Unterrichtsbeginn im Mai: Den Schulen läuft die Zeit davon
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/RNPO7PPVCBGZVEIH5HCI6O3R64.jpg)
Schüler sollen in kleinen Gruppen organisiert werden.
© Quelle: imago/Eibner/YAY Images/Science Photo Library/Montage RND
Berlin. Trotz der prinzipiellen Übereinkunft von Bund und Ländern über eine behutsame Wiederöffnung der Schulen geht die SPD-Vorsitzende Saskia Esken von einem langen coronabedingten Notbetrieb aus.
“Es wird auf lange Sicht keine Rückkehr zum gewohnten Unterrichtsgeschehen geben”, sagte die frühere baden-württembergische Landeselternvertreterin dem “Handelsblatt”. “Das Gebot der Stunde heißt also weiterhin digital gestütztes Lernen.”
An diesem Donnerstag befassen sich mehrere Landeskabinette mit der praktischen Umsetzung der Beschlüsse.
+++Immer aktuell: Hier geht’s zum Corona-Liveblog+++
Für die Wiederöffnung der Schulen sind nach Einschätzung der Lehrer-Gewerkschaft GEW zwei Wochen Vorlauf nötig. “Dafür braucht es eine sorgfältige Vorbereitung”, erklärte die Vorsitzende Marlis Tepe in der “Passauer Neuen Presse”.
Organisation in Kleingruppen
Die Schulen müssten Unterricht in Kleingruppen organisieren, damit der Abstand eingehalten werden könne. Die Gesundheitsämter müssten Gesundheitschecks vornehmen: “Es braucht ausreichend Seife und Einmalhandtücher. Die Toiletten müssen mehrmals am Tag gereinigt, Türgriffe desinfiziert werden.”
Der Vorsitzende des Bundeselternrats, Stephan Wassmuth, zweifelt an der Umsetzbarkeit in so kurzer Zeit. “Es ist ausgeschlossen, dass die Schulen ihre oft maroden sanitären Einrichtungen bis zum 4. Mai so in Ordnung bringen, wie es in dieser Pandemie-Situation nötig wäre”, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). “Es fehlt oft schon an warmem Wasser in den Toilettenräumen - von Waschbecken in den Klassenräumen möchte ich gar nicht sprechen.”
GEW empfahl umgekehrtes Konzept
Pädagogisch hätte GEW-Chefin Tepe ein altersmäßig umgekehrtes Vorgehen als nun geplant empfohlen: “Wir sollten eher mit dem Unterricht der Kleinen in Teilgruppen beginnen und mit den Grundschulen und den Klassen fünf und sechs starten. Die älteren Schüler können schon mehr im Fernunterricht daheim leisten.”
Vorgesehen ist jedoch etwas anderes.
Die Beschlüsse von Bund und Ländern
Die am Mittwoch von Kanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder gefassten Beschlüsse:
- Der Schulbetrieb soll ab dem 4. Mai schrittweise beginnen.
- Zuerst sollen Abschlussklassen, die Jahrgänge davor und die obersten Grundschulklassen wieder in die Schulen kommen.
- Prüfungen und Prüfungsvorbereitungen der Abschlussklassen können schon vorher stattfinden. So will Nordrhein-Westfalen damit bereits nach einer kurzen Vorbereitungszeit nach dem 20. April beginnen, also wohl nächste Woche; andere Länder planen das in der Woche darauf.
- Andere beginnen später: Das von der Pandemie besonders betroffene Bayern will den Schulbetrieb erst ab 11. Mai schrittweise wieder aufnehmen. Allerdings dauert dort wegen des späten Sommerferienbeginns das Schuljahr auch noch länger, so dass der Zeitdruck weniger groß ist.
- Die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) soll bis 29. April ein Konzept vorlegen, “wie der Unterricht unter besonderen Hygiene- und Schutzmaßnahmen, insbesondere unter Berücksichtigung des Abstandsgebots durch reduzierte Lerngruppengrößen, insgesamt wieder aufgenommen werden kann”.
Einheitliches Vorgehen
Die Bildungsminister einigten sich am Abend auf ein prinzipiell einheitliches Vorgehen. "Es gibt ein großes Bestreben, dass wir gleiche Rahmenbedingungen schaffen", sagte Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) nach einer Telefonkonferenz der Ressortchefs der Deutschen Presse-Agentur. "Dafür haben wir jetzt zwei Wochen Zeit".
Kanzleramtschef Helge Braun erhofft sich von der schrittweisen Wiederaufnahme des Schulbetriebs Erkenntnisse für das weitere Vorgehen. Wenn ab Anfang Mai Schüler der höheren Jahrgänge in ihre Klassenräume zurückkehrten, “dann lernen wir auch aus dem Praxisbetrieb”, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag am ARD-"Morgenmagazin".
Geduld sei nun sehr wichtig, “weil wir von den Großen lernen müssen, damit wir dann auch genau wissen, wie wir das mit den Kleinen hinbekommen”, sagte Braun. “Und sowas wie Pausenbetrieb in einer Grundschule ist natürlich eine Aufgabe - das spürt jeder -, die kann man gar nicht richtig lösen.” Deshalb müsse man dort noch “eine Weile” vorsichtig sein.
RND-Videoschalte: „Noch keine Rückkehr in die Normalität“
Die RND-Hauptstadtkorrespondentinnen Daniela Vates und Marina Kormbaki analysieren die Lockerungen der Corona-Maßnahmen von Bund und Ländern.
© Quelle: RND
RND/cle/dpa