dass eine kleine Anzahl als vertraulich eingestufter Akten in ein größeres Dossier gerät. Auf eine Journalistenfrage bei seiner Auslandsreise in Mexiko reagierte Biden nicht. Der Präsident hatte die Mitnahme großer Mengen von Geheimakten durch seinen Vorgänger Trump als „unverantwortlich“ bezeichnet.
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Deutliche Unterschiede zur FBI-Razzia bei Trump
Beide Vorgänge lassen sich jedoch nur bedingt vergleichen: So handelte es sich bei Trump nicht um ein Dutzend, sondern um 300 Akten. Nur einen Teil davon hatte der Ex-Präsident auf ausdrückliche Aufforderung des Nationalarchivs herausgerückt. Deswegen musste das FBI im August zur Razzia anrücken. Auch ist der Fundort nicht zu vergleichen. Schließlich haben die Biden-Anwälte die Justiz offenbar nicht bei ihrer Arbeit behindert und die Akten freiwillig übergeben. Politisch heikel scheint freilich, dass das Weiße Haus die Öffentlichkeit nicht sofort informierte.
Gegen Trump ermittelt inzwischen ein Sonderermittler des Washingtoner Justizministeriums. Bidens Anwälte haben volle Kooperation mit der Justiz zugesagt. Um den Vorwurf der Parteilichkeit zu entkräften, hat Justizminister Merrick Garland die Prüfung des Vorgangs an den noch von Trump ernannten Bundesstaatsanwalt von Illinois, John Lausch, übergeben.
Für die Republikaner ist der Fund trotzdem ein gefundenes Fressen. Mit nur einer Gegenstimme aus den eigenen Reihen verabschiedeten sie am Montagabend die neue Geschäftsordnung des Parlaments. Nun werden die Ausschüsse des Parlaments neu besetzt, wobei McCarthy den ultrarechten Rebellen wichtige Posten zugesagt hat. Das politisch mutmaßlich aufgeladenste Gremium soll sich unter Aufsicht des glühenden Trump-Fans Jim Jordan mit der angeblichen Instrumentalisierung der Behörden beschäftigen. Der rechtliche Umgang mit den Geheimakten dürfte auf dessen Agenda schlagartig ziemlich weit nach oben gerückt sein.