Der sehnlichste Weihnachtswunsch vieler Amerikaner? Ein Covid-Test

Lange Schlangen am Times Square in Manhattan. Die Menschen warten nicht auf Tickets für eine Broadway-Show, sondern vor einem mobilden Covid-Testzelt.

Lange Schlangen am Times Square in Manhattan. Die Menschen warten nicht auf Tickets für eine Broadway-Show, sondern vor einem mobilden Covid-Testzelt.

Washington. Vor der Northeast Library im Washingtoner Stadtteil Capitol Hill steht keine Schlange. Ein schlechtes Zeichen. Ein kleines Schild an der Tür verrät den Grund: „Wir haben keine Testkits mehr“. Bücher will derzeit kaum jemand ausleihen. Die begehrteste Ware in den USA in diesen Vorweihnachtstagen sind Covid-Tests. Doch die sind auch anderswo nur schwer zu bekommen.

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Mehr als tägliche 150.000 Neuinfektionen melden die amerikanischen Behörden inzwischen. Das sind fast so viele wie vor einem Jahr, als es noch keine Impfung gab. Fast 80 Prozent der Fälle gehen inzwischen auf die hochansteckende Omikron-Variante zurück. Experten befürchten daher, dass schon bald die Marke von einer Million Ansteckungen am Tag gerissen werden könnte. Zwar gibt es erste Berichte über mildere Verläufe. Die Zahl der Covid-Patientinnen und -Patienten in den Krankenhäusern ist diese Woche trotzdem um 13 Prozent auf 69.000 gestiegen.

Expertinnen und Experten sind sich einig: Um die Ausbreitung des Virus zumindest etwas abzubremsen, müssen möglichst viele Infektionen frühzeitig erkannt werden. Doch anders als in Deutschland sind Schnelltests in den USA keine günstige Massenware. Die sichereren PCR-Tests, bei denen man mehrere Tage aufs Ergebnis warten muss, werden theoretisch kostenlos bei allen Drogeriemarktketten angeboten. Die Realität sieht anders aus: Praktisch sind die Schnelltests vielerorts ausverkauft. Und für den PCR-Test bekommt man keinen Termin.

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Ein „perfekter Sturm“ aus Personalmangel und Lieferengpässen

„Wir befinden uns in einem perfekten Sturm“, beschreibt der Infektiologe Samuel Scarpino von der Rockefeller Foundation das derzeitige Testdilemma: Die Labors sind überlastet, den Drogerieketten fehlt das Personal, und bei den Schnelltests gibt es Lieferengpässe. So steuern die USA quasi im Blindflug in die nächste Corona-Welle.

„Wie wollen Sie dieses Jahr Weihnachten feiern?“, lockt der Pharmakonzern Abbott derzeit in Anzeigen und bezahlten Twitter-Posts: „Unser Schnelltest kann Ihnen und Ihren Lieben die Informationen bringen, die sie brauchen.“ Das klingt gut. Doch der meistverkaufte Test mit dem Namen BinaxNOW kostet stolze 23,99 Dollar. Vor allem aber ist er bei Amazon ausverkauft. Die Drogeriemarktkette Walgreens soll in einigen Filialen noch Päckchen vorrätig haben. Vorsichtshalber hat sie die Abgabe limitiert.

Heißbegehrte Mangelware: Stolze 23,99 kostet der gängige Schnelltest in den USA, doch vielerorts ist er ausverkauft.

Heißbegehrte Mangelware: Stolze 23,99 kostet der gängige Schnelltest in den USA, doch vielerorts ist er ausverkauft.

Dass fast zwei Jahre nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie in den USA ein Mangel an billigen Selbsttests herrscht, hat mehrere Ursachen: Zunächst war Ex-Präsident Donald Trump nicht daran interessiert, möglichst viele Infektionen zu finden, die seine Statistik verschlechtern hätten.

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Dann formulierte die Arzneibehörde FDA wesentlich strengere Zulassungskriterien für die Stäbchen als die europäischen Behörden. Der Gedanke dahinter: Infizierte sollten sich nicht durch falsch negative Ergebnisse in Sicherheit wiegen und andere Menschen anstecken. Die Folge: Dutzende Produkte kamen nicht auf den Markt. Es herrscht Mangelwirtschaft.

In der Apotheke gibt es den Test – für 150 Dollar

Bei den Labortests ist die Lage nicht besser: Die Drogeriemarktkette CVS bietet ihren Kundinnen und Kunden im Großraum Washington derzeit als nächsten freien Termin den 4. Januar an. Vor den öffentlichen Teststellen in New York bilden sich stundenlange Schlangen. Wer dringend einen Test etwa für eine Reise braucht, der muss zu Apotheken wie Grubb‘s Pharmacy hinter dem Kapitol gehen. Der Inhaber bietet PCR-Tests mit einem Ergebnis innerhalb von 24 Stunden für 150 Dollar an. Antigentests kosten hier schlappe 95 Dollar.

So viel Geld haben ärmere Amerikanerinnen und Amerikaner nicht. Deshalb hat Washingtons Bürgermeisterin Muriel Bowser eine echte Innovation eingeführt – einen PCR-Test für zu Hause. Theoretisch können sich die Bürger in 27 Bibliotheken und anderen öffentlichen Gebäuden kostenlos ein Päckchen mit den Utensilien abholen.

Zu Hause muss man sich während des Tests online anmelden und das Ergebnis dann versiegelt in einen Metallkasten einwerfen, dessen Inhalt jeden Abend zum Labor gefahren wird. Der erste Haken: Das Ergebnis kommt erst nach drei bis fünf Tagen. Der zweite Haken: Die Testkits sind vergriffen. Am Mittwoch waren sie in keiner einzigen Ausgabestelle mehr verfügbar.

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Auch der neueste Krisenplan der Biden-Regierung dürfte an der Testmisere der USA so schnell nichts ändern: Von Januar an sollen 500 Millionen Schnelltests an interessierte Haushalte verschickt werden. Das wären nicht einmal zwei Stäbchen für jeden Amerikaner. Und fürs Weihnachtsfest hilft es auch nichts. „Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein“, urteilt daher der renommierte US-Medizinexperte Eric Topol. Das Vorhaben beschreibt er mit vier Wörtern: „too little, too late“.

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