Unionsfraktion will gegen Ampel-Wahlrechtspläne stimmen
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Der Unionsfraktionsmanager Thorsten Frei (CDU) unterstreicht, dass es für die Wahlrechtsreform keine Unterstützung der Union gibt.
© Quelle: imago images/Political-Moments
Berlin. Die Spitze der Unionsfraktion will im Bundestag auch gegen die überarbeiteten Ampel-Pläne für eine Wahlrechtsreform stimmen. „In jedem Fall werden wir den Gesetzesvorschlag ablehnen im Deutschen Bundestag“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), am Montag vor Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin. Wenn das Gesetz vorliege, werde die Union „auf dieser Grundlage prüfen, ob wir eine abstrakte Normenkontrolle anstrengen werden“, sagte er mit Blick auf eine mögliche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
CDU: Vorschlag ist verfassungsrechtlich hochproblematisch
Man werde sich das Ampel-Gesetz im Einzelnen anschauen müssen, sagte Frei. „Verfassungspolitisch ist es in jedem Fall abzulehnen. Verfassungsrechtlich halten wir den Vorschlag für hochproblematisch“, weil er dazu führe, dass gewonnene Direktmandate nicht zugeteilt würden. Dies werde insbesondere in städtischen Regionen und im Osten, „wo wir sehr stark umkämpfte Wahlkreise haben, dazu führen, dass es verwaiste Wahlkreise gibt und diese Regionen dann nicht direkt im Deutschen Bundestag vertreten sind“.
Der stellvertretende CDU-Bundeschef und sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer attackierte die Ampel scharf: „Dieses Bündnis aus SPD, Grünen und FDP legt die Axt an die Wurzeln der Demokratie.“ Der Vorschlag sei unfair und undemokratisch. Niemand werde verstehen, wenn ein Kandidat seinen Wahlkreis gewinne und dann am Einzug in den Bundestag gehindert werde. „Das wird die Politikverdrossenheit weiter stärken.“ Mit Blick auf eine mögliche Klage in Karlsruhe sagte er: „Ich verstehe nicht, warum die Kommentare alle so zurückhaltend sind.“ Er hoffe, dass es Klagen geben werde, „damit die Richter feststellen können, ob das alles mit Recht und Gesetz vereinbar ist“.
CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner sagte, CDU und CSU würden nun miteinander besprechen, ob man in Karlsruhe klagen werde. Wichtig sei, dass der Wählerwille im Parlament abgebildet werde.
Am Sonntag war bekanntgeworden, dass sich die Ampel-Fraktionen abschließend auf eine Wahlrechtsreform verständigt haben, die bis Ende der Woche vom Bundestag beschlossen werden soll. Sie sieht eine Verkleinerung des Bundestags von 736 auf dauerhaft 630 Abgeordnete nach der nächsten Wahl 2025 vor. Damit schrumpft das Parlament nicht ganz so stark wie ursprünglich von der Ampel geplant.
Staatsrechtler Battis geht von Prüfung in Karlsruhe aus
Der Staatsrechtler Ulrich Battis sieht das Risiko einer Verfassungswidrigkeit der Wahlrechtsreform aufgrund der neuen Änderungen der Ampel deutlich reduziert. „Durch die Anpassung der Abgeordnetenzahl von 598 auf 630 hat die Ampel das Risiko einer Verfassungswidrigkeit reduziert“, sagte Battis dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Mit der Neuregelung ist die Anzahl der Erststimmengewinner, die womöglich nicht einziehen werden, kleiner geworden. Die Gefahr, dass ein Wahlkreisgewinner also in die Röhre guckt, ist dementsprechend kleiner“, ergänzte er. „Das grundsätzliche Problem, dass trotzdem manche Wahlkreisgewinner nicht in den Bundestag einziehen werden, bleibt aber - auch wenn es nur wenige betrifft.“
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Problematisch ist nach Ansicht von Battis, dass insbesondere Wahlkreisgewinner in Wahlkreisen mit hoher Konkurrenz nicht einziehen könnten. „Ich sehe ein politisches Problem: Die Kandidaten, die in besonders schwierig zu gewinnenden Wahlkreisen antreten, werden mit der Wahlrechtsreform bestraft“, fügte der Staatsrechtler hinzu. „Das ist oftmals in Großstädten etwa München der Fall, weil dort das Rennen besonders knapp ist. Es ist eigentlich Ausdruck eines engagierten Wahlkampfes, wenn die Konkurrenz groß ist - diese Wahlkreise drohen nun aber in den Hintergrund zu rücken, weil die Gewinner dort nicht einziehen könnten. Das ist der Kollateralschaden der Wahlrechtsreform“, betonte der Rechtswissenschaftler. „Das wird das Bundesverfassungsgericht unter dem Aspekt demokratischer Willensbildung überprüfen müssen.“
Söder kritisiert: „Mit dem Wahlrecht spielt man nicht“
Auch CSU-Parteichef Markus Söder hat Widerstand gegen die Vorschläge der Ampelkoalition für eine Verkleinerung des Bundestags angekündigt. „Bis zur letzten Sekunde“ werde die CSU dagegen vorgehen, sagte Söder nach einer Sitzung des Parteivorstands am Montag in München. Notfalls werde es eine Verfassungsbeschwerde geben. Auch der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag betonte nach Angaben von Teilnehmern der Sitzung: „Der Vorschlag ist so nicht zustimmungsfähig.“
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„Die Abgeordneten werden nicht mehr gewählt, sie werden zugeteilt“, sagte Söder. Es müsse aber das Motto gelten: „Demokraten vor Bürokraten!“. Die Ampelregierung habe die Zahl an hochbezahlten Beamten im Bundestag erhöht und dafür auch Kritik vom Bund der Steuerzahler geerntet. Stattdessen sollen nun gewählte Parlamentarier nicht mehr einziehen können. „Mit dem Wahlrecht spielt man nicht“, sagte der bayerische Ministerpräsident. „Wir halten viele Punkte für verfassungsmäßig fragwürdig.“
Grünen-Chefin Lang wirft Großer Koalition „Versagen“ vor
Die CSU wäre von der Neuregelung besonders stark betroffen. Traditionell gewinnt die bayerische Regionalpartei fast alle der möglichen Direktmandate im Freistaat. Auf Bundesebene erreicht die CSU allerdings nur einstellige Prozentanteile, da sie außerhalb Bayerns im Rest der Bundesrepublik nicht auf dem Stimmzettel steht. Würde allein das bundesweite Zweitstimmen-Ergebnis für die Bemessung der Zahl der Mandate herangezogen, würde einigen CSU-Parlamentariern der Weg ins Parlament versperrt.
Die Führung der Grünen hat Pläne der Ampel-Fraktionen für eine Wahlrechtsreform gegen Kritik verteidigt. Der großen Koalition aus Union und SPD sei es in den vergangenen Jahren nicht gelungen, eine Reform auf den Weg zu bringen, die den Bundestag spürbar verkleinert, sagte Parteichefin Ricarda Lang am Montag in Berlin. „Und das war ehrlich gesagt ein großes Versagen.“ Dies habe Vertrauen in die Demokratie gekostet.
Dem Kompromiss lägen „keine einfachen Verhandlungen zugrunde“, sagte Lang in Reaktion auf Kritikpunkte. Sie hätte sich gewünscht, dass die Union sich konstruktiv beteiligt. „Meines Wissens nach wurden Gespräche mit allen demokratischen Parteien geführt.“
RND/dpa/mnd